Donnerstag, 28.10. Jörg Sundermeier: Linkes Verlegen in Deutschland.

Jörg Sundermeier leitet gemeinsam mit Werner Labisch den Verbrecher Verlag. Der Verbrecher Verlag ist ein Berliner Kleinverlag mit Programmschwerpunkt in den Bereichen Belletristik, Sachbuch, Kunst und Comic. Er zählt zu den bekanntesten deutschen Independent-Verlagen. Und zu den bekanntesten linken Verlagen in Deutschland. In seinen politischen Büchern steht er der Wochenzeitung Jungle World nahe.
Ebenso wie die Jungle World möchte der Verbrecher Verlag eine kritische Linke wiederbeleben, die in der Tradition der Frankfurter Schule (Adorno, Horkheimer, Marcuse u. a.) steht. Diese soll durchaus aktivistisch sein, aber dennoch die eigenen Positionen permanent kritisieren und hinterfragen. Ziel des Verbrecher Verlages ist es, an der Herausbildung einer antiidentitären und heterogenen Bewegung teilzuhaben, die die Verhältnisse durch Kritik und ihre eigene Positionen durch Selbstkritik verbessert. Bleibt nur die Frage: Wie geht das? Und schließlich die Frage: Wie geht das gut?

Jörg Sundermeier lebt als freier Autor, Verleger und Programmleiter des Verbrecher Verlags in Berlin. In der Jungle World erscheint seit 1999 seine Kolumne »Der letzte linke Student«. 2004 erschien die Kolumnensammlung »Der letzte linke Student« im Alibri Verlag, im Herbst 2010 »Heimatkunde: Ostwestfalen« in der Edition Cadeau bei Hoffmann & Campe.
Zuletzt hat er am 19.06.2008 in der FUB aus seinem Buch »Der letzte linke Student« gelesen

FRANK APUNKT SCHNEIDER: »Bei Verwendung einer Beatband in der Lautstärke auf die Gemeinde und den Raum Rücksicht nehmen!«

Sakropop als deutscher Sonderweg zur Popreligiosität

Der »Schwund an jugendlichen Gottesdienstbesucher_innen« wurde in den 1970er Jahren meist mit der »Ausgrenzung der Lebenswelt von Jugendlichen« aus dem Gottesdienstgeschehen erklärt. Um sie zu erreichen, mussten die Amtskirchen einen (Schein-)Frieden mit Rockmusik und Popkultur schließen. Die Geschichte des Sakropop berichtet von der langen, zähen und tragikomischen Integration von Pop in die Kirche. Sakropop ist »neue Kirchenmusik mit Stilmitteln moderner Popularmusik«, so Martin Bubmann, der Diedrich Diederichsen der Szene. Sakropop hat die zahllosen Widersprüche zwischen religiösem Dogmatismus und popkulturellem Freiheitsversprechen in sich aufgenommen und in eine adäquate Form gebracht: die möglicherweise am weitesten entfremdete Form von Pop überhaupt. Und damit natürlich schon wieder: Meta-Pop!
Der Sakropop dürfte eines der merkwürdigsten Sub-Genres des Pop sein, praktiziert lediglich innerhalb einer beinahe unsichtbaren und völlig unvermittelbaren Subkultur. Eben: Incredibly strange music.
Frank Apunkt Schneider wird Höhepunkte seiner umfangreichen Sakropop-Sammlung vorspielen und erläutern.

Frank Apunkt Schneider ist unfreier Künstler und selbsternannter Poptheoretiker. Er schreibt u. a. für Testcard, monochrom, Skug, Zonic, Bad Alchemy und Intro. Er lebt zurzeit als deutscher Außenposten der Kulturbewegung monochrom (www.monochrom.at) in Bamberg. Im Ventil-Verlag hat er das Buch »Als die Welt noch unterging. Von Punk zu NDW« veröffentlicht.
Zuletzt hat er am 03.12.2009 in der FUB zum Thema »Die Diktatur des ‚man’. Von der Schwierigkeit, in linken deutschen Medien geschlechtsneutral zu sprechen« gesprochen

Martin Büsser

Am 23.9 starb im Alter von 42 Jahren der Autor und Poptheoretiker Martin Büsser nach kurzer schwerer Krankheit an Krebs.

Martin hat am 11.02.2010 in der Freien Uni Bamberg zum Thema „Antifolk. Songwriting gegen den Strich“ gesprochen.

Nach dem Vortrag haben wir mit ihm in seinen 42. Geburtstag hineingefeiert.

Martin war Herausgeber der Zeitschrift Testcard und Mitbegründer des Ventil-Verlags.

Außerdem erschienen seine Texte u. a in Zap, Emma, WOZ, Konkret, Intro und Jungle World. Er schrieb dort über Pop, Kunst, die heteronormative Gesellschaft und die unzähligen Bands und Künstler_innen, die abseits des Immergleichen arbeiten.

Martin hat in seinem Schreiben die Geschichte einer „Anderen Musik“ entworfen. Und er hat Verbindungen zwischen Dingen aufgezeigt, die ästhetisch oder historisch weit auseinander liegen

Musik war für ihn immer eine Geste der Dissidenz, ein Einspruch gegen das Bestehende, ein Insistieren auf das, was (noch) nicht ist. Egal ob als Free Jazz, als Neue Musik, als früher Punk oder als queerer Electropop.

Als sich die deutsche Popkritik allmählich in der Promozettelschreibe einzurichten begann, hat Martin immer Haltung bewahrt und Stellung bezogen.

Bei seinem Vortrag hat er uns von den Moldy Peaches, von Daniel Johnston, den Fugs, den Shaggs und den Frogs erzählt.

Wir hätten ihn gerne wieder einmal eingeladen.

Freie Uni Bamberg