Donnerstag, 28.06.2012 PHILIPP EICHHORN: »Mindestens so gefährlich …« Antikommunismus in der BRD.

Nicht nur für Adenauer war klar, worin der wahre Schrecken der Menschheit bestand. Gerade einmal sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (und zwei nach Gründung der BRD) schlug der Staatsapparat wieder zu: Während in Frankreich und Italien die Kommunistischen Parteien Massenbasis besaßen, wurde die KPD kurzerhand verboten. Das Andenken an die kommunistischen Opfer des NS und die Würdigung ihres Widerstandes waren im Land der Henker_innen nicht vorgesehen. Der Antikommunismus der BRD war aber kein paranoider Ausrutscher und er war auch nicht bloß konservativer Unduldsamkeit oder der Tatsache geschuldet, dass die Protagonist_innen deutscher Innenpolitik ihre Grundausbildung im NS absolviert hatten. Er war seit jeher integraler Bestandteil der BRD-Ideologie und lässt ich von ihr und ihrem Grundgesetz nicht trennen. Der Vortrag gibt einen Streifzug durch die Geschichte des Antikommunismus in der BRD und zeigt Funktionen und Gehalt einer Ideologie auf, die das zentrale Moment ihrer Vergesellschaftung darstellt.

Philipp Eichhorn ist FUB-Referent, Pirat_innenkinoaktivist und Autor für testcard. Zuletzt hat er am 17.6.2010 in der Freien Uni über das Thema »Nationalbolschewismus. Zum dialektischen Verhältnis von Nationalismus und Sozialismus« gesprochen.

fub in dieser Woche: Donnerstag, 21.06.2012 JULIA SEEBERGER: Der Tod der Kräuterhexe Zur (De-)Konstruktion von Hexen und der Geschichte der Hexenverfolgung in Bamberg & Freitag, 22.06.2012 INGO ELBE: Privateigentum… »Tief im Wesen des Menschen begründet?«

INFO: JULIA SEEBERGER: Der Tod der Kräuterhexe

Zur (De-)Konstruktion von Hexen und der Geschichte der Hexenverfolgung in Bamberg

»Hast du deinen nackten Leib mit Honig bestrichen, Korn auf ein Leintuch am Boden gestreut, dich von allen Seiten darin gewälzt und die an dir klebenden Körner sorgfältig gesammelt, hast du sie gemahlen und […] hast du aus dem Mehl ein Brot für deinen Ehemann gebacken und gehofft, er möge daran zugrunde gehen?« (aus dem Bußbuch des Burchard von Worms um 1100)

Obwohl Frauen und Männer aus unterschiedlichen sozialen Schichten Opfer der Hexenverfolgung wurden, bildeten Frauen mit 75 bis 80 Prozent die deutliche Mehrheit. Allein in Bamberg wurden im 17. Jahrhundert ca. 900 Menschen wegen angeblicher Hexereiverbrechen verbrannt. Dennoch haben sich gängige Stereotype wie das Bild der alten Kräuterhexe oder der wollüstigen Rothaarigen bis heute gehalten. Warum das so ist, soll im Vortrag diskutiert werden. Dazu wird die Entwicklung der Frauenfeindlichkeit der katholischen Kirche nachgezeichnet, denn die »christliche Ideologie hat nicht wenig zur Unterdrückung der Frau beigetragen« (Simone de Beauvoir). Außerdem wird die Rezeption der Hexen und Hexenverfolgung in der Moderne kritisch betrachtet.

Julia Seeberger studiert in Bamberg Geschichte, Pädagogik und Politikwissenschaft.

INFO: INGO ELBE: Privateigentum…

»Tief im Wesen des Menschen begründet?«

Zur Entstehung und Kritik des bürgerlichen Eigentumsbegriffs

Das Privateigentum (an Produktionsmitteln) ist das rechtliche Basisinstitut der kapitalistischen Gesellschaft. Seit ihrer Entstehung wurde daher auch versucht, dieses Institut zu rechtfertigen. Die bei weitem einflussreichste Legitimationsstrategie findet sich in der 1689 veröffentlichten »Zweiten Abhandlung über die Regierung« von John Locke. Das Privateigentum wird hier systematisch als unantastbares Menschenrecht aufgefasst und aus dem Selbsteigentum der Person und seiner Vermischung mit Naturgegenständen im Prozess der Arbeit abgeleitet. Damit wird dem aufstrebenden Bürgertum eine nachhaltige Legitimationsgrundlage verliehen, die noch im BGB nachwirkt.

Der Vortrag soll Lockes eigentumstheoretische Revolution in ihren ideengeschichtlichen Konstellationen vorstellen, ihre immanenten Widersprüche kritisieren und zeigen, wie im so genannten »Besitzindividualismus« der Besitz sich letztlich radikal gegen das Individuum kehrt.

Dr. Ingo Elbe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Oldenburg und Vorsitzender des Bochumer Instituts für Sozialtheorie. Zuletzt hat er in der Freien Uni über das Thema »Gesellschaftskritik als proletarische Weltanschauung« gesprochen.

Wie gewohnt beginnen die Veranstaltungen um 20 Uhr im Balthasar.

Donnerstag, 14.6. CHRISTIAN WERTHSCHULTE: Riots in England. Der Aufstand der Zeichenlosen?

Im August 2011 führte ein lokaler Protest gegen Polizeiwillkür im Norden Londons zu Ausschreitungen in fast allen englischen Großstädten, Plünderungen von Geschäften und Angriffen auf die Polizei. Diese Ereignisse provozierten eine Reihe von Reaktionen: Die einen sprachen vom »Aufstand der Abgehängten«, andere machten »reine Kriminalität« als Ursache aus. Unter den intellektuellen Beobachter_innen zirkulierte bald die Formel vom »sich rächenden Konsumismus«.

Gemeinsam ist diesen Erklärungen, dass sie selten die Sicht derjenigen berücksichtigen, die die Riots begonnen haben. Wer genauer hinschaut, stößt nicht nur auf Geschichten von Armut und Polizeigewalt, sondern auch auf subkulturelle Formen von Widerstand, die Fragen nach politischer Repräsentation stellen, die über die Revolutionsromantik eines »kommenden Aufstands« oder den Vertretungsanspruch politischer Organisationen hinausgehen.

Christian Werthschulte unterrichtet British Cultural Studies an der Ruhr-Universität Bochum und ist Mitherausgeber der testcard.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei