Donnerstag, 30.06.2016: MARC SCHWIETRING: Strafjustiz als politische Aufklärung? Fritz Bauers Verständnis der Frankfurter Auschwitz-Prozesse als Perspektive auf das Münchner NSU-Verfahren

29 06 SCHWIETRING

MARC SCHWIETRING:
Strafjustiz als politische Aufklärung? Fritz Bauers Verständnis der Frankfurter Auschwitz-Prozesse als Perspektive auf das Münchner NSU-Verfahren

Der ehemalige hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer hat am Beispiel der Frankfurter Auschwitz-Prozesse nach Sinn und Zweck von NS-Prozessen in Deutschland gefragt und den Ansatz einer »Prozessführung im politischen Raum« entwickelt. Im Vortrag soll dieser Ansatz – zusammen mit Bauers Rolle bei den Prozessen – erläutert und zeitgeschichtlich eingeordnet werden. Ebenso sollen seine Grenzen aufgezeigt werden. Als öffentlichkeitswirksame Strafgerichtsprozesse haben sie die Thematisierung des Vernichtungssystems sowie die Auseinandersetzung mit Täterschaft und Schuld ermöglicht und damit zur Vergangenheitsaufarbeitung in der frühen Bundesrepublik beigetragen. Dies wirft die Frage auf, inwiefern Bauers Ansatz heute noch aktuell ist und was er im Sinne gesellschaftlicher Aufklärung zum NSU-Prozess vor dem OLG München beitragen könnte, der häufig als »eines der bedeutendsten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte« bezeichnet und als gesellschaftliche Zäsur beschrieben werden.
Marc Schwietring ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Georg-August-Universität Göttingen. Aktuell arbeitet er in Forschungsprojekten zum NSU-Prozess und zu Rechtsterrorismus in Niedersachsen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 23.06.2016: AK LOUKANIKOS: »History is unwritten« Kritische Wissenschaft und linke Geschichtspolitik

23 06 AK LOUKARNIKOS

Am Beispiel des Sammelbands History is unwritten (2015) stellt das Autor_innenkollektiv Loukanikos theoretische und praktische Möglichkeiten vor, sich der Geschichte und ihrer Repräsentation zu nähern und in bestehende dominante Geschichtsbilder einzugreifen. Solche vorherrschenden Erzählungen, etwa von der deutschen Nation oder der Marktwirtschaft, sind von Homogenisierungen und Auslassungen bestimmt. Vor dem Hintergrund der geschichtspolitischen Intervention durch politische und künstlerische Initiativen wollen wir diskutieren, wie ein kritisches Eingreifen in solche Erzählungen aussehen kann.

Das AK Loukanikos stromert seit 2010 durch Berlin und erkundet Fragen kritischen Geschichtsbezugs. Seine Veröffentlichungen seit 2012 sind stets in kollektiven Denk-, Arbeits- und Schreibweisen entstanden.
https://historyisunwritten.wordpress.com/

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents zweimal Kritik der gegenwärtigen Ökonomie: 09.06.2016 Prekarität als akademischer Normalzustand UND 10.06.2016 Firmenhymnen und Firmensongs mit MC Orgelmüller

09 06 & 10 06 KAPPLER ORGLMÜLLER

Donnerstag, 09.06.2016
FLORIAN KAPPELER:
»Es möcht’ kein Hund so länger leben«
Prekarität als akademischer Normalzustand

Prekäre Arbeitsverhältnisse an deutschen Hochschulen sind die Regel: 90% der Stellen im akademischen Mittelbau sind befristet. Akademische Lebensläufe enden häufig im Nichts. Diese Verhältnisse, die aus dem neoliberalen Umbau der Universitäten resultieren, werden politisch durchaus skandalisiert, doch die Kritik ist bislang weitgehend folgenlos geblieben. Der Vortrag zeigt – auch anhand literarischer Beispiele –, wie prekäre Arbeitsbedingungen die eigene Biographie beeinflussen und Widerstand erschweren. Im Anschluss soll diskutiert werden, wie der Widerstand gegen prekäre Arbeitsverhältnisse gestärkt werden kann.

Dr. Florian Kappeler ist Postdoc an der Graduiertenschule für Geisteswissenschaften Göttingen (GSGG). Er arbeitet zur Literatur und Geschichtsschreibung der modernen Revolution und ist Teil der Redaktion des Online-Literaturmagazins undercurrents – Forum für linke Literaturwissenschaft.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 10.06.2016
MC ORGELMÜLLER:
»Ein Herz braucht das Blut, so wie wir unsere Kunden …«
Firmenhymnen und Firmensongs mit MC Orgelmüller

Mit Musik geht alles besser. Dies haben in den letzten Jahren auch zahlreiche Unternehmen für sich entdeckt. Seitdem lassen sie ihre Beschäftigten ein Loblied auf die Firma singen. Lieder dieser Art heißen »Firmenhymne«, »Firmensong« oder »Motivationssong«. Die Beschäftigen werden in ihnen dazu aufgefordert, sich hochmotiviert, »mit Leib und Seele« einzubringen und sich »ganz und gar« mit dem Unternehmen zu identifizieren. Der Alleinunterhalter MC Orgelmüller präsentiert ausgewählte Firmenhymnen auf der Heimorgel, singt und swingt mit dem Publikum und gibt heiter-aufklärerische Einblicke in dieses junge musikalische Genre, das es beim genaueren Hinhören in sich hat: Affektive Arbeit, ihre Subjektivierung und die Entgrenzung von Arbeit und Leben sind sein Thema. Die musikalische Reise führt in die Werkshallen von VW, Opel und Mercedes, an die Supermarkt-Kassen von Kaufland, Kaiser’s und Edeka sowie in die Personalabteilungen von Henkel, Air Berlin und IBM – und fragt ganz nebenbei, was eigentlich aus dem Arbeiterlied geworden ist …

MC Orgelmüller aka Rudi Maier tourt mit seinen Lecture Performances seit vielen Jahren durch die Clubs und Hörsäle der Republik, besingt linke Mythen, berühmte Bankräuber_innen und den seltsamen Alltag der Menschen im kognitiven Kapitalismus. Firmenhymnen sind Teil seiner (kultur-) wissenschaftlichen Forschung, in der er sich seit langem mit dem Wandel der Arbeitswelt beschäftigt. Zuletzt hat er in der Freien Uni über die Kommunikationsguerrilla gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei