Donnerstag, 30.05.2019: THOMAS BOLLWEIN: Abstiegsangst – Kann der Wohlfahrtsstaat die Rechten aufhalten?

Rechtsextreme Einstellungen sind in allen Bevölkerungsschichten anzutreffen. In Zeiten, die als wirtschaftlich unsicher wahrgenommen werden, steigt insbesondere in der Mitte der Gesellschaft die Anfälligkeit für rechte Deutungsmuster. Diese Entwicklung lässt sich mit der »Deprivations- und Desintegrationsthese« erklären. Der Deprivationsansatz geht davon aus, dass soziale Ausgrenzung und mangelnde Integrationsfähigkeit Ursachen für rechtsextreme Einstellungen sind. Welche Rolle Existenzangst, politische Ohnmachtserfahrungen und instabile soziale Beziehungen beim aktuellen Rechtsruck spielen, soll mit Hilfe europaweit erhobener Daten erklärt werden.
 
Thomas Bollwein promoviert am Lehrstuhl für Arbeitswissenschaften an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg zum Vortragsthema und arbeitet für den Bayerischen Flüchtlingsrat.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 16.05.2019: VERONIKA BOHRN MENA: Die neue Arbeiter_innenklasse – Menschen in prekären Verhältnissen






Scheinselbstständigkeit, Leiharbeit, Befristungen und unbezahlte Pseudo-Praktika: Atypische Beschäftigung hat sich in ganz Europa zum Problem entwickelt. Gute Bildung und Fleiß sind längst keine Garantien mehr für ausreichendes Einkommen. Das Damoklesschwert der drohenden Arbeitslosigkeit setzt Beschäftigte mehr und mehr unter Konkurrenzdruck. Der unbefristete Vollzeitarbeitsplatz ist begehrter denn je, während gleichzeitig immer weniger Beschäftigte davon profitieren. Das durch die Arbeiter_innenbewegung hart erkämpfte Normalarbeitsverhältnis droht zu verschwinden. Der Vortrag liefert einen umfassenden Überblick über die Entwicklung von prekärer Beschäftigung in Europa seit den frühen 1980ern und zeigt auf, dass für Arbeitende kein Weg daran vorbeiführt, sich selbst als Kollektiv zu begreifen, weil solidarisches Handeln die einzige Möglichkeit darstellt, eigene Interessen durchzusetzen.
 
Veronika Bohrn Mena ist Gewerkschafterin mit Schwerpunkt atypische Beschäftigung und Autorin des Buches Die neue ArbeiterInnenklasse – Menschen in prekären Verhältnissen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 09.05.2019: CLARA AGUSTÍ SANAHUJA: Linksnationalismus in Katalonien Solidarität zwischen Bürger_Innen oder Arbeiter_Innen?

Schon vor dem Ersten Weltkrieg galt Nationalismus in der Linken als Gegenspieler der gesellschaftlichen Veränderung. Gut 150 Jahre später scheint das Thema noch kontroverser geworden zu sein. Nationalstaaten sind etabliert und jede_r identifiziert sich – fast automatisch – mit dem eigenen Land. In der Geschichte Spaniens wiederum lassen sich zwei Konfliktlinien feststellen, die Gesellschaft und Politik seit Jahrhunderten prägen: die Links-Rechts-Achse und die Frage nach »Zentralisierung« oder »Dezentralisierung«. Während die Franco-Diktatur regionale Identitäten leugnete und verbot, wurden in Katalonien kulturelle Forderungen zum Mittel des antifaschistischen Widerstands. In der Demokratie schlugen sich diese Konflikte dann im Parteiensystem nieder. In der katalanischen Linken findet sich daher ein breites Spektrum von Gruppen, Organisationen und Parteien, die für einen unabhängigen katalanischen Nationalstaat eintreten. Aber haben sich die ehemaligen Widersprüche aufgelöst? Und wie rechtfertigen diese Gruppen eine Ideologie, die per se ausgrenzend ist? Der Vortrag unternimmt eine Reise in die Argumente linksnationalistischer Bewegungen in Katalonien, um auf die grundlegende Frage einzugehen: Lässt sich Nationalismus mit der politischen Linken vereinbaren?
 
Clara Agustí Sanahuja ist in Barcelona aufgewachsen und studiert zurzeit Politikwissenschaft in Bamberg. Sie sieht sich als Beobachterin der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, empfindet aber eine gewisse Sympathie für diese Form des Protestes.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei