Donnerstag, 12.05.2011 Benedikt Frank: Sonntag Abend, 20:15. Tatorte der Erinnerungspolitik

Sonntagabend, 20:15, läuft auf den Fernsehern der Durchschnittsdeutschen die neue Folge des »Tatorts«. Wem das wöchentliche Ritual nicht genug ist, der findet an jedem anderen Tag Wiederholungen alter Folgen in den dritten Programmen. Dem Krimi geht es zunächst um Spannung und Unterhaltung. Doch der Anspruch der öffentlich-rechtlichen Sender, einem gesellschaftlichen Bildungs- und Informationsauftrag gerecht zu werden, schlägt auch in die Unterhaltungsformate durch. Entsprechend übertragen »Tatorte« gesellschaftliche Themen in ein fiktionales Format, bestehen aber darauf, in deren Darstellung »realistisch« zu bleiben. So kommt auch der Umgang der Deutschen mit ihrer Nazivergangenheit zur Sprache. Der »Tatort« wirkt hier als Resonanzkörper, der den Status Quo der Vergangenheitsaufarbeitung zur Produktionszeit der jeweiligen Folge widerhallen lässt. Und macht dadurch eine Mentalitätsgeschichte der deutschen »Aufarbeitung der Vergangenheit« und den Wandel der damit verbundenen Geschichtsbilder sichtbar. Anhand von Beispielen soll dies aufgezeigt werden. Das Dispositiv »Fernsehen«, das Kriminalgenre und der Realitätsanspruch bilden dabei ein ideologisches Dreigespann, das den postfaschistischen Karren in die Gegenwart zieht. Sie müssen daher genau durchleuchtet werden.

Benedikt Frank ist Gründer des Bamberger Pirat_Innenkinos und lebt zurzeit in Bayreuth, wo er Theater- und Medienwissenschaft studiert und seine Abschlussarbeit zum Thema des Vortrags schreibt.

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