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Hier haben wir noch eine Sammlung von Podcasts von bereits stattgefundenen Vorträgen.

Sommersemester 2019

Wintersemester 2014/15

Sommersemester 2014

Wintersemester 2013/14

Sommersemester 2013

Wintersemester 2012/13

Sommersemester 2012

Wintersemester 2014/15

Philipp Eichhorn: „Green New Deal“

Die Grüne Gouvernementalität des Kapitalismus

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Als die Grünen vor einiger Zeit das Konzept eines »Green New Deal« für die neue Einheit von Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik vorstellten, war ihnen Spott nicht nur aus der marxistischen Ecke gewiss. Wer allerdings die letzten 40 Jahre Revue passieren lässt, kommt nicht umhin, ihnen eine avantgardistische Rolle zuzuschreiben. Auch jenseits von Energiewende, Corporate Social Responsibility und Kriegsführung-wegen-Auschwitz haben sie Trends losgetreten, die die kapitalistischen Eliten gerne aufgegriffen haben. Selbst im Umfeld der radikalen Linken erfreuen sich diese Trends kritikloser Sympathie, obwohl sie ja eigentlich nur den verzweifelten Versuch darstellen, die Profitakkumulation aufrecht zu halten. Und oft liegt alldem ein ausgeprägter Sozialchauvinismus zugrunde. Mit welchem Überbau sich der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts präsentiert, was Dein Auslandsjahr in Südamerika, Diversity Management und A+++ Kühlschränke damit zu tun haben, und wo dabei überhaupt das Problem liegt, möchte der Vortrag erklären.

Philipp Eichhorn plädiert immer noch für den Hauptwiderspruch, würde auch gerne Weltreisen machen können und braucht dringend eine neue Spülmaschine. Er würde aus den letzten beiden kein politisches Programm machen. Aus dem ersten hingegen schon. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die Soziale Marktwirtschaft gesprochen.

Sommersemester 2014

Frithjof Grell: Erziehung zur Freiheit?

Die Pädagogik »vom Gesichtspunkt« Rudolf Steiners

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Die Pädagogik des Waldorfkindergartens stellt die Erziehungswissenschaft vor große Herausforderungen: Kann es eine »gute« pädagogische Praxis geben, auch wenn die Theorie auf höchst fragwürdigen Annahmen beruht und kaum weniger fragwürdige Ziele verfolgt? Der Vortrag geht dieser Frage nach und kommt zu einem eindeutigen Urteil: Nein! Die Qualität pädagogischer Praxis ist nie nur nach ihren Wirkungen, sondern immer auch vor dem Hintergrund der Motive zu beurteilen, die mit pädagogischem Handeln bezweckt werden. So beurteilen wir die Handlungen von Menschen. Warum also sollte es im Hinblick auf pädagogische Handlungskonzepte und ihre Praxis anders sein?

Prof. Dr. phil. Frithjof Grell ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Elementar- und Familienpädagogik an der Universität Bamberg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Theorie und Geschichte der frühkindlichen Bildung und Erziehung sowie Professionalisierung und Akademisierung der Erzieherinnenausbildung.

Sevi Meier: Fragend gehen wir voran…

Die zapatistische Revolution

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Vor 20 Jahren begann im mexikanischen Bundesstaat Chiapas ein hauptsächlich von Indigenen getragener Aufstand, um der vorherrschenden Armut und Aussichtlosigkeit durch autonome Selbstverwaltung entgegenzutreten. Die Ablehnung von Regierungsansprüchen seitens des politischen Arms der Revolution (EZLN) und die praktizierten fortschrittlichen Formen von Demokratie führten dazu, dass sich selbst die sonst so streitsüchtige Linke auf diese Bewegung einigen kann.
Der Vortrag möchte sie vorstellen, ihre theoretischen Anknüpfungspunkte aufzeigen sowie Erfolge und Rückschläge der zapatistischen Praxis erörtern.

Sevi Meier studiert in Bamberg Berufliche Bildung/Sozialpädagogik und stammt selbst aus einer von Aussichtlosigkeit geprägten Region (dem ländlichen Niederbayern). Seit zwei Semestern gehört er der
illustren Gruppe freie uni bamberg an.

Wintersemester 2013/14

Christoph Klein: Karl Marx‘ Ideologiekonzept

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Die Rede über Ideo­lo­gie er­scheint ge­gen­wär­tig pa­ra­dox: Ei­ner­seits wird ve­he­ment das Ende aller Ideo­lo­gie pos­tu­liert, gar das nach­i­deo­lo­gi­sche Zeit­al­ter, von den aka­de­mi­schen und po­li­ti­schen Em­po­ren aus­ge­ru­fen. Ideo­lo­gie ver­weist in die­sem Fall auf die Ver­gan­gen­heit, auf etwas, was nicht mehr in un­se­re Zeit passt und was auf die Ide­en­müll­hal­de der Ge­schich­te ge­hört. So vage die Be­deu­tung des Be­griffs dabei auch bleibt, kön­nen doch ei­ni­ge immer wie­der­keh­ren­de Kon­tu­ren, im Lich­te des Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hangs iden­ti­fi­ziert wer­den: ideo­lo­gisch sind Sach­ver­hal­te, wenn sie irr­tums­schwan­ger die Rea­li­tät ent­stel­len und die Men­schen so zum Übel ver­füh­ren. An­de­rer­seits ist die An­kla­ge ideo­lo­gisch zu spre­chen auch heute weder sel­ten noch wir­kungs­los. Sie kann als dis­kur­si­ve Pra­xis das Richt­schwert sein über Wahr­heit und Täu­schung; kann die Gren­ze set­zen zwi­schen Ge­mein­wil­len und Dem­ago­gie und dar­über den Geg­ner ins Ab­seits stel­len. Der häu­fi­ge Ge­brauch des für ob­so­let er­klär­ten Be­griffs wirkt je­doch alles an­de­re als ent­kräf­ti­gend. Blickt man ge­nau­er hin, wird deut­lich, dass die­ser Wi­der­spruch tat­säch­lich das Funk­ti­ons­prin­zip der An­kla­ge ist. So nährt sich der Ver­dacht, die sich ideo­lo­gie­frei wäh­nen­de Rede könne selbst jenen ver­gan­gen ge­glaub­ten Irr­tü­mern, also der Ideo­lo­gie auf­lie­gen, dass das Zeit­al­ter der Ideo­lo­gi­en noch lange nicht vor­bei sein. Dies gibt An­lass, zu­rück zu gehen und den Be­griff bei einem der wohl wir­kungs­mäch­tigs­ten Per­so­nen zu un­ter­su­chen, die ihn mit­ge­prägt haben: Karl Marx. Der Vor­trag be­zweckt Mar­xens Ideo­lo­gie­kon­zept zu ex­pli­zie­ren, dabei even­tu­el­le Pro­ble­me of­fen­zu­le­gen und in den Ge­samt­zu­sam­men­hang sei­ner Ge­sell­schafts­theo­rie ein­zu­ord­nen.

Chris­toph Klein ›stu­diert‹ ak­tu­ell in Bam­berg So­zio­lo­gie, po­li­ti­sche Theo­rie sowie (lei­der viel zu wenig) Phi­lo­so­phie. Zu­letzt hat er in der frei­en uni über das Thema »Was ist ei­gent­lich so ›kri­tisch‹ an der Kri­ti­schen Theo­rie?« ge­spro­chen.

Frank Apunkt Schneider: Little Drummer Girl

A Sen­ti­men­tal Jour­ney into the Sad­ness of Karen Car­pen­ter

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Die Ge­schwis­ter Ri­chard und Karen Car­pen­ter waren als die Car­pen­ters die er­folg­reichs­te Band der 1970er. Lange Zeit galt ihre züch­ti­ge und bei­na­he scheue Ge­schwis­ter­mu­sik als Aus­hän­ge­schild des sau­be­ren, wei­ßen Ame­ri­ka – und als fa­mi­li­en­freund­li­cher Ge­gen­ent­wurf zum ex­zes­si­ven Rock. Die zahl­lo­sen Wi­der­sprü­che, aus denen sie kon­stru­iert ist, wur­den erst­mals im Fe­bru­ar 1983 er­ahn­bar, als Karen Car­pen­ter an den Fol­gen ihrer Ma­ger­sucht ver­starb. Mit ihrem Tod ge­riet die Krank­heit Ma­ger­sucht in den Fokus der Öf­fent­lich­keit. Dass Karen Car­pen­ter lange Zeit aber nicht nur Sän­ge­rin der Car­pen­ters war, son­dern auch deren Schlag­zeu­ge­rin, ist heute weit­ge­hend ver­ges­sen. Dabei wäre sie ver­mut­lich sogar die beste Schlag­zeu­ge­rin der Welt ge­we­sen, wenn sie (ab­ge­se­hen von Moe Tu­cker) nicht so­wie­so die ein­zi­ge ge­blie­ben wäre.
Dass die wun­der­schö­ne und doch immer auch merk­wür­dig ge­bro­che­ne Musik der Car­pen­ters schon immer einen kom­ple­xen Dis­kurs über Wahr­heit und Un­wahr­heit des Pop­ver­spre­chens führ­te, ist erst im Zuge ihrer Neu­be­wer­tung auf­ge­fal­len. In den 1990er wur­den die Car­pen­ters von quee­ren Sub­kul­tu­ren wie­der­ent­deckt und ge­wür­digt, weil aus ihrer ver­schlun­ge­nen So­und­dia­lek­tik eine wahre Trau­rig­keit über die ei­ge­ne Un­wahr­heit spricht. Warum sie damit die höchs­te Voll­endungs­stu­fe gro­ßer Pop­kunst dar­stellt, wird der Vor­trag er­klä­ren.

Frank Apunkt Schnei­der ist ty­pi­scher Pop­lin­ker und seit zwei Jahr­zehn­ten ma­ni­scher Fan der Car­pen­ters. 2013 hat er end­lich den Mut ge­fun­den, öf­fent­lich dar­über zu reden. Zu­letzt hat er in der frei­en uni über das Thema »Deutsch­pop halt’s Maul! Für eine Äs­the­tik der Ver­kramp­fung« ge­spro­chen.

Sommersemester 2013

Marius Mocker: Von jüdischen Politikern und guten Völkern

Antisemitische und (ethno)nationalistische Tendenzen im deutschen Rap

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Mit dem Zu­sam­men­bruch meh­re­rer gro­ßer In­de­pen­dent-​La­bels be­gann im Jahr 2009 eine grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der Ver­triebs-​ und Pro­mo­ti­ons­kon­zep­te in der deutsch­spra­chi­gen Rap-​Land­schaft. Durch die Aus­brei­tung von kos­ten­güns­ti­gen HD-​Ka­me­ras avan­cier­te die Vi­deo-​Platt­form YouTu­be zum Me­di­um des Stra­ßen-​ und Gangs­t­er­raps, der bis­her weder im Mu­sik­fern­se­hen noch im Radio in nen­nens­wer­ter Weise ver­tre­ten war.
Zwar waren diese Gen­res schon immer von Se­xis­mus, Ho­mo­pho­bie und an­dro­zen­tri­schen Vor­stel­lun­gen durch­setzt, Na­tio­na­lis­mus und An­ti­se­mi­tis­mus fan­den sich aber meist in deut­lich ge­rin­ge­rem Maße als heute. Egal ob Se­xis­mus, Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­en, Glo­ri­fi­zie­rung von Is­la­mis­t_in­nen, (Eth­no-​)Na­tio­na­lis­mus oder Ju­den­hass: auf den YouTu­be-​Ka­nä­len der Szene wird na­he­zu jedes Res­sen­ti­ment be­dient.
Ge­kenn­zeich­net ist diese neue Ideo­lo­gie durch zahl­rei­chen Am­bi­va­len­zen: Re­li­giö­se State­ments ste­hen neben Lob­lie­dern auf Dro­gen­kon­sum, an­ti­se­mi­ti­sche Pro­jek­tio­nen der Zir­ku­la­ti­on neben einer Fi­xie­rung auf welt­li­che Güter, und der uni­ver­sel­le Ge­dan­ke des Hip­Hop wird immer mehr durch (Selbst-​)Eth­ni­sie­rung ver­drängt.
Der Vor­trag ver­sucht, diese Ent­wick­lung in kri­ti­scher Ab­sicht an­hand ein­zel­ner Bei­spie­le nach­zu­zeich­nen, um einen Be­griff von die­ser neuen Ideo­lo­gie zu ent­wi­ckeln, die zwi­schen Kämp­fen um An­er­ken­nung und alten Res­sen­ti­ments ent­stan­den ist.

Ma­ri­us Mo­cker ist Re­dak­teur bei Radio Z und lebt, ar­bei­tet und stu­diert in Nürn­berg. Im Rah­men di­ver­ser Bei­trä­ge be­fasst er sich mit ak­tu­el­len kul­tu­rel­len und po­li­ti­schen De­bat­ten und Phä­no­me­nen.

Tilman Kallenbach: Pop-Politisierung

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Ak­tu­ell wird wie­der ver­mehrt über das Zu­sam­men­spiel von Po­li­tik und Pop­kul­tur ge­spro­chen. Durch Phä­no­me­ne wie FREI.​WILD scheint die po­li­ti­sche Di­men­si­on der Plat­ten­samm­lung noch ein­mal auf­zu­fla­ckern. Eine der Prot­ago­nis­t_in­nen die­ser De­bat­te ist aber aus­ge­rech­net die Band MIA., die selbst in den frü­hen Nul­ler Jah­ren zur Na­tio­na­li­sie­rung des deut­schen Pop bei­trug. Dies wirft die Frage auf, wie viel die ak­tu­el­le Re­po­li­ti­sie­rung der Pop­kul­tur ei­gent­lich noch mit Eman­zi­pa­ti­on zu tun hat.
Der Vor­trag möch­te eine grund­le­gen­de Fra­ge­stel­lung zum Ver­hält­nis von Lieb­lings­plat­te und Po­li­tik ent­wi­ckeln. Dazu wird die Theo­re­ti­sie­rung des Po­li­ti­schen mit »Post-​Po­li­tik«, »Pop-​Theo­rie« und ak­tu­el­ler lin­ker pop­kul­tu­rel­ler Pra­xis kon­fron­tiert. Hier­aus er­ge­ben sich viele Fra­ge­stel­lun­gen. Ist die von Simon Reynolds be­schrie­be­ne »Re­tro­ma­nia« der Sound­track der »Post-​Po­li­tik«? Warum ist aus­ge­rech­net Kir­mes-​Tech­no die ge­eig­ne­te Un­ter­ma­lung für An­ti­fa-​De­mos? Und warum ist Un­ab­hän­gig­keit ei­gent­lich keine Lö­sung für mo­der­ne Babys?

Til­man Kal­len­bach hat in Bam­berg Päd­ago­gik stu­diert. Mit der fub hat er in der hier ver­han­del­ten Sache noch eine Rech­nung offen. Er hat dort zu­letzt über das Thema »The Moon Asked The Crow. Eine Fre­ak­folk-​He­ge­mo­nie­ana­ly­se« ge­spro­chen.

Tobias von Borcke: Die Ge­gen­wart der »Zi­geu­ner«-​Wis­sen­schaf­ten

»Sie ge­hö­ren nir­gend­wo dazu und sind doch über­all zu Hause«

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Das »Forum Tsi­ga­no­lo­gi­sche For­schung« ist am In­sti­tut für Eth­no­lo­gie der Uni­ver­si­tät Leip­zig an­ge­sie­delt und be­zeich­net sich selbst als »ein­zi­ge deut­sche In­sti­tu­ti­on, die sich aus eth­no­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve mit den trans­na­tio­na­len, na­tio­na­len und lo­ka­len Grup­pen der Roma/Zi­geu­ner be­schäf­tigt«. Es möch­te nicht an die lange Tra­di­ti­on der wis­sen­schaft­li­chen (Re-)Pro­duk­ti­on an­ti­zi­ga­nis­ti­scher Ste­reo­ty­pe an­knüp­fen, son­dern eine dif­fe­ren­zier­te Dar­stel­lung zi­ga­ner Kul­tu­ren in ihrer He­te­ro­ge­ni­tät leis­ten. Einer Tsi­ga­no­lo­gie auf der Höhe der Zeit dürfe es nicht um die Be­stim­mung eines wie auch immer ge­ar­te­ten We­sens der ›Zi­geu­ner_in­nen« gehen, son­dern darum, Min­der­hei­ten­grup­pen in ihrem Wech­sel­ver­hält­nis mit der je­wei­li­gen Mehr­heits­ge­sell­schaft zu ver­ste­hen. Die An­sät­ze der ak­tu­el­len »Zi­geu­ner_in­nen«-​Wis­sen­schaft sind al­ler­dings durch­aus he­te­ro­gen: Ei­ni­ge Ver­öf­fent­li­chun­gen fal­len durch die Kol­por­ta­ge von Ge­rüch­ten auf dem Ni­veau der Klatsch­pres­se auf, wäh­rend an­de­re Ar­bei­ten an­ti-​es­sen­tia­lis­ti­sche An­sprü­che ver­fol­gen. Aber auch ihnen ge­lingt es oft nicht, sich von Ste­reo­ty­pen zu lösen. Dies wirft die Frage auf, ob Tsi­ga­no­lo­gie jen­seits an­ti­zi­ga­nis­ti­scher Kli­schees über­haupt mög­lich ist.

To­bi­as von Borcke stu­diert in Ber­lin Ge­schich­te und ist in der his­to­risch-​po­li­ti­schen Bil­dungs­ar­beit tätig. Er ist Mither­aus­ge­ber des Sam­mel­ban­des »An­ti­zi­ga­nis­ti­sche Zu­stän­de 2. Kri­ti­sche Po­si­tio­nen gegen ge­walt­vol­le Ver­hält­nis­se«.

Attila Cangi: »Space, the final frontier …«

Der moderne Raumbegriff in der Physik

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Was ver­steht man unter dem Be­griff des Raums in der Phy­sik? Wie hat sich das Ver­ständ­nis die­ses Be­griffs im Laufe der Zeit ge­wan­delt? Und wel­che Re­le­vanz be­sitzt er in Hin­sicht auf die Be­schrei­bung von phy­si­ka­li­schen Pro­zes­sen?
Als Bei­spiel wird ins­be­son­de­re der Gra­vi­ta­ti­ons­lin­sen­ef­fekt her­an­ge­zo­gen, um den mo­der­nen Raum­be­griff zu ver­an­schau­li­chen und seine An­wen­dun­gen zur Be­ant­wor­tung von kos­mo­lo­gi­schen Fra­ge­stel­lun­gen zu er­läu­tern.

At­ti­la Cangi hat Phy­sik mit dem Schwer­punkt Kos­mo­lo­gie stu­diert und über theo­re­ti­sche Che­mie pro­mo­viert. Der­zeit forscht er am Max-​Planck-​In­sti­tut für Mi­kro­st­ruk­tur­phy­sik auf dem Ge­biet der theo­re­ti­schen Fest­kör­per-​ und Mo­le­kül­phy­sik.

Jörg Kronauer: Die Think-Tanks der Berliner Außen- und Weltpolitik

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Zwei große Think-​Tanks be­glei­ten die Ak­tio­nen der Ber­li­ner Au­ßen-​ und Welt­po­li­tik: die »Stif­tung Wis­sen­schaft und Po­li­tik« (SWP) und die »Deut­sche Ge­sell­schaft für Aus­wär­ti­ge Po­li­tik« (DGAP). Ihre Ana­ly­sen und Stra­te­gie­pa­pie­re bün­deln Wis­sen und stel­len es für die ope­ra­ti­ve Au­ßen­po­li­tik be­reit. Ihre Kon­tak­te zur deut­schen In­dus­trie er­mög­li­chen es zudem, deren In­ter­es­sen in die Stra­te­gie­ge­stal­tung ein­flie­ßen zu las­sen. Ihre for­ma­le Re­gie­rungs­fer­ne wie­der­um er­laubt es ihnen, au­ßen­po­li­ti­sche Son­die­run­gen vor­zu­neh­men und Ab­spra­chen an­zu­bah­nen, die für die staat­li­chen Ap­pa­ra­te zu hei­kel wären und in­for­mell vor­be­rei­tet wer­den müs­sen. Dabei wer­den auch un­ter­schied­li­che stra­te­gi­sche Grund­ent­schei­dun­gen dis­ku­tiert, die frü­her oder spä­ter ihren Nie­der­schlag in der Re­gie­rungs­pra­xis fin­den: Wie stark soll das trans­at­lan­ti­sche Bünd­nis aus­ge­baut wer­den? Soll durch die Ko­ope­ra­ti­on mit Russ­land oder China ein Ge­gen­ge­wicht ge­schaf­fen wer­den? Die SWP hat mit dem Ver­such, die sy­ri­sche Op­po­si­ti­on zu or­ga­ni­sie­ren, sogar den Ein­stieg in das ope­ra­ti­ve Ge­schäft ge­wagt. Der Vor­trag in­for­miert über die Ge­schich­te von SWP und DGAP, über ihre ak­tu­el­len Ak­ti­vi­tä­ten und über aus­ge­wähl­te von ihnen ge­führ­te De­bat­ten.

Jörg Kro­nau­er ist So­zi­al­wis­sen­schaft­ler und frei­er Jour­na­list. Er hat über Rechts­ex­tre­mis­mus und The­men der deut­schen Au­ßen­po­li­tik pu­bli­ziert. Zu­letzt hat er in der fub über »Wirk­sams­te In­stru­men­te der deut­schen Au­ßen­po­li­tik. Die welt­wei­te Ein­fluss­ar­beit der par­tei­na­hen Stif­tun­gen« ge­spro­chen.

Christoph Klein: Was ist eigentlich so „kritisch“ an der Kritischen Theorie?

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Viele stol­pern wäh­rend ihres Stu­di­ums we­nigs­tens ein­mal über den Be­griff der »Kri­ti­schen Theo­rie«; stol­pern, eben weil »Kri­ti­sche Theo­rie« flüch­ti­ger Neu­gier­de kaum ver­ständ­lich er­scheint. Im­mer­hin nimmt sie sich die Un­ver­schämt­heit her­aus, mit er­schre­cken­der Ra­di­ka­li­tät und noch er­schre­cken­de­rer Ter­mi­no­lo­gie zu über­for­dern. Zu ihrem Ver­ständ­nis müss­ten ei­gent­lich erst noch Kant, Hegel und Marx stu­diert wer­den. An­ge­sichts die­ser Hürde ver­kehrt sich Neu­gier­de leicht in Re­si­gna­ti­on. Der Vor­trag möch­te die­sem be­dau­er­li­chen Um­stand Rech­nung tra­gen und einen Ein­stieg er­mög­li­chen. Dabei wird der Fokus auf das ge­rich­tet, was »Kri­ti­sche« von an­de­rer Theo­rie, etwa dem Po­si­ti­vis­mus oder der Me­ta­phy­sik, un­ter­schei­det. Dazu muss zu­nächst der Be­griff der »Kri­tik« ge­klärt und be­stimmt wer­den, was Kri­ti­sche Theo­rie in Ab­gren­zung zu »tra­di­tio­nel­ler« Theo­rie­ar­beit kri­tisch macht. Daran soll schließ­lich die Re­le­vanz ra­di­ka­ler Ge­sell­schafts­kri­tik auf­ge­zeigt wer­den, wie sie u. a. von Theo­dor W. Ador­no und Max Hork­hei­mer in der »kri­ti­schen Theo­rie der Ge­sell­schaft« be­zweckt wurde.

Chris­toph Klein stu­diert ak­tu­ell in Bam­berg So­zio­lo­gie, po­li­ti­sche Theo­rie sowie (und lei­der immer zu wenig) Phi­lo­so­phie und hat seit kur­zer Zeit ein wach­sen­des In­ter­es­se an Kri­ti­scher Theo­rie.

Chris Wilpert: »Der aufsteigende Pfad der Revolte«

Geschichtsbewusstsein und Klassenverrat.
Zur Rezeption von Walter Benjamin

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Die Fronten, die sich seit dem Erscheinen der »Schriften« Benjamins während ihrer kurzen, fast eruptiven Wirkungsgeschichte abzeichnen, waren bereits in seiner Biografie vorgezeichnet: […] nur als surrealistische Szene vollziehbar wäre etwa die Vorstellung, Scholem, Adorno und Brecht zum friedlichen Symposium am runden Tisch, unter dem Breton und Aragon hocken, während Wyneken an der Tür steht, versammelt zu sehen, sagen wir zu einem Disput über »Geist der Utopie« […] (Habermas) Der revolutionäre Intellektuelle erscheint zunächst und vor allem als Verräter an seiner Ursprungsklasse. (Aragon) Die materialistische Geschichtsdarstellung führt die Vergangenheit dazu, die Gegenwart in eine kritische Lage zu bringen. (Benjamin) [E]r war ein Dichter. (Adrienne Monnier) Was an Benjamin so schwer zu verstehen war, ist, daß er, ohne ein Dichter zu sein, dichterisch dachte […] (Arendt) Benjamin war ein Philosoph. (Scholem) Benjamin hat offenkundig […] sein Denken und Schreiben bewußt als Schauplatz von Widersprüchen angeordnet. (Lindner) Nicht aus Koketterie, sondern mit ganzem Ernst sagte er einmal, er brauche eine gehörige Portion Dummheit, um einen anständigen Gedanken denken zu können. (Adorno) Erst haben die Frankfurter Benjamin zu fälschen gesucht, indem sie systematisch seinen Marxismus herunterspielten. Jetzt versuchen sie es wieder, indem sie ihn zum Klassiker stilisieren und ihn in einer historisch-kritischen Ausgabe begraben, die keine ist, aber für eine solche gilt. (Salzinger) Das Hauptproblem, das sei in Klammern gesagt, der meisten Benjamin-Forscher ist, daß sie versucht haben, den zweideutigen und »esoterischen« Stil nachzuahmen, ohne jene Radikalität zu erreichen, die seiner einzigartigen expositio eine besondere Ausdruckskraft […] verleiht. (Ponzi)

Chris Wilpert wurde in einer ehemaligen Räterepublik geboren und lebt, wohnt und arbeitet je unter prekären Verhältnissen in Offenbach und Bamberg als Literaturwissenschaftler_in (meist), Übersetzer_in (manchmal) und Musiker_in (selten). Er promoviert gegenwärtig über Thomas Harlan. Er sprach zuletzt in der fub über das Thema »Hipsters Selbsthass«.

Barbara Umrath: »Keine Emanzipation ohne die der Gesellschaft«

Eine geschlechtertheoretische Re-Lektüre der Kritischen Theorie

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Wenn man/frau von der Kritischen Theorie spricht, kommen vor allem der »autoritäre Charakter«, die »Dialektik der Aufklärung« und die »Kulturindustrie« in den Sinn. Dass sich ihre Gesellschaftskritik auch auf das Geschlechterverhältnis erstreckt, wird dabei meist übersehen. Im Vortrag soll hingegen eine geschlechtertheoretische Re-Lektüre der Kritischen Theorie unternommen werden. Der Schwerpunkt wird auf den Überlegungen zum bürgerlichen Subjekt liegen, das von der Kritischen Theorie aber nicht als »geschlechtliches Neutrum« verstanden wird. Unterschiede in der Konstitution »männlicher« und »weiblicher« Subjekte werden dabei durchaus reflektiert. Gleichzeitig beobachtet die Kritische Theorie, wie der Vortrag zeigen will, Veränderungen in der Subjektkonstitution im Zuge des »Spätkapitalismus«, die für eine kritische Einschätzung gegenwärtiger Entwicklungen im Geschlechterverhältnis fruchtbar gemacht werden können.

Barbara Umrath hat Erziehungswissenschaften, Psychologie und Soziologie studiert. Sie ist Kollegiatin im Graduiertenkolleg »Geschlechterverhältnisse – Normalisierung und Transformation« der Universität Basel und arbeitet derzeit an einer Promotion zu Geschlecht und Kritischer Theorie.

Wintersemester 2012/13

Markus Hammerschmitt: Alkoholismus, Wahnsinn und Drogen in der russischen Literatur.

Deformierte Wirklichkeitswahrnehmung und ideologische Indoktrination

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Seit der Romantik sind Alkohol, Wahnsinn und Drogen ein prominentes Motiv der europäischen Literatur. Rausch, Ekstase und Delirium brachten die verborgene, irrationale Seite der menschlichen Natur zum Vorschein, die lange ignoriert worden war. In der sowjetischen Untergrundliteratur soll die durch den Konsum von Drogen und Wahnsinn verzerrte Realität das Andere der sowjetischen Vernunft ans Licht zu bringen. Die Wirklichkeit der Kokainist
_innen, Alkoholiker_innen und Irren steht in krassem Gegensatz zur offiziellen sowjetischen Wirklichkeit und stellt diese radikal in Frage. Geboten wird eine fetzige Powerpointpräsentation über den leidvollen Weg Venedikt Erofeevs nach Petuški, die verqueren schizophrenen Phantasien eines Sonderschülers und die Abenteuer eines kokainsüchtigen Rotarmisten sowie ein paar theoretische Überlegungen zu Delirium, Rausch, Ekstase und Wahnsinn in der Literatur.

Markus Hammerschmitt arbeitet am Lehrstuhl für slavische Literaturwissenschaft und beschäftigt sich mit der Literatur des 20. Jahrhunderts und (post-)strukturalistischer Theorie. Momentan promoviert er über »Realitäts- und Wirklichkeitskonstrukte in der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts«.

Hendrik Wallat: Transformationsprobleme

Zum Verhältnis von Kritik und Utopie

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Die Frage, die sich radikale Kritik nach dem Ende der klassischen Arbeiter_innenbewegung stellen muss, ist nicht die ihrer offensichtlichen Begründbarkeit angesichts der Irrationalität kapitalistischer Herrschaftsverhältnisse, sondern diejenige nach der Möglichkeit vernünftiger Alternativen. Über diese Frage, die nach den historischen Erfahrungen nicht einfach als ‚bürgerliche Ideologie‘ abzutun ist, ist insbesondere die marxistische Arbeiter_innenbewegung in all ihren Ausprägungen siegesgewiss hinweggegangen. Der Grund hierfür liegt, wie der Vortrag zeigen soll, in einem spezifischen Modus der Verbindung der (wissenschaftlichen) Kritik am Bestehenden mit der (geschichtsphilosophischen) Begründung seiner Überwindung. Was erneut zur Diskussion stehen müsste, ist folglich zum einen die Beziehung von Kritik, Wissenschaft und Utopie, zum anderen das Verhältnis von Theorie und Praxis, Geschichte und Freiheit: »Das Verbot auszudenken, wie es sein solle, die Verwissenschaftlichung des Sozialismus, ist diesem nicht nur zum Guten angeschlagen.« (Theodor W. Adorno)

Hendrik Wallat ist Politikwissenschaftler und Philosoph und lebt in Hannover.

Stefan Meretz: Peer Produktion

Bastelvergnügen oder Revolution?

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Was mit Freier Software begann und sich über Freies Wissen (Wikipedia!) und Freie Kultur fortsetzte, hat heute auch den Bereich der materiellen Güter erfasst: die Commons-basierte Peer-Produktion. Handelt es sich dabei um eine qualitativ neue Produktionsweise oder nur um eine temporäre »Anomalie« im Kapitalismus? Welche analytischen Begriffe brauchen wir, um dieses globale Phänomen zu erklären? Welche Konsequenzen hat das für traditionell linke Vorstellungen gesellschaftlicher Transformation? Gibt es am Ende weder Bastelvergnügen noch Revolution? Oder erleben wir die ersten Schritte des Kommunismus, nicht als »ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten« habe, sondern als »wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt« (Marx/Engels)?

Stefan Meretz lebt in Berlin und bloggt auf keimform.de zu Technikentwicklung. Seine theoretischen Schwerpunkte sind Peer-Produktion, Commons und Kritische Psychologie.

Roland Gratzer: Piraten – Die Erfindung des Sozialstaats

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Seit Waren mit dem Schiff von A nach B transportiert werden, gibt es Menschen, die diese stehlen wollen. Pirat_innen waren aber oft nicht nur gewöhnliche Verbrecher_innen, sondern suchten bewusst eine Exit-Strategie aus einer per Geburt definierten hierarchischen Welt. In ihrem außerordentlich kurzen »Goldenen Zeitalter« (1690-1730) nutzte die Piraterie geschickt den Dauerkriegszustand der europäischen Großmächte im karibischen Raum. Aus dieser Zeit stammen die ersten Zeugnisse eines gut organisierten Sozialstaates, inklusive Invalidenrente und eingetragener Partnerschaft. Wer nach acht Uhr an Deck Feuer machte, wurde trotzdem erschossen. Der kleine historische Streifzug beginnt bei einem unfassbar arroganten Julius Cäsar und endet mit ein wenig Verständnis für die gegenwärtigen Geschehnisse in Somalia. Auch an Bord: Die Likedeeler, die Probleme der Basisdemokratie und eine Powerpoint-Präsentation.

Roland Gratzer lebt ein spätkapitalistisches Durchschnittsleben als Medienarbeiter für den österreichischen Rundfunk. Seine Freizeit verbringt er als Mediendrüse des Künstler_innenkollektivs monochrom (www.monochrom.at) und als Organisator eines unbekannten Kunst-Festivals in der oststeirischen Provinz (www.komm.st).

Lucius Teidelbaum: Nationalismus in der DDR

Vom »proletarischen Internationalismus« zur »sozialistischen Nation«

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Wie internationalistisch konnte die DDR als »sozialistischer Staat deutscher Nation« sein?
Bei der Betrachtung der Geschichte des »anderen Deutschland« soll auch auf die Vorgeschichte des Vorläufers der Staatspartei SED, die KPD, und hier insbesondere auf ihren zeitweiligen Rechtskurs eingegangen werden. Gezeigt wird, dass die DDR – ebenso wie die KPD zu Zeiten der Weimarer Republik – immer wieder die nationale Karte spielte. Von dem Subjekt »Arbeiter_innenklasse« wand sie sich immer mehr dem Subjekt »Deutsches Volk« zu. Der Appell ans Nationale schien bei der Agitation vom Nationalsozialismus geprägter Massen Erfolg versprechend. Über einen Wiedervereinigungs-Nationalismus sollte die Bevölkerungsmehrheit für einen gesamtdeutschen sozialistischen Staat gewonnen werden. In den 1970ern setzte dann der Versuch ein, ein eigenes nationales Erbe zu konstruieren.
Der Vortrag geht kritisch auf den antifaschistischen Selbstanspruch der DDR sowie ihren Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus ein.

Lucius Teidelbaum ist Historiker, freier Publizist und Rechercheur. Seine Fachgebiete sind die extreme Rechte sowie die Grauzonen, die sie umgeben. Er schreibt u. a. regelmäßig für das Antifa-Magazin Der Rechte Rand.

Frank Schellenberg: Die Araber_innen, der Nationalsozialismus und die westliche Forschung

Eine schwierige Konjunktion?!

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Nicht viele Themen bieten ein derartig hohes Konfliktpotential wie die Auseinandersetzung mit arabischen Reaktionen auf den Nationalsozialismus und die Shoa. Die Existenz arabischer Kollaborateur_innen mit dem Naziregime, die große Anzahl revisionistischer und/oder relativierender Arbeiten unter den arabischen Veröffentlichungen zum Thema und der virulente Antisemitismus in arabischen Ländern sind für manche Beweis dafür, dass die Erb_innen des Nationalsozialismus heute in der arabischen Welt zu suchen seien. Andere betonen die Vielfältigkeit arabischer Reaktionen in den 1930er und 1940er Jahren oder die Einbettung des Nationalsozialismus in der westlichen Kultur und verurteilen derartige Konjunktionen als unwissenschaftliche Projektionen.
Der Vortrag gibt einen Einblick in die wichtigsten Entwicklungen und Motive der arabischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Shoa. Ebenso wird die westliche Forschung zu diesem Thema, ihre Defizite, Paradigmen und Desiderate angesprochen, um schließlich die Gründe für die Schwierigkeiten, die dieses Thema noch immer bereitet, zur Diskussion zu stellen.

Frank Schellenberg hat in Bamberg Islamwissenschaft und Arabistik studiert.

Jana Heine: 20 Jahre Nikolauskompromiss

Zum »Wohle des deutschen Volkes«

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Die Rede vom »Asylmissbrauch« durch »Scheinasylanten« wurde bereits seit Mitte der 1970er Jahre von CDU/CSU verbreitet, um eine weitere Einschränkung des Asylgrundrechts zu legitimieren. Als Regierungspartei nutzte sie dann die europäische Ebene, um Druck auf die anderen Parteien auszuüben: In intransparenten Verhandlungen entwickelte sie das Konzept des »sicheren Drittstaates«, um Asylsuchende in jene Länder zurückzuschicken, über die sie eingereist sind. Dies wäre – ohne dass die Asylberechtigung geklärt wird – ohne Änderung des Asylgrundrechts nicht zulässig. Noch unter dem Eindruck der Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen und Mölln schlossen CDU/CSU, SPD und FDP dann am 6.12.1992 den »Nikolauskompromiss«, mit dem das Asylgrundrecht de facto abgeschafft wurde. Wie es dazu kam, möchte der Vortrag u. a. anhand von Drucksachen des Bundestages, Parteipressemitteilungen, Zeitungsartikeln sowie parteinahen Periodika nachzeichnen.

Jana Heine promoviert über die Europäisierung nationaler Asylbehörden und engagiert sich bei freund statt fremd.

Magdalena Marsovsky: Ungarns konservative Revolution

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2010 erhielt die rechte Fidesz 53% der ungarischen Wahlstimmen und damit die absolute Mehrheit. Weitere 17 Prozent stimmten für die »Bewegung für ein besseres Ungarn« (Jobbik), die sich offen zu rechtsextremen Positionen bekennt. Ideologische Rückendeckung finden solche völkischen und demokratiefeindlichen Parteien durch eine Gesellschaft, in der Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus weit verbreitet sind. Die ungarische Nation, so scheint es, ist durch die Wahlen zu einer geschlossenen Gesellschaft g
eworden, die sich als ethnisch homogene Volksgemeinschaft definiert. Auf ein Feindbild angewiesen geht die chauvinistische Politik einher mit der Gleichschaltung von Medien, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Wer nicht als Teil des »magyarischen Volkstums« betrachtet wird, sieht sich einem gewaltigen psychischen und wirtschaftlichen Homogenisierungsdruck ausgesetzt. Die wohl am stärksten gefährdeten Gruppen, gegen die sich eine Politik des Hasses richtet, sind Roma, Jüdinnen und Juden und Kosmopolit_innen, Intellektuelle, Linksliberale, Obdachlose und Homosexuelle, die als »verjudet« gelten.

Magdalena Marsovszky ist Kulturwissenschaftlerin, freie Publizistin, Lehrbeauftragte der Hochschule Fulda, Vorstandsmitglied des Villigster Forschungsforums zu Nationalsozialismus, Rassismus und Antisemitismus e.V. und Vorstandsmitglied der in Ungarn tätigen Bürger_innenrechtsbewegung für die Republik (Nachfolgeorganisation der ehemaligen Roma-Bürger_innenrechtsbewegung).

Sonja Vogel: Die rote Köchin

Geschichte und Kochrezepte einer spartakistischen Zelle am Bauhaus Weimar

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„Dein Traum, Hannah: Die Proletarier ganz unterschiedliche Gerichte kennenlernen zu lassen – nicht umsonst nennen sie dich die Rote Köchin. Mithilfe des guten Essens möchtest Du den Keim legen für die Ideen einer neuen sozialen Gerechtigkeit.“ (Luigi Veroneli, italienischer Weinpapst)
Hannah war die Rote Köchin, Mitglied einer spartakistischen Zelle am Bauhaus Weimar. Sie betrieb in den 1920ern ein Restaurant – mit dem Kochlöffel wollte sie die Werktätigen für die Revolution gewinnen. Nach Seminar und Küchendienst mischten die Zellenmitglieder Sprengstoff, jagten Faschist_innen und stellten an den Bauhaus-Werkbänken Pistolen her. Hannahs Geschichten zeigen, wie intensiv der Kampf um ein besseres Leben war, aber auch wie skurril und tragisch. Was ist aus Hannah geworden? Unklar. Geblieben sind nur ihre Aufzeichnungen und Rezepte.
»Die Rote Köchin« ist ein autobiografischer Roman zwischen Doku-Fiction, Kochbuch und Agitprop.

Sonja Vogel ist Journalistin und Lektorin im Ventil Verlag.

Ulrike Wurmthaler / Susanne Kade: Jungen als »Bildungsverlierer«?

Über geschlechterbezogene Mythen in der Bildung

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Seit einigen Jahren wird über die Benachteiligung von Jungen im weiblich dominierten Erziehungs- und Bildungskontext diskutiert. Eine besorgte Öffentlichkeit moniert, dass Jungen hier keine geeigneten Vorbilder hätten. Erzieherinnen und Lehrerinnen würden sie nicht ihren Neigungen entsprechend motivieren. Schlechtere Bildungsabschlüsse und geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien die Folge. Die Forderung nach mehr Männern beim Erziehungs- und Lehrpersonal wird laut …
Im Vortrag wird beleuchtet, wo und wie Jungen und Mädchen aufgrund ihrer Geschlechterzugehörigkeit im Bildungs- und Erziehungssystem benachteiligt werden, in welchen Bereichen aber auch Mythen existieren.

Ulrike Wurmthaler ist Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin. Sie arbeitet psychotherapeutisch in freier Praxis mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Susanne Kade ist Diplom-Psychologin. Sie arbeitet in einer heilpädagogischen Tagesstätte.
Beide sind aktiv im Bamberger Institut für Gender und Gesundheit e.V. (BIGG e.V.). Ihr Themenschwerpunkt ist geschlechterflexible Erziehung.

Georg Seeßlen: Sex-Fantasien in der Hightech-Welt

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Die nach-humane Zukunft hat schon begonnen: Menschen werden immer weiter umgebaut, verbessert, verschönert und maschinell, pharmakologisch oder chirurgisch in Post-Menschen verwandelt: in Maschinenwesen, denkende Roboter, lebende Computerprogramme, Klone, Androiden, gentechnisch veränderte, alters- und leidenslose, transhumane Lebewesen. Ob diese Wesen asexuell, hypersexuell oder metasexuell sein werden …?
Von dem Tag an, da Frankensteins Braut sich in ihren Schöpfer verliebte, entwickelten sich Liebesgeschichten zwischen Menschen und Post-Menschen, zwischen Körper und Maschine, zwischen Wirklichkeit und Simulation. Zweifellos verschwinden die sexuellen Impulse nicht, wenn der Mensch im Labor geboren wird. Nur: Wohin damit? Das Bildnis des sexuellen Post-Menschen wird aus Begehren und Angst zusammengesetzt. Langweilig ist das nicht.
Wird sich der neue Mensch noch verlieben können? Wird es Mischehen geben? Können Post-Menschen sich ihre sexuelle Identität programmieren lassen? Und wie erotisch ist eigentlich dieses Menschenbasteln, von dem Wissenschaftler_innen in Fiktion und Wirklichkeit besessen scheinen? – Ein Streifzug durch die populäre Mythologie, von der Science-Fiction zum Porno, vom Videogame zum Trash-Fernsehen, von der sexuellen Prothese zur Fickmaschine und von Wissenschaft zum Märchen (und zurück).

Georg Seeßlen schreibt über Film, Kultur und Politik u. a. für Die Zeit, Spiegel, taz, konkret, Jungle World, epd Film und verfasst Bücher zu Film und populärer Kultur, darunter: »Quentin Tarantino gegen die Nazis. Alles über INGLOURIOUS BASTERDS« und »Blödmaschinen. Die Fabrikation der Stupidität« (zusammen mit Markus Metz).

Sommersemester 2012

Andreas Kallert/Vincent Gengnagel: „Unten bleiben…!“ Zur Aufklärung der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds

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»Wir haben die Dimension ihres Hasses ebenso unterschätzt wie ihren Willen zur Tat. Die Ermordung von Menschen aus dem einzigen Grund, dass sie als ‚fremdländisch’ empfunden werden, passt in die Gedankenwelt der rassistischen Täter. Das wussten wir. Und wir konnten uns das als Bombenanschlag oder als Brandstiftung vorstellen, aber nicht als eine kaltblütige Exekution« (Heinz Fromm, Präsident des Verfassungsschutzes).

Die so genannten »Sicherheitsbehörden« nahmen zwar die Bombenattentate des NSU über Jahre hinweg billigend in Kauf – aber einen öffentlich gewordenen rassistischen Serienmord konnte auch der Thüringer Verfassungsschutz nicht mehr unterstützen. Der Vortrag wertet Pressemitteilungen und Zeitungsberichte aus und vollzieht den medialen Diskurs nach, seitdem die Mordanschläge als rechtsradikaler Terror aufgedeckt wurden. Aus ihnen ergibt sich ein Netzwerk aus BKA, LKA, Verfassungsschutzämtern, MAD, polizeilichen Stellen und NSU sowie deren Umfeld. Dies führt zu Fragen, wie sie in deutschen Leitmedien nicht gestellt wurden: Die mangelnde Fantasie deutscher Behörden allein kann nicht erklären, in welchem Ausmaß sie rechtsradikalen Terror gedeckt oder allererst möglich gemacht haben. In einem Rechtstaat wäre die Klärung dieses Verdachts eine Aufgabe der Justiz – eine kritische Öffentlichkeit hingegen sollte wiederum in der Lage sein, entsprechende Fragen zu stellen. Dass sie das im Falle der NSU nicht getan hat, wird am vorliegenden journalistischen Material illustriert, aus dem sich durchaus eine informelle Selbstzensur deutscher Medien ablesen lässt.

Vincent Gengnagel und Andreas Kallert haben in Bamberg studiert und in der Freien Uni zuletzt über das Thema »Deutsche Perspektiven auf Ostafrika. Krieg mit anderen Mitteln« gesprochen.

Heinz-Jürgen Voß: Making Sex.

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Biologisches Geschlecht erscheint vielen als »sicher« und »natürlich« im Sinne von etwas Vorgegebenem und Unabänderlichem. Das ist es nicht! Auch bei den derzeitigen biologischen Konzepten von Geschlecht handelt es sich um Theorien. Sie sind Resultat einer gesellschaftlichen Ordnung, die zwei Geschlechter unterscheidet – und die in der Bundesrepublik Deutschland noch immer nicht vor Menschenrechte verletzender Gewalt zurückschreckt, wenn es darum geht, eindeutige »Weiblichkeit« und »Männlichkeit« herzustellen. Dabei lässt sich mit aktuellen biologischen und medizinischen Theorien eine Vielzahl an Geschlechtern sogar besser erklären, als bloß zwei oder drei.

Heinz-Jürgen Voß hat Biologie studiert und zu biologischen Geschlechtertheorien promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind feministische Wissenschaftskritik, queer theory und queer politics.

Simon Dudek: „I hate conservatives but i really fucking hate liberals“

Die politische Philosophie der Serie »South Park«

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Als »South Park« in den USA erstmals ausgestrahlt wurde, gab es einen großen Aufschrei: Die Serie führte der liberalen amerikanischen Gesellschaft mittels eines antisemitischen Kindes und eine_r transsexuellen Lehrer_in die eigene Heuchelei vor Augen. Wie es um die »Freedom of speech« bestellt ist, zeigt beispielhaft die Zensur von Episoden, in denen der Prophet Mohammed auftritt. Dabei will »South Park« mehr sein als stumpfer Tabubruch: Trey Parker und Matt Stone, die Macher der Serie, liefern eine kritische Analyse der westlichen Gesellschaft. Der Vortrag möchte zeigen, welche politische Philosophie dahinter steckt und inwieweit sich sowohl das »Libertarian Movement« als auch ideologiekritische Kreise auf sie beziehen können.

Simon Dudek studiert Politikwissenschaft in Bamberg und betreibt den Blog southpark.blogsport.de. In der Freien Uni hat er zuletzt über das Thema
»Oben bleiben – das Phänomen Wutbürger_innen« gesprochen.

Ingo Elbe: Privateigentum.“Tief im Wesen des Menschen begründet?“

Zur Entstehung und Kritik des bürgerlichen Eigentumsbegriffs

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Das Privateigentum (an Produktionsmitteln) ist das rechtliche Basisinstitut der kapitalistischen Gesellschaft. Seit ihrer Entstehung wurde daher auch versucht, dieses Institut zu rechtfertigen. Die bei weitem einflussreichste Legitimationsstrategie findet sich in der 1689 veröffentlichten »Zweiten Abhandlung über die Regierung« von John Locke. Das Privateigentum wird hier systematisch als unantastbares Menschenrecht aufgefasst und aus dem Selbsteigentum der Person und seiner Vermischung mit Naturgegenständen im Prozess der Arbeit abgeleitet. Damit wird dem aufstrebenden Bürgertum eine nachhaltige Legitimationsgrundlage verliehen, die noch im BGB nachwirkt.

Der Vortrag soll Lockes eigentumstheoretische Revolution in ihren ideengeschichtlichen Konstellationen vorstellen, ihre immanenten Widersprüche kritisieren und zeigen, wie im so genannten »Besitzindividualismus« der Besitz sich letztlich radikal gegen das Individuum kehrt.

Dr. Ingo Elbe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Oldenburg und Vorsitzender des Bochumer Instituts für Sozialtheorie. Zuletzt hat er in der Freien Uni über das Thema »Gesellschaftskritik als proletarische Weltanschauung« gesprochen.

Philipp Eichhorn: „Mindestens so gefährlich…“. Antikommunismus in der BRD

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Nicht nur für Adenauer war klar, worin der wahre Schrecken der Menschheit bestand. Gerade einmal sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (und zwei nach Gründung der BRD) schlug der Staatsapparat wieder zu: Während in Frankreich und Italien die Kommunistischen Parteien Massenbasis besaßen, wurde die KPD kurzerhand verboten. Das Andenken an die kommunistischen Opfer des NS und die Würdigung ihres Widerstandes waren im Land der Henker_innen nicht vorgesehen. Der Antikommunismus der BRD war aber kein paranoider Ausrutscher und er war auch nicht bloß konservativer Unduldsamkeit oder der Tatsache geschuldet, dass die Protagonist_innen deutscher Innenpolitik ihre Grundausbildung im NS absolviert hatten. Er war seit jeher integraler Bestandteil der BRD-Ideologie und lässt ich von ihr und ihrem Grundgesetz nicht trennen. Der Vortrag gibt einen Streifzug durch die Geschichte des Antikommunismus in der BRD und zeigt Funktionen und Gehalt einer Ideologie auf, die das zentrale Moment ihrer Vergesellschaftung darstellt.

Philipp Eichhorn ist FUB-Referent, Pirat_innenkinoaktivist und Autor für testcard. Zuletzt hat er am 17.6.2010 in der Freien Uni über das Thema »Nationalbolschewismus. Zum dialektischen Verhältnis von Nationalismus und Sozialismus« gesprochen.

Benedikt Frank: Level up! Gamification und Ausbeutung

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Spiele sind beliebt – zumindest beliebter als andere Beschäftigungen des Alltags, zu dessen Mühen und Langeweile sie eine willkommene Ablenkung darstellen. Wäre es daher nicht großartig, wenn das Leben ein bisschen wie ein Spiel sein könnte? Das Schlagwort von der »Gamification« bezeichnet Strategien, den (Arbeits-)Alltag mit Hilfe der Prinzipien des Spiele-Designs zum Spiel werden zu lassen. Geht es nach der Gamedesignerin Jane McGonigal, ist Gamification ein Tool, mit dem sich die Welt verbessern lässt. Mit ihm sollen wir unsere persönlichen Ziele erreichen, aber auch gesellschaftliche Probleme lösen können. Auch andere Akteur_innen zeigen großes Interesse: Marketingabteilungen setzen Gamification zur Kund_innenbindung ein, indem sie ihre Produkte zu Teilen eines großen Spiels machen. Und das Personalmanagement nutzt durch die »spielerische« Gestaltung der Arbeit, Ressourcen: Die Menschen sollen in ihrem Job aufgehen wie in einem Spiel. Gamification funktioniert damit als allgemeines Heilsversprechen wie ebenso als Instrument von Bedürfnismanipulation und Motivationspsychologie. Doch lässt sie selbst da, wo sie etwas verändern möchte, die herrschenden Spielregeln weitgehend unberührt. Für den Spieledesigner Ian Bogost ist sie daher »Exploitationware«. Um Mittel und Wege zu finden, auch in Zukunft nicht mitspielen zu müssen, ist es daher wichtig zu wissen, wie Gamification funktioniert, was sie umgestalten will und wo ihre Grenzen liegen.

Benedikt Frank ist unter anderem Gamer, FUB-Referent, testcard-Autor und Pirat_Innenkino-Gründer. Zuletzt hat er in der Freien Uni über das Thema »Sonntag Abend, 20:15. Tatorte der Erinnerungspolitik« gesprochen.

Chris Wilper: Hipsters Selbsthass

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Für die schwarzen Hipster der 1940er war Hipness in Form von Wissen, Mode, Slang und Musik eine subversive, subkulturelle Strategie. Sie verhieß eine Gegenkultur, an die die weißen Hipster der 1950er und 1960er, die »White Negros« und Beatniks, in ihrer Begeisterung für schwarzen Jazz, avantgardistische Literatur und Drogen anknüpften und damit weiße Privilegien aufgaben, zu denen ihre afroamerikanischen Vorbilder freilich niemals Zugang hatten.

Die Hipster der Jahre 1999 bis 2003 sind hingegen längst ein im Mainstream angekommenes Modephänomen. Ihre wesentliche Eigenschaft ist es, keine Hipster sein zu wollen. Neben der Distinktion zeichnen sie sich durch unreflektierten Konsumismus, Whiteness und Männlichkeit aus, denn auch wenn es schwarze Hipster_innen gibt, gibt es sie nicht, weil sie in der aktuellen Hipster-Rezeption nicht sichtbar sind. Ist Hipstertum damit ganz im Mainstream aufgegangen oder wohnt ihm im Rekurs auf die avantgardistische Tradition doch noch ein kritisches Potenzial inne?

Chris Wilpert ist Mitherausgeber_in der testcard, übersetzt für den Ventil Verlag, liest unhipe Bücher und promoviert gegenwärtig zu Thomas Harlan.

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