Donnerstag, 16.11.2023 CHRISTIAN NÖTH „Harmonie – Größenwahn – Gewalt. Zur Anziehungskraft der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft«“

In der deutschen Bevölkerung ist die Ansicht fest verankert, dass die Mehrheit der Deutschen selbst Opfer des NS-Regimes gewesen sei. Und wo die aktive Beteiligung eigener Familienangehörigen in NSDAP, SS, SA, Hitlerjugend oder Wehrmacht nicht verleugnet werden kann, wird dies oftmals entschuldigt: »Wer nicht mitgemacht hat, wurde ja selbst verfolgt!« Dass es Überwachung und Terror gab, ist dabei aus wissenschaftlicher Sicht nicht falsch, aber als alleinige Erklärung zu einseitig. Verschwiegen wird in deutschen Familiengeschichten oftmals die Begeisterung der eigenen Eltern, Groß- oder Urgroßeltern für den Nationalsozialismus und sein Versprechen, eine zu großartigen Leistungen vorherbestimmte, harmonische »Volksgemeinschaft« zu erschaffen, zu der auch ganz selbstverständlich die Gewalt gegenüber so genannten »Gemeinschaftsfremden« gehörte. Der Vortrag möchte eine Einführung in aktuelle Forschung zur emotionalen Anziehungskraft der »Volksgemeinschaft« geben, um die Begeisterung weiter Teile der deutschen Bevölkerung für den Nationalsozialsozialismus zu thematisieren.

Christian Nöth hat in Bamberg Philosophie mit Schwerpunkt auf die Kritische Theorie der Frankfurter Schule studiert und arbeitet derzeit an seiner Masterarbeit in Gesellschaftstheorie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 09.11. FRANZI SCHMID „30 Jahre Asylkompromiss. Rassistische Kontinuitäten in der Asylpolitik“

Ob Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Mölln: In den frühen 1990er Jahren waren rassistische Anschläge auf Geflüchtete und Migrant*innen alltägliche Realität in Deutschland und kosteten vielen Menschen das Leben. Politisch gipfelten der rassistische Diskurs und die rechten Gewaltausschreitungen 1993 im sogenannten »Asylkompromiss«, der das Asylrecht stark beschnitt, sowie in der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), das weitreichende und zum Teil verfassungswidrige Eingriffe in die Sozialhilfe für Geflüchtete vornahm. 30 Jahre später organisiert sich die europäische Rechte erneut, um das Recht auf Asyl zu bekämpfen und menschenfeindliche Positionen salonfähig zu machen. Mit der »Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems« erfolgt nun auch auf europäischer Ebene ein Angriff auf die Menschenrechte Asylsuchender. Ein Blick auf die asylpolitischen Kontinuitäten seit den 1990er Jahren gibt Aufschluss über die erfolgreiche Einflussnahme rechter Kräfte in Deutschland und Europa sowie über die schrittweise Durchsetzung rassistischer staatlicher Interessen.

Franziska Schmid studiert an der Universität Bamberg und ist Mitarbeiterin beim Bayerischen Flüchtlingsrat.

Der Vortrag findet im Rahmen der Kampagne »AsylbLG abschaffen!« statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

MONTAG (!), 06.11. MARIA KANITZ „Struktureller Sexismus vs. Unschuldsvermutung“

Sexismus, Machtmissbrauch, Misogynie. Das ist für viele Frauen Alltag. Doch was passiert, wenn Frauen sich dazu entschließen, öffentlich gegen Täter und ihre Übergriffe vorzugehen? Wir haben es in den letzten Wochen erlebt: Als erstes wird der Ruf nach der Unschuldsvermutung laut; aber nicht etwa solidarisch gegenüber den Betroffenen von sexualisierter Gewalt, sondern in Bezug auf die Täter. Warum die Unschuldsvermutung als Rechtsinstrument wichtig ist, und es dennoch einen solidarischen Wechsel hin zu einem Diskurs braucht, der erst einmal den Betroffenen glaubt, wird in dem Vortrag u. a. an den jüngsten Ereignissen um die Band Rammstein diskutiert.

Maria Kanitz ist Antisemitismusforscherin. Ihre Themenschwerpunkte liegen u. a. bei der Analyse der Intersektionalität von Antifeminismus und Antisemitismus. Im Jahr 2022 hat sie gemeinsam mit Lukas Geck den Sammelband »Klaviatur des Hasses – Antisemitismus in der Musik« veröffentlicht. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Der Vortrag findet in Kooperation mit Phia e.V. statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 02.11. BENJAMIN REITER »Historische Gerechtigkeit« Zur Kritik der bundesdeutschen Geschichtspolitik

»Historische Gerechtigkeit« wird in fast allen großen geschichtspolitischen Debatten verhandelt. Immer geht es dabei um Verteilungsfragen, nämlich um die Rückgabe bestimmter Güter (z. B. gestohlene Artefakte, Bürgerrechte, Land …) oder die Entschädigung von erfahrenem und in der Gegenwart noch fortwirkendem Unrecht (z. B. durch symbolische Anerkennung oder finanzielle Unterstützung). Insbesondere ehemalige Kolonisierte und deren Nachfahr*innen begründen ihre Ansprüche auf der Basis von »Historischer Gerechtigkeit«.

Der Vortrag geht auf verschiedene geschichtspolitische Debatten der letzten Jahre ein, etwa auf die Rückgabe der »Benin Bronzen«, auf das Versöhnungsabkommen zwischen Deutschland und Namibia (für den Genozid an den Ovaherero und Nama) oder auf die Entschädigungsforderungen des Hauses Hohenzollern (für die Enteignungen der Sowjetarmee nach 1945). Daran soll gezeigt werden, wie ein klares Verständnis von »Historischer Gerechtigkeit« dabei helfen kann, Ansprüche zu begründen bzw. zu verwerfen und eine solidarische Haltung mit den Opfern historischen Unrechts und deren Nachkommen ermöglicht.

Benjamin Reiter hat an der Uni Bamberg in der Geschichtsdidaktik promoviert und einige Jahre in der Lehrkräftebildung geforscht. Jetzt ist er selber Lehrer.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 26.10. PAUL NINUS NAUJOKS „Gibt es eine Zukunft für Männer?“

Studien besagen, dass »toxische Männlichkeit« sowohl Gewalt als auch Krankheit erzeugt und gesellschaftliche Kosten verursacht. Viele Strömungen des Gegenwartsfeminismus fordern daher die Abschaffung des »Alten Weißen Mannes«, um auf diese Weise das Patriarchat zu überwinden, das seit Jahrtausenden das Zusammenleben der Menschen regelt. Einige Männer fühlen sich davon bedroht. Sie äußern Unsicherheiten und Ängste und sehen sich vor Fragen gestellt wie: »Was dürfenMänner heutzutage noch?« und »Gibt es eine Zukunft für Männer?« Das wirft wiederum die Frage auf, wie eine Zukunft für Männer aussehen kann, die keine gesellschaftliche Belastung darstellt? Nach einer kurzen sozialhistorischen Einführung widmet sich der Vortrag dieser Frage. Vorkenntnisse sind nicht notwendig.

Paul Ninus Naujoks (28) lebt in Hamburg, ist Autor, Moderator und Referent für politische Bildung und Chancengleichheit. Sein Buch »Männer & Zerbrechlichkeiten« schaffte es auf die Shortlist des »Young Storyteller Awards 2022« –darüber hinaus wurde es im August 2023 zu einem »Books on Demand«-Bestseller.

Der Vortrag findet in Kooperation mit dem feministischen bündnis 8. märz bamberg(FB8M Bamberg) statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 13.07. ROBERT ZIEGELMANN „Revolutionäre Lebenshilfe mit Rosa Luxemburg“

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Rosa Luxemburg steht für den Sozialismus, den wir brauchen: rätedemokratisch, ökofeministisch, international. Ihre politische Aktualität hat auch eine ethische Dimension. Nicht nur für ökonomische Analysen und politische Strategien lässt sich viel von ihr lernen, sondern auch dafür, wie es sich leben lässt. Luxemburg kultiviert eine Haltung, die es ihr erlaubt, aus dem Dunkel ihrer Zelle »dem Leben zu lächeln«, »ruhig und heiter« zu bleiben, während die Menschheit im Weltkrieg versinkt. Diese subjektive Seite ist viel wichtiger als manche denken. Linke Positionen können so radikal sein wie sie wollen: Solange sie nicht von einer entsprechenden Haltung getragen werden, haben sie keine Chance gegen die inneren Gegner aller linken Projekte – Karriere und Coolness. Als wirksames Gegenmittel möchte ich im Vortrag vor allem die Briefe Rosa Luxemburgs empfehlen.

Robert Ziegelmann ist Fellow am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover. Er interessiert sich für die hegelianischen Grundlagen kritischer Gesellschaftstheorie und den Begriff der Utopie. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über den Protestantismus und die Dialektik der Verinnerlichung gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 06.07. AG FEMINISTISCHER STREIK KASSEL »Dort kämpfen, wo das Leben ist«. Oder: Wie weiter mit dem feministischen Streik?

Der Feministische Streik als Kampf gegen patriarchale Verhältnisse bringt in vielen Ländern (wie Spanien) tausende von Personen auf die Straße und zum Streiken. Wo steht die feministische Streikbewegung in Deutschland zurzeit und wann kommt hier (endlich) der große feministische Streik? Der Vortrag möchte diese Fragen beantworten und zeigen, wie die kapitalistische Abwertung von Sorgetätigkeit durch politische Streiks ins Wanken gebracht werden und wie eine queerfeministische Klassenpolitik in der Praxis aussehen kann.

Die AG Feministischer Streik Kassel verankert den feministischen Streikgedanken vor Ort in Kassel durch feministische Interventionen in Lohnarbeitskämpfe im Care-Bereich. Als Teil der bundesweiten feministischen Streikbewegung engagiert sich die Gruppe in der feministischen Vernetzung rund um den 8. März und über diesen hinaus. Momentan arbeitet sie an einem Buch zum feministischen Streik.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 22.06.! DOMINIK SAUERER „Falsch verbunden? Rechte Burschen und ihre Netzwerke“

In Bayern existiert ein Sammelsurium an Studentenverbindungen, die sich aus meist männlichen, rechtskonservativen bis rechtsnationalistischen Studierenden zusammensetzen. Mitglieder von Burschenschaften fallen nicht selten negativ durch gewaltbereite, rassistische, antisemitische und ähnliche Aussagen auf. Sie bilden eine Akademikerelite, die sich weitgehend unbeobachtet untereinander und mit extrem rechten Kräften wie der Identitären Bewegung, der AfD und deren Jugendorganisation vernetzt. Anfang des Jahres sorgte ein Duell zwischen einer Burschenschaft und einer Turnerschaft in Erlangen für mediale Aufmerksamkeit. Bei weitem kein Einzelfall, aber zwei Schwerverletzte demonstrierten ein weiteres Mal die männlich-soldatischen Vorstellungen auch der vermeintlich gemäßigten Verbindungen. Der Vortrag beleuchtet Ideologie, Strukturen und Mitglieder dieser Verbindungen.

Dominik Sauerer ist Historiker und war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FAU Erlangen-Nürnberg und der Goethe-Universität Frankfurt. Inzwischen arbeitet er journalistisch sowie in der politischen Bildung zur extremen Rechten.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Der Vortrag findet in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein für politische Bildung in Bayern e.V. statt.

Einlass unter Vorbehalt.