Archiv der Kategorie: Allgemein

Donnerstag, 15.06.2023 EWGENIY KASAKOW »Musik für einsame Nazifrauen«. Wie die musikalische Querfront den russischen Underground prägte

Angesichts des Krieges in der Ukraine wundern sich viele Beobachter*innen im Westen darüber, wie einträchtig Teile der russischen Linken und Rechten, die den Kriegskurs unterstützen, zusammenarbeiten. Die Geschichte der russischen Gegenkultur der 1990er und 2000er Jahre gibt Aufschlüsse darüber, wie sich jene ungewöhnlichen politischen Allianzen im russischen Untergrund bilden konnten, die sich heute auch im Mainstream etabliert haben.

Ewgeniy Kasakow wurde 1982 in Moskau geboren und hat Kulturgeschichte Osteuropas, Philosophie und Geschichte studiert, 2017 an der Universität Bremen promoviert und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven. Er schreibt u. a. für konkret, Jungle World, Osteuropa, Neues Deutschland, analyse & kritik, testcard, Lichtwolf und die Blätter für deutsche und internationale Politik.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 01.06.
CHRIS W. WILPERT Race, Class und Gender in Detroit Techno, Chicago House und New York Garage

Die Geschichte der elektronischen Tanzmusik ist in erster Linie eine Geschichte der Black Music, die aber nicht ohne Klassenverhältnisse, Gender und Sexualität zu denken ist: In Detroit hatte sich im Zuge des Fordismus eine schwarze Mittelschicht herausgebildet, die Anfang der 1980er-Jahre Techno erfand. Ihre maßgeblichen Einflüsse waren neben Disco und Funk aus einer Art Europhilie heraus Kraftwerk, Giorgio Moroder (»Euro Disco«) oder britische Synth-Musiker wie Gary Numan. Während Detroit Techno zuvorderst ein Phänomen der Mittelklasse war, die sich von den Kids aus dem »Ghetto« abheben wollte, entstand die Chicagoer House-Szene aus einer schwarzen Schwulenszene, die sich vor allem der homophoben »Disco Sucks«-Bewegung widersetzte. Die New Yorker Garage-Szene hatte ihre Ursprünge ebenfalls im schwarzen und hispanischen schwulen Disco Underground der späten 1970er, der sich mit Electro-Funk- und Avantgarde-Musiker*innen wie Arthur Russell oder Laurie Anderson verband. Aber erst im transatlantischen UK Garage und 2Step wurde die männliche Dominanz im Techno schließlich nennenswert gebrochen.

Chris W. Wilpert hat zusammen mit Jan-Niklas Jäger »Futuromania. Elektronische Träume von der Zukunft« (Ventil, Juni 2023) von Simon Reynolds übersetzt. Er ist geschäftsführender Redakteur der PROKLA und schreibt für Neues Deutschland, Jungle World und Phase 2. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über Leo Löwenthal und die Aktualität der Kritischen Theorie gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 25.05. SABINE SCHELER / DENNIS LANGE „Wie schaffe ich Erfahrungsräume? Liverollenspiele in der (politischen) Bildungsarbeit“

Das Bildungsliverollenspiel oder auch »educational Larp« ist eine innovative und interaktive Form des darstellenden Spiels, bei dem es keine externen Zuschauer*innen gibt. Die Teilnehmer*innen werden Teil der Handlung und beeinflussen den Ablauf des Geschehens durch ihre Aktionen und die Darstellung ihrer Rollen. Auf diese Weise kreieren sie ihre eigene Geschichte.

Das Bildungsliverollenspiel zeichnet sich durch das gemeinsame Erschaffen einer ansprechenden Erzählung aus. Auf diese Art werden Erlebniswelten geschaffen, in denen die Teilnehmenden Konfliktsituationen erfahren, sich ausprobieren und mit ihren Rollen experimentieren können, um Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen. Da sie in ihren geistigen, emotionalen und körperlichen Fähigkeiten gefordert werden, tritt eine ganzheitliche Lernerfahrung ein. Diese Erfahrung wird in einer angeschlossenen Reflexion auf die aktuelle Lebenswirklichkeit übertragen und gemeinsam ausgewertet. Der erlebnisorientierte Ansatz des Bildungsliverollenspiels spricht Menschen an, die klassische (politische) Bildungsangebote oft nicht erreichen.

Sabine Scheler und Dennis Lange sind Bildungsreferent*innen beim Verein Waldritter e.V.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag , 04.05.2023 ANDREI S. MARKOVITS Der Pass mein Zuhause. Aufgefangen in Wurzellosigkeit (Buchvorstellung)

In seiner bewegten Autobiografie reflektiert der jüdische Intellektuelle und US-Politologe Andrei S. Markovits die Strapazen der doppelten Emigration: aus Rumänien, wo er geboren wurde, nach Wien, wo er zur Schule ging, und von Wien nach New York, wo er studierte. Auf seiner Suche nach einer Heimat nimmt er uns mit auf eine Reise durch die Höhen und Tiefen Europas und Amerikas nach 1945. Für Markovits ist es gerade die Wurzellosigkeit, die ihm Trost, Beistand und Inspiration für sein Lebenswerk spendet. Ihn prägen aber auch seine Leidenschaft für Klassik und Rock, für Fußball, Baseball und Basketball und nicht zuletzt für Hunde und deren Rettung. Als Sozialwissenschaftler und Professor für Politik greift er immer wieder in Debatten in Deutschland ein, gleichwohl sein Verhältnis zu Deutschland, ausgehend von Fragen jüdischer Identität nach der Shoah, immer eine komplexe emotionale Beziehung geblieben ist.

Andrei S. Markovits veröffentlicht als Politikwissenschaftler und Soziologe zu Themen wie Gewerkschaften, Sozialdemokratie, die Neuen Sozialen Bewegungen, die Grünen, Antisemitismus, Anti-Amerikanismus, deutsch-jüdische Beziehungen und zu Männer- und Frauenfußball.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Der Vortrag findet in Kooperation mit der Petra-Kelly-Stiftung statt.

Donnerstag, 27.04.2023 TINE HAUBNER „Community Kapitalismus und die Kultur der Umsonstarbeit“

Der Kapitalismus steckt in einer ökonomischen, ökologischen, politischen und sozialen Krise, die sich zu einer Krise der sozialen Reproduktion verdichtet hat. Privatisierung und Deregulierung im Sozial- und Gesundheitssektor haben private und öffentliche Sorgekapazitäten erodieren lassen, auf die der Kapitalismus allerdings angewiesen ist. Gegen die Krise der Reproduktion setzt er neuerdings auf »Gemeinschaft« und »Community«. Die Bundesregierung bewirbt Konzepte »sorgender Gemeinschaften« und die »Bürgerkommune« gilt als Zukunftsmodell. Freiwilliges Engagement und Sharing-Economy-Projekte florieren. Daran wird vor allem eines deutlich: Der Kapitalismus kann auf unbezahlte Arbeit nicht verzichten, und je weniger sie selbstverständlich im Privathaushalt und eingebettet in die entsprechende Geschlechterordnung erbracht wird, desto deutlicher wird ihre Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist die Entstehung des Community-Kapitalismus zu beobachten, dessen politische und moralische Ökonomie sich durch eine »Verzivilgesellschaftlichung der sozialen Frage« und die Verknüpfung von nicht regulär entlohnter Arbeit und Gemeinschaftspolitik auszeichnet.

Tine Haubner ist Soziologin am Jenaer Institut für Soziologie und forscht und lehrt zu Arbeit, Sozialstaat und Ungleichheit. Aktuell leitet sie ein Forschungsprojekt, das sich mit Armut in ländlichen Räumen in Ost- und Westdeutschland befasst.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 20.04. Semester Warm-Up und Doku „Deutsche Pop Zustände – Eine Geschichte rechter Musik“

Zum warm werden mit dem neuen Semester und – gerne auch zum Kennenlernen der freien uni bamberg – starten wir mit einem popkulturellen Barabend ins neue Semester. Kommt vorbei!

Wir werden gemeinsam die Doku von Dietmar Post und Lucia Palacios „Deutsche Pop Zustände – Eine Geschichte rechter Musik“ (Deutsch, mit engl. Untertitel) ansehen. Der Film behandelt das Zusammenspiel von Popkultur und rechter Ideologie seit den späten 1970er Jahren.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

VERANSTALTUNGSANKÜNDIGUNG – DONNERSTAG, 04.05.2023 ANDREI S. MARKOVITS: DER PASS MEIN ZUHAUSE. AUFGEFANGEN IN WURZELLOSIGKEIT.

In seiner bewegten Autobiografie reflektiert der jüdische Intellektuelle und US-Politologe Andrei S. Markovits die Strapazen der doppelten Emigration: aus Rumänien, wo er geboren wurde, nach Wien, wo er zur Schule ging, und von Wien nach New York, wo er studierte. Auf seiner Suche nach einer Heimat nimmt er uns mit auf eine Reise durch die Höhen und Tiefen Europas und Amerikas nach 1945. Für Markovits ist es gerade die Wurzellosigkeit, die ihm Trost, Beistand und Inspiration für sein Lebenswerk spendet. Ihn prägen aber auch seine Leidenschaft für Klassik und Rock, für Fußball, Baseball und Basketball und nicht zuletzt für Hunde und deren Rettung. Als Sozialwissenschaftler und Professor für Politik greift er immer wieder in Debatten in Deutschland ein, gleichwohl sein Verhältnis zu Deutschland, ausgehend von Fragen jüdischer Identität nach der Shoah, immer eine komplexe emotionale Beziehung geblieben ist.

Andrei S. Markovits veröffentlicht als Politikwissenschaftler und Soziologe zu Themen wie Gewerkschaften, Sozialdemokratie, die Neuen Sozialen Bewegungen, die Grünen, Antisemitismus, Anti-Amerikanismus, deutsch-jüdische Beziehungen und zu Männer- und Frauenfußball.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Der Vortrag findet in Kooperation mit der Petra-Kelly-Stiftung statt.

Donnerstag, 02.02.2023 ANASTASIA TIKHOMIROVA: Russischer Imperialismus

Am 24. Februar 2022 marschierte die russische Armee in die Ukraine ein. Der Krieg, der im Osten der Ukraine schon seit 2014 nicht enden will, hast sich damit zu einem schonungslosen Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine und ihre Bürger*innen ausgeweitet. In Sachen Angriffskrieg besitzt Russland bereits Erfahrung: die Tschetschenienkriege 1994 und 1999, der Georgienkrieg 2008 und der Militäreinsatz in Syrien 2015 dienten als Blaupause für die Invasion in der Ukraine. Doch auch heute noch gelingt es zahlreichen westlichen Politiker*innen nicht, die Beweggründe für diesen Krieg richtig zu erfassen und ihn als das zu begreifen, was er ist: eine besonders aggressive Form des russischen Imperialismus und Neokolonialismus. Stattdessen wird über Putins mentalen Gesundheitszustand und die Osterweiterung der NATO diskutiert, der die vermeintlich antiimperialistische westliche Deutung dieses Krieges eine Mitschuld einräumen will. Dabei wäre für eine konsequent antiimperialistische Haltung gerade jetzt eine Auseinandersetzung mit der russischen Geschichte und ihrer kolonialen Kontinuität vor und nach dem Zerfall der Sowjetunion, unabdingbar (die bis vor deren Gründung zurückreicht), um die Frage nach den ideologischen Hintergründen des Angriffskriegs beantworten zu können.

Anastasia Tikhomirova ist freie Journalistin, taz-Lab-Redakteurin und IJP-Stipendiatin. 2021 hat sie als Gastredakteurin bei der russischen oppositionellen Zeitung Novaya Gazeta gearbeitet

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei