Donnerstag, 26.01.2023 JULIA INGOLD / ZARA ZERBE: Hexen Flexen. Der neue Hype um antikapitalistische Magie

»Dass sich neuerdings immer mehr Leute zum Hexentum bekennen, hat sicher auch damit zu tun, dass die unleugbare Klimakatastrophe das Ansehen und die Autorität der Technikgesellschaft und unsere gewohnten Kategorien, von dem, was vernünftig und was irrational ist, infrage stellt«, schreibt Mona Chollet. Ihr Buch »Hexen – Die unbesiegte Macht der Frauen« ist eines der stärksten feministischen Manifeste der letzten Jahre. Die Medienwissenschaftlerin Véronique Sina bot kürzlich ein Seminar zum queer-feministischen Potenzial der Hexenfigur an. Auf Instagram sammeln sich intersektionale Feminist*innen unter dem Hashtag #hexthepatriarchy, um über die jüngsten verheerenden Einschränkungen der Reproduktionsrechte in den USA zu diskutieren und Widerstand zu organisieren. Charlotte Brandi singt in der Hook von Sookees Track »Who Cares« in der Rolle der Frau, die die Schnauze voll hat von der Hausarbeit: »Und ich steig auf meinen Besen und fliege davon«. Das sind nur wenige Beispiele, die zeigen: Es gibt einen politischen Hype um die Hexe. Uns interessiert sie nicht nur als Symbol der weiblichen Selbstermächtigung und unter dem Hashtag #witchesagainstfascism, sondern als Denkfigur für eine Überwindung von Kapitalismus und Herrschaftssystemen, die, wie Chollet schreibt, »unsere gewohnten Kategorien, von dem, was vernünftig und was irrational ist, infrage stellen.« Wir wollen über alte und erfundene Formen der Hexerei in einem historisch-materialistischen Sinne spekulieren, um herauszufinden, ob dieser Hype über Spiel und Symbol hinausgeht.

Julia Ingold ist Literaturwissenschaftlerin an der Uni Bamberg, hat über Else Lasker-Schüler promoviert und beschäftigt sich mit Comics, Popmusik und Literaturtheorie.

Zara Zerbe ist Schriftstellerin und interessiert sich für Pflanzen, Popkultur, Gegenwart und die Abgründe dahinter.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 19.01.2023 MARION SCHMID: Vom Suchen und Finden. FLINTA+s in der Popkultur?

Popkultur, Popmusik kann so viel sein: frisch, interessant, divers, inklusiv … Die Popkulturbranche gibt sich gerne fortschrittlich, aufgeklärt und progressiv. Aber Vielfalt suchen wir meist vergeblich, wenn wir uns die Musiklandschaft genauer anschauen. In vielen Fällen ist sie weiß, cis-männlich, akademisch, abled. Das erkennen wir, wenn wir die Line-ups von Festivals und das Booking von Konzert-Locations betrachten. Wir müssen uns bewusst(er) machen, dass die Musikindustrie Vorbilder produziert und darüber entscheidet, wer bewundert wird, wer das Mikro in der Hand hat, wer Gehör findet und wer eine Bühne bekommt. Wer sitzt in den Entscheidungspositionen, wer sind die Förder*innen und Programm-Macher*innen – oder doch eher Macher? Wo finden wir überhaupt FLINTA+ Personen in der Musiklandschaft? Wessen Interessen werden dort vertreten oder eben nicht? Und was muss passieren, damit die Popkultur wirklich so divers und inklusiv wird, wie sie es sein könnte und sollte?

Marion Schmid (sie/ihr) arbeitet hauptberuflich zu Popkultureller Bildung und freiberuflich zu Sozialer Nachhaltigkeit. Außerdem ist sie aktiv u.a. als Veranstaltende bei Kollektiven wie Micro Wave Music e.V. und musicBYwomen*, arbeitet als Nachhaltigkeitsberaterin für Kultur und Medien und gibt Workshops zum Thema »Awareness«.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 12.01.2023 SIMONA LEYZEROVICH (@zimoshka) Wir sollten mehr über Künstlerinnen sprechen

Was sind die Herausforderungen des Künstlerinnendaseins und wie werden diese überwunden? Was können wir als Gesellschaft tun, um den Widerstand der Frauen im Kunstbetrieb zu unterstützen? Eine Betrachtung der Geschichte und der Zukunft der Kunst.

Simona Leyzerovich (@zimoshka) ist Künstlerin und Designerin. Sie beschäftigt sich mit Kollektivität, Digitalität, Sound, Gefühlen und Politik. Sie ist 2002 mit ihrer Familie aus Sankt Petersburg (Russland) nach Deutschland migriert. Als queere Migrantin mit jüdischen Wurzeln, die in Armut aufgewachsen ist, hat sie Erfahrungen der Mehrfachdiskriminierung. Sie spricht gerne über Antirassismus, Queer-Feminismus, Antikapitalismus und Kunst.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 15.12.2022 FELIX MÜLLER „Die Partei kämpft wie ein Mann. »Männlichkeit« in der KPD der 1920er Jahre“

Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war in den 1920er Jahren politisch auf die Industriearbeiterschaft fixiert. Mit ihr ging das Idealbild des »kommunistischen Mannes« einher, der gestählt, fleißig, arbeitsam und belastbar ist. Im Konzept »der Politik der Straße« verherrlichte die KPD Disziplin, Entschlossenheit, Militanz und Härte als »männliche« Tugenden. Die Teilnahme von Frauen an den öffentlichen Zurschaustellungen von Kampfbereitschaft war hingegen nicht erwünscht. Und obwohl die KPD von allen Parteien der Weimarer Republik die radikalsten frauenpolitischen Forderungen vertrat, schrieb sie auf diese Weise – und jenseits des eigentlichen Parteiprogramms – die geschlechterhierarchische Kontinuität der bestehenden Gesellschaft fort, anstatt sie zu revolutionieren.

Felix Müller hat Geschichte und Politikwissenschaft in Bamberg und Jena studiert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der europäischen Zwischenkriegszeit, der Weimarer Republik und der Intellektuellengeschichte.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 08.12.2022 Sevi Meier „Thomas Bernhard – Gegen die Tatsachen Existieren“

Als Thomas Bernhard 1931 als ungewolltes Kind das Licht der österreichisch-katholischen Welt erblickte, steuerte diese mit dem herannahenden Nationalsozialismus ihrem vorläufigen geistigen Tiefpunkt zu. Durch sein Schreiben versuchte er sich aus den Erfahrungen seiner Epoche zu lösen und entwickelte dabei einen unverkennbaren literarischen Stil. Bernhard rieb sich an den immer gleichen Widersprüchen einer unerträglichen Realität und wurde so zur Ikone für alle Grantler*innen und zum öffentlichen Störenfried, der zur Hassfigur der Heimattreuen avancierte. Schon deshalb lohnt sich ein Blick auf Bernhard und sein Werk, das in ausgewählten Textpassagen vorgestellt werden soll.

Sevi Meier hat in Bamberg Berufliche Bildung / Sozialpädagogik studiert und freut sich darauf, im Anschluss an den Vortrag ein Rauchbier mit bekannten und (noch) unbekannten Gesichtern zu trinken.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 24.11.2022 JONAS KRUTHOFF „Was ist die islamistische Rechte?“

Sicherheitsbehörden unterteilen ihre Untersuchungsfelder in Linksextremismus, Rechtsextremismus und Islamismus. Diese Kategorien werden weitgehend von Politik und Wissenschaft akzeptiert und meist – unter gewissen inhaltlichen Vorbehalten – auch von den Linken übernommen. Der Vortrag möchte zeigen, dass sich IslamistInnen genauso auf einer politischen Skala verorten lassen wie andere politische Akteur*innen. Nicht nur in ihrer Struktur ähneln viele islamistische Organisationen denen der europäischen Rechten, auch inhaltlich finden sich zahlreiche Überschneidungen: die Ablehnung der Vernunft, die Einrichtung der Welt entlang einer natürlichen bzw. gottgewollten Ordnung sowie Frauen- und LGBTQ-Feindlichkeit. Das alles gehört auch zum Programm der politischen Rechten.

Jonas Kruthoff studiert Sozial- und Politikwissenschaften in Marburg und arbeitet seit mehreren Jahren zum Islamismus in Deutschland.


Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 17.11.2022 BÜNDNIS GEGEN DAS VERGESSEN: Der Mord an Klaus-Peter Beer

Am 07. September 1995 wurde Klaus-Peter Beer in Amberg von zwei Neonazis ermordet. Der Grund für seinen Tod war einzig und alleine, dass er aufgrund seiner Homosexualität nicht in das faschistische Weltbild seiner Mörder passte. Während der Mord an Beer bundesweit Schlagzeilen machte, wurde die Tat in Amberg verschwiegen und verdrängt. Von offizieller Seite wurde das Gedenken an Klaus-Peter Beer durch antifaschistische Initiativen lange ignoriert. Erst in letzter Zeit hat sich dies infolge anhaltender Proteste langsam geändert. 2020 – 25 Jahre nach der Tat – wurde Klaus-Peter Beer endlich als Opfer rechter Gewalt anerkannt und ein Gedenkstein in der Nähe des Tatorts errichtet.

Wir zeigen den Film »Tödliche Begegnungen – Das Leben des Klaus-Peter Beer« von Gabriele Jenk, der die Lebensgeschichte von Klaus-Peter Beer schildert. Im Anschluss präsentiert das Bündnis gegen das Vergessen die Broschüre »In Gedenken an Klaus-Peter Beer – Neonazistische Gewalt und antifaschistisches Erinnern in Amberg«.

Das Bündnis gegen das Vergessen ist ein Zusammenschluss antifaschistischer Initiativen, Gruppen, Vereine, Gewerkschaften und Einzelpersonen und engagiert sich gegen neonazistische Aktivitäten in Amberg sowie für ein würdiges Gedenken an Klaus-Peter Beer.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Uhr Eintritt: frei

Mittwoch, 02.11.2022 MICHAEL MIEßNER: Das Kapital und das Land. Zur ungleichen Entwicklung ländlicher Räume

Ländliche Räume sind wieder »hip«. Nicht selten werden sie als Gegensatz zu den Städten angesehen. Zugleich sind ländliche Räume im Kapitalismus durch zahlreiche Ungleichheiten und eine ungleiche Entwicklung geprägt, die zur Trennung zwischen Stadt und Land führt. Diese allgemeinen Tendenzen und ihre sozialen Konsequenzen beleuchtet der Vortrag am Beispiel der ungleichen Immobilieninvestitionen in Stadt und Land.

Michael Mießner ist Juniorprofessor für Wirtschaftsgeographie an der Universität Trier und forscht zu räumlich ungleicher Entwicklung, Gentrifizierung sowie zu Raumplanung.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 27.10.2022 LISA PYCHLAU-EZLI: Wer darf in die Villa Kunterbunt? Rassismus in Kinderbüchern

Wer kennt sie nicht, die »zehn kleinen N-lein«? Die Geschichte von zehn kleinen, als Schwarz markierten Figuren, die der Reihe nach zu Tode kommen, sollte der Unterhaltung von (weißen) Kindern dienen. Selbst wenn Text und Melodie des Zählreims heute nicht mehr so stark rezipiert werden, sind sie fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Auch in zahlreichen Comicreihen und vielen Klassikern der deutschen Kinderliteratur werden Schwarze Figuren aus einem weißen Blickwinkel dargestellt und auf viele verschiedene Weisen abgewertet. Wie ein roter Faden zieht sich Rassismus durch das Genre der Kinderliteratur. Selbst in beliebten Kinderbüchern von heute ist er noch zu finden. Doch warum ist das so? Was zählt überhaupt als rassistisch, welche Funktion erfüllt Rassismus in Kinderbüchern und wie ist mit ihm umzugehen? Und: Wenn Verlage die Publikation von Kinderbüchern zurückziehen, ist das dann Antirassismus oder cancel culture?

Dr. Lisa Pychlau-Ezli ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Intersektionalität und Semiologie. Sie hat drei Kinder, in deren Büchern sie erschreckend viele Rassismen erkennt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Uhr Eintritt: frei

Maske tragen ist sehr sinnvoll, aber freiwillig.