ARMIN DUSKE: Komplexität und die Fähigkeit der Welt zur Selbstorganisation Seit dem Entstehen der Welt ist sie zunehmend komplexer geworden. Strukturen entstanden, z. B. Sonnen, Planeten und Galaxien. Diese sind aus vielen Arten von Atomen und Molekülen aufgebaut, die ihrerseits erst entstehen mussten und aus denen wiederum Leben und schließlich Bewusstsein hervorgegangen ist. Letzteres erlaubt es der Welt sogar, sich selbst wahrzunehmen. Hier tritt eine Eigenschaft zutage, die wir Selbstorganisation nennen. Der Vortrag möchte einige Prinzipien vorstellen, durch die Selbstorganisation funktioniert und sich aus einfachen Strukturen immer komplexere entwickeln. Ebenso lässt sich an Beispielen zeigen, wie komplexe Systeme eine unerwartete Eigendynamik entwickeln können. Die dargestellten Prinzipien werden anhand von Computersimulationen anschaulich gemacht. Armin Duske ist Computertechniker bei der Wirtschaftsinformatik in Bamberg. Er beschäftigt sich nebenbei schon lange mit naturwissenschaftlichen, insbesondere physikalischen Themen. Eigenschaften komplexer Systeme – auch im Kontext von Computersimulationen – gehören zu seinen Interessensgebieten. Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg) Beginn: 20:00 Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 12.05.2015: ANDREAS KALLERT: Der NSU und die Staatsraison
»Es dürfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden, die ein Regierungshandeln unterminieren« (Staatssekretär Fritsche vor dem NSU-Untersuchungsausschuss). Der Verfassungsschützer und V-Mann-Führer Temme hält sich 2006 während eines Mordes des NSU am Tatort in Kassel auf. In der Folge verstrickt er sich als Beschuldigter – gedeckt von seinen hessischen Vorgesetzten – in massive Widersprüche und Lügen. Auch nach der Selbstenttarnung des NSU 2011 ändert Temme sein restriktives Aussageverhalten vor Untersuchungsausschüssen sowie dem Münchener NSU-Prozess nicht. Diese »Kassler Problematik« nährt ungeheuerliche Zweifel an der Rolle der »Sicherheitsbehörden«: Sehen sie die Verfassung dadurch geschützt, dass sie eine rassistische Mordserie an ihren Bürger_innen decken? Wie verhalten sich das Vertrauen in den Rechtsstaat und das Staatswohl zu Merkels Versprechen der lückenlosen Aufklärung? Was sind die Konsequenzen für die Täter_innen und »Sicherheitsorgane«? Spätestens Thüringens Festhalten an der V-Mann-/Frau-Praxis unter Rot-Rot verdeutlicht: Die Salamitaktik rund um den NSU-Skandal geht auf und am Ende siegt die Staatsraison. Andreas Kallert hat (zusammen mit Vincent Gengnagel) den NSU in der Freien Uni schon mehrfach thematisiert. Nicht nur angesichts der gesellschaftlichen Verharmlosung des rechten Terrors in Deutschland hält er eine kritische Diskussion rund um den NSU-Komplex nach wie vor für dringend notwendig. Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg) Beginn: 20:00 Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 05.05.2016: CHRISTIAN WERTHSCHULTE: Schreiben, was ist ‒ auch wenn man nicht dabei war. Die Leerstellen der Kölner Silvesternacht und wie sie rassistisch gefüllt wurden
Die Silvesternacht 2015 am Kölner Hauptbahnhof markiert eine Zäsur in Migrations-Diskurs und -Politik. Ihre Signifikanz steht jedoch im Widerspruch zu den Informationen über die tatsächlichen Ereignisse, die auch Monate später immer noch lückenhaft sind: Über die Täter sind sie vom Ermittlungsstand abhängig; aus den Polizei- und Sicherheitsapparaten gelangen sie nur langsam und interessengeleitet an die Öffentlichkeit. Die so entstehenden Leerstellen werden seit dem Beginn der Berichte in erster Linie rassistisch gefüllt. Die Stimmen der Opfer werden dabei marginalisiert, ebenso wie die Einwände von Vereinen und Organisationen, die schon lange gegen sexualisierte Gewalt aktiv sind. Dieser Vortrag möchte zum einen die Ereignisse der Silvesternacht kurz rekonstruieren und zum anderen fragen, mit welchen Stereotypen und Mechanismen die Leerstellen gefüllt wurden.
Christian Werthschulte arbeitet als Politikredakteur bei der Kölner StadtRevue. Zuletzt hat er in der Freien Uni über die britischen Riots gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 21.04.2016: SEVI MEIER: Zur Legitimität des Gefängnisses
Anschließend an den Vortrag der Gruppe Knas[] im letzten Semester, der eine Kritik am Gefängnis über die Analyse der Ersatzfreiheitsstrafe entwickelte, sollen nun jene ideologischen Beschaffenheiten ermittelt werden, die die Existenz des Gefängnisses begünstigen. Wie sich mithilfe von Foucault zeigt, kann sich die Institution zur Rechtfertigung ihrer Existenz nicht auf das Erreichen ihrer intendierten Wirkungen (Schutz der Gesellschaft, Herstellung von Gerechtigkeit etc.) berufen. Das Gefängnis trotzt jeglicher Empirie und bleibt gegen Kritik immun. Zu seiner Aufrechterhaltung benötigt es ideologische Grundlagen, die Menschen dazu verleiten, anderen die Freiheit zu entziehen und sie der Perspektivlosigkeit auszusetzen.
Sevi Meier studiert Berufliche Bildung/Sozialpädagogik und gehört seit nunmehr drei Jahren den coolen Kids der freien uni bamberg an. Zuletzt hat er dort über die zapatistische Revolution in Mexiko gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zw. Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 14.04.2016: ANJA GREGOR: Intergeschlechtliche Biographien: Pathologisierung, Tabuisierung, Emanzipation

Inter*Menschen, so haben biographische Interviews gezeigt, erleben die Interaktion mit medizinischem Personal verschiedentlich als Fremdbestimmung und »Enteignung ihres Körpers«. Aber sie finden auch Mittel und Wege, sich von dieser Kontrolle zu emanzipieren. Der Vortrag dokumentiert ihre Pathologisierung und Zurichtung und beschreibt individuelle Wege, sich aus der medizinischen Kontrolle ihrer Körper und ihrer Geschlechtlichkeit zu lösen, um sie sich selbstbewusst wieder anzueignen. Ein angemessener medizinischer Umgang mit inter* Menschen könnte dabei vor allem in Anlehnung an die »community accountability« entwickelt werden, die abschließend zur Diskussion gestellt werden soll.
Anja Gregor arbeitet am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Neues Semester, neues Programm!
fub presents: Donnerstag, 16. Juli 2015. ERIKA WEHLING-PANGERL. Der deutsche Imperialismus auf den heutigen Schlachtfeldern
Spielt der deutsche Imperialismus, der zwei Weltkriege angezettelt hat, heute eine kleinere Rolle? Ist die BRD gar ein Vasall des US-Imperialismus? Diesen gängigen Ansichten ist entgegenzusetzen, dass das um die annektierte DDR vergrößerte imperialistische Deutschland unter den Großmächten eine nicht gerade harmlose Rolle spielt. An der besonderen Aggressivität des deutschen Imperialismus hat sich nichts geändert. Aber was steckt hinter dem manchmal „friedlichen“ Gesicht der Bundesregierung (siehe z. B. Irak und Libyen)? Welche Bedeutung haben überhaupt die Widersprüche zu den anderen imperialistischen Mächten? Welche Optionen hat das deutsche Kapital, um bei der Neuaufteilung der Welt nicht zu kurz zu kommen? Und wie spiegeln sich diese in der Politik wider? Schließlich drängt sich die Frage auf: Sind Faschismus und ein Weltkrieg wieder möglich?
Erika Wehling-Pangerl arbeitet seit 1970 bei der Kommunistischen Arbeiterzeitung (KAZ) mit. Im Mai 2009 referierte sie auf der Konferenz „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ über die Entwicklung der deutschen Bourgeoisie seit dem Bauernkrieg.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Uhrzeit: 20h ct
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 09. Juli 2015 LEO ROEPERT. „Trash“ – Über das Schicksal des Gebrauchswerts in der postmodernen Kultur
Der Reichtum der Gesellschaften, in denen nach wie vor kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als ein Haufen Müll. Und das nicht nur, weil der Abfallausstoß in einer von Massenkonsum geprägten „Wegwerfgesellschaft“ zunimmt; vielmehr scheint vielen Waren der Gebrauchswert überhaupt abhanden gekommen zu sein. Diese bereits seit längerem zu beobachtende Entwicklung hin zu einer „nutzlosen Welt“ (W. Pohrt) hat heute eine neue Qualität erreicht. Im Bereich der Kultur legt der weit verbreitete und oftmals von einer ironischen Haltung begleitete Konsum „eigentlich“ als minderwertig erkannter Inhalte (bis hin zu ihrer freimütigen Betitelung als „Trash“) Zeugnis davon ab. In nur scheinbarem Gegensatz dazu steht das Bedürfnis nach authentischen Erfahrungen und echten Gebrauchswerten. Im Vortrag soll der Versuch einer Phänomenologie und kritischen Analyse der „Trash“-Kultur unternommen werden. Dabei soll es nicht zuletzt um die Frage gehen, was dieser Entwicklung politisch, vor allem aber auch ästhetisch-kulturell entgegenzusetzen wäre.
Leo Roepert studierte Soziologie und Theater- und Medienwissenschaften in Erlangen. Zurzeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der FAU Erlangen-Nürnberg.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Uhrzeit: 20h ct
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 02. Juli 2015 MATTHIAS FUCHS & PHILIP JACOBI. Fuck me for the Revolution! Praktiken der Transgression und Subversion im queeren Alternative Porn
Alternative Porn bricht oftmals gesellschaftliche Tabus und unterwandert so über transgressive Praktiken eine Entpolitisierung gleichgeschlechtlichen Begehrens: Das vermeintlich Perverse wird zurück in den Mittelpunkt gezerrt. Beispiele alternativer Pornographie machen deutlich, wie abweichende sexuelle Praktiken der heteronormativen Vorstellung von Sexualität in der Mainstreampornographie entgegenwirken können. So macht beispielsweise der kanadische Filmemacher Bruce LaBruce in seinem Film L.A. Zombie (2010) zombiehafte Pornodarsteller und klaffende Wunden zu Objekten der Begierde.
Dr. des. Philip Jacobi hat Amerikanistik und Japanologie an der LMU München, sowie Englische Literaturwissenschaft, Englische Kulturwissenschaft und Psychologie an der Universität Passau studiert. 2013 wurde er in Englischer Literaturwissenschaft promoviert.
Matthias Fuchs, M.A. hat Staatswissenschaften an der Universität Passau und Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg studiert. Er ist Kollegiat am Graduiertenkolleg „Automatismen. Kulturtechniken zur Reduktion von Komplexität“ an der Universität Paderborn und promoviert zum Thema „Die Normalisierung nichtheterosexueller Subjektivitäten in Massenprintmedien“.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Uhrzeit: 20h ct
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 25. Juni 2015 FRIEDER OTTO WOLF Wie kann eine Aktualisierung Althussers heute aussehen?
Der Referent und Herausgeber von Althusser Schriften möchte der Frage nachgehen, worin der Aktualisierungsbedarf und die Aktualisierungsmöglichkeiten liegen, die man in den folgenden drei Werken von Althusser finden kann: „Für Marx“, „Das Kapital lesen“, „Über die Reproduktion der Produktionsverhältnisse“. Unterscheiden möchte er dabei zwischen Althussers historischen Schranken, dem nicht voll entfalteten Potenzial seiner philosophischen Eingriffe und dem, was daran anschließend und eben doch darüber hinaus heute philosophisch zu tun bleibt.
Frieder Otto Wolf, geboren 1943 in Kiel, studierte Philosophie und Politikwissenschaft in Kiel, Paris und Edinburgh; es folgte eine Tätigkeit im Europäischen Parlament. Seit 2006 ist er Honorarprofessor für Philosophie an der Freien Uni Berlin.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Uhrzeit: 20h ct
Eintritt: frei
fub presents: Dein Doppelspezial. Do. 18. & Fr. 19 Juni. Mocker & Nisly. Ost-Ukraine & Critical-Human-Animal-Studies
Donnerstag, 18.06.2015
MARIUS MOCKER
„Von Wladiwostock bis nach Lissabon“ – Über die ideologischen Dimensionen des Konflikts in der Ost-Ukraine
In der (deutschen) Restlinken weckte der Konflikt im Osten der Ukraine bereits vor seinem Ausbruch im Jahr 2014 das Bedürfnis nach Identifikation. Die Suche nach der „richtigen Seite“ währte nicht lange, war doch deutlich, dass der „Euromaidan“ auch eine Plattform für offen faschistische Gruppen und Parteien bot. Nicht nur die Tageszeitung „junge Welt“ freute sich, ganz nach altem Dogma, die PR-Abteilung der politischen Klasse Russlands zu verstärken. Der Aggressor wurde in der sog. Kiewer „Junta“ ausgemacht, während klar war: „Putin will Frieden“ (jW, 04.09.2014). Offenbar hat man noch ideologische Versatzstücke aus der Sowjetzeit verinnerlicht: Eine prinzipiell heterogene Gruppe wird zu einer homogen faschistischen Gruppe deklariert, die einen Völkermord plane (Kiew habe „Befehle zur totalen Vernichtung russischsprachiger Bürger in der Donezker und Lugansker Republik erteilt“, Stimme Russlands, 29.09.2014). Gleichzeitig wird der Virulenz antisemitischer und traditionalistischer Propaganda auch in der KPRF und dem direkten Einwirken der neuen Rechten auf die politische Klasse Russlands mit Ignoranz begegnet.
Marius Mocker ist als freier Referent tätig. Er lebt, arbeitet und studiert in Leipzig. Sowohl im Rahmen diverser Vorträge als auch journalistischer Wortmeldungen befasst er sich mit aktuellen kulturellen und politischen Debatten und Phänomenen.
Freitag, 19.06.2015
JADON NISLY
„What’s so Critical About Critical-Human-Animal-Studies?“
Tiere als Akteure in den (Post) Humanities
Können Tiere handeln? Kann Forschung kritisch sein, ohne einen Zugang zu den Stimmen der Betroffenen zu haben? Die Human-Animal-Studies (HAS) sind zurzeit im Trend. Diese und ähnliche Fragen beschäftigen Wissenschaftler_innen aus verschiedensten Geistes- und Sozialwissenschaften an neu gegründeten Lehrstühlen und in Arbeitskreisen, Studienkollegen und Zeitschriften. Die Tiergeschichte ist dabei ebenso wie die Arbeiter-, Frauen-, Sklaven- oder Kolonialgeschichte aus einer politischen Bewegung gegen Unterdrückung entstanden.
Nach ihrem einflussreichen feministischen Text „A Cyborg Manifesto“ (1985) lieferte die Biologiehistorikerin Donna Haraway mit „The Companion Species Manifesto“ (2003) einen grundlegenden Text für die HAS. Im Gegensatz zu den oben genannten Teilbereichen der Geschichte, in denen die Unterdrückten aktiv ihre Stimme erheben können, gibt es keinerlei Selbstzeugnisse von Tieren. Haraway, Bruno Latour und die heutige Tierethologie liefern Ansätze, wie man trotzdem versuchen kann, Tiere als (historische) Akteure wahrzunehmen.
Jadon Nisly hat BA Geschichte in der Nähe von Chicago studiert und 2014 MA Europäische Ethnologie in Bamberg abgeschlossen. In seiner Masterarbeit befasste er sich mit der Mensch-Tier-Beziehung, der Tierhaltung und der Aufklärung.
Uhrzeit: 20h ct
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 04.06.2015 BETTINA WILPERT This Is What Makes Us Girls: Prekarisierung und Selbstoptimierung in der Kulturindustrie am Beispiel der Serien Girls und Broad City
„I want to be the voice of a generation. Or maybe a voice of a generation.“ Was die Figur Hannah Horvath in der ersten Folge von Girls proklamiert, hat die Regisseurin, Schauspielerin und Schriftstellerin Lena Dunham geschafft: Ihre Serie stellt die Generation der weißen, jungen Frau dar, die bevorzugt als Wissenschaftlerin oder in Kreativjobs in der Großstadt arbeitet und die Selbstoptimierung im Postfordismus verinnerlicht hat. Die fast zeitgleich ausgestrahlten amerikanischen Serien Girls und Broad City handeln jeweils von jungen jüdischen Frauen in New York in ihren Zwanzigern. Anhand des Bilds des „Jungen-Mädchens“ (Tiqqun) soll die Tendenz der Feminisierung von Arbeit und die Kolonisierung aller Lebensbereiche durch den Kapitalismus analysiert werden. Der Vortrag untersucht, inwieweit Geschlecht und Klasse im Kapitalismus eine Rolle spielen. Außerdem geht es um nichts weniger als Freundschaft, Kollektivität und das „Individuum in seiner Einsamkeit“. Keine Sorge: Es gibt genug Filmbeispiele und die einschlägigen Theoretiker*innen wie Adorno, Federici usw. werden auch nicht fehlen.
Bettina Wilpert studierte Kulturwissenschaft und Anglistik/Amerikanistik in Potsdam und Berlin. Seit 2013 ist sie Studentin am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie ist Teilnehmerin der Schreibwerkstatt der Jürgen-Ponto-Stiftung in Herrenhaus Edenkoben 2015 und schreibt für Missy Magazine, Outside the Box und testcard. Wenn sie keine Serien schaut, hört sie Musik oder prokrastiniert.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Uhrzeit: 20h c.t.
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 28. Mai 2015 JOHANNES OEHME „Der Erdenwunder schönstes war die Mauer“ – Peter Hacks und der Staatshumanismus
Woher kommt und wohin führt linke und weniger linke Staatsverachtung? Stammt die fixe Idee einer „Revolution gegen den Staat“ von Karl Marx oder doch eher von Eugen Dühring? Was nützt der Staatshumanismus von Goethe, Hegel, Marx und Hacks gegen romantische Erweckungsbewegungen von 1813 bis 1989 und danach? Statt des Vorwurfs, die DDR sei zuviel Staat gewesen, könnte man auch die Gegenposition vertreten und behaupten, dass sie nicht Staat genug war. Was haben Wolf Biermann, Heiner Müller, Franz Fühmann und Markus Wolf mit der „Zerstörung der Vernunft“ (G. Lukács) und somit der Zerstörung der DDR zu tun? Und warum konnte der „Salonbolschewist“, „Fürstenknecht“ und „Totalitarist“ Hacks auch in den Niederungen der Nachwendezeit so erlesene wie nützliche Dramen, Gedichte und Essays hervorbringen? Der Vortrag umreißt mit Hilfe ausgewählter Zitate die politischen Grundpositionen von Peter Hacks.
Johannes Oehme ist Student der Philosophie und Geschichte an der FU Berlin, Mitglied der Peter-Hacks-Gesellschaft und des „Unentdecktes Land“ e.V. Außerdem ist er Herausgeber der Reihe „Analysen zum deutschen Imperialismus“ (edition ost).
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Uhrzeit: 20h c.t.
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 14.05.2015 MARCO BONAVENA & JOHANNES HAUER: Die Grenzen der Schrumpfung
In den letzten Jahren wurden viele Illusionen über den Kapitalismus auf schmerzhafte Weise zerstört: Die Weltwirtschaft steckt in der Krise, der Abbau von Sozialsystemen und die Verschärfung von Konkurrenz und Verelendung sind die Folge. Es mehren sich Stimmen, die nach Alternativen zum Kapitalismus fragen, unter ihnen auch die zusehends populärer werdende Idee einer Postwachstumsökonomie. Um sie soll es gehen: Wir wollen zeigen, dass die Vertreter_innen von „Degrowth“ keine überzeugenden Antworten auf die drängenden Probleme der bürgerlichen Gesellschaft finden können und warum das so ist – weil sie keines der grundlegenden Verhältnisse dieser Gesellschaft in Frage stellen. In Abgrenzung zur Empörung über die Dominanz des „Wachstumsdenkens“ in unserer Gesellschaft wollen wir den Zusammenhang von sozialökologischer Katastrophe und kapitalistischer Akkumulation in Ansätzen herausarbeiten und Vorschläge für eine politische Perspektive jenseits der Schrumpfung machen.
Die Referenten Marco Bonavena und Johannes Hauer sind Teil der IG Roboterkommunismus in der Leipziger translib. Die IG widmet sich der Kritik der gegenwärtigen Alternativökonomie.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Bamberg
Zeit: 20h ct
Eintritt: Kostenlos
fub präsentiert: Do 30. April 2015. LORENZ KUTZER. Lernräume der Widerständigkeit. Die Bedeutung Öffentlicher Räume für die Befähigung zur politischen Widerständigkeit
Dass Öffentliche (Stadt-)Räume Austragungsort des Widerstands gegen neoliberale Gesellschaftsentwicklung sein können, dürfte sich herumgesprochen haben. Wenig beleuchtet ist hingegen ihr Potential als Aufbauort dieser Widerständigkeit.
Notwendig ist diese Befähigung zum Widerstand angesichts der Gefährdung eines menschenwürdigen Gemeinwesens durch den Neoliberalismus. Öffentliche Räume wiederum sind prädestinierte Lernorte einer kritisch-ganzheitlichen Befähigung zum Widerstand. Denn verstehen wir diese Räume mit dem Soziologen Lefebvre als soziale Produkte, so stellen sie sich als dreidimensionale Lernorte dar: In ihnen kann die Analyse bestehender Verhältnisse, das Ersinnen von Alternativen und ein praktisches Anfangen-, respektive Weitermachen-Können geschult werden. Zugleich gilt es angesichts der Grenzen dieses Lernorts (selbst-)kritische Distanz zu wahren.
Lorenz Kutzer studiert Politische Bildung an der Uni Bamberg. In seiner Abschlussarbeit widmete er sich der Bedeutung Öffentlicher Räume für den Aufbau politischer Widerständigkeit.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Fr. 24. April. MICHAEL SCHULZE VON GLAßER Quo vadis Games-Journalismus? New Games Journalism, GamerGate & Co
Über 34 Millionen Menschen in Deutschland spielen digitale Spiele: Sie retten Prinzessinnen, bauen Zivilisationen auf oder ziehen in virtuelle Kriege. Die ernsthafte Auseinandersetzung mit den Spielen hinkt ihrer schon heute enormen gesellschaftlichen Bedeutung dabei weit hinterher – sowohl im wissenschaftlichen als auch journalistischen Bereich: Die „Game Studies“ stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen und Videospiel-Magazine halten seit Jahrzehnten an altbekannten Rezensionsformaten fest. Viele Nutzer_innen sind mit der Aufarbeitung ihres Mediums unzufrieden: Die Auflagen der großen Videospiel-Magazine sinken. Zudem werden immer wieder die engen Verbindungen zwischen der Industrie und den Fachmedien kritisiert. 2014 brach sich die Unzufriedenheit einiger Videospieler in der „GamerGate“-Auseinandersetzung Bahn und schoss weit über die Kritik am Videospiel-Journalismus hinaus. Im Vortrag wird ein Blick auf den aktuellen Videospiel-Journalismus, seine Probleme und neuere Entwicklungen wie den „New Games Journalism“ geworfen.
Michael Schulze von Glaßer (*1986) ist Politikwissenschaftler, freier Journalist und beschäftigt sich auf seinem YouTube-Kanal „Games’n’Politics“ mit politischen Aussagen von Videospielen und Games-Kultur.
fub presents: 5. Februar 2015. THOMAS ZÖRNER: Uniform Boys Der autoritäre Kern des Hardcore
Die Empörung war groß, als sich vor einigen Jahren die ersten Nazis als Hardcore-Fans outeten, anfingen zu moshen und Askese predigten. Die eigene Moral und Ethik aus dem Munde von Faschist_innen zu vernehmen, war unerträglich. Der gute Hardcore war außer sich. Dreister Diebstahl? Feindliche Übernahme? Die infamen Übergriffe von Rechtsaußen wurden mehr schlecht als recht abgewehrt. Die Szene bemühte sich um eine Begründung, warum Nazis keinen Spaß an Youth of Today haben könnten. Statt Hardcore an seinen reaktionären Wurzeln zu packen, hüllten sich die gestählten Männerkörper lieber in textilförmige Bekenntnisse, und alle waren zufrieden. Der Vortrag will Hardcore an seinen autoritären Kern erinnern und Standards wie Askese, Crew-Denken und Ökologie, die Hardcore-Fans mit Stolz erfüllen, unter die Lupe nehmen. Wer ist der Hardcore-Mensch? Ist er die neoliberale Transformation des Punk oder doch ein Nazi in postmodernem Gewand? Eine fetzige Powerpointpräsentation und feinste Zitate aus der Hardcoregeschichte erwarten euch …
Thomas Zörner hat seinen Bachelor in Soziologie in Erlangen abgelegt und ist momentan dabei, die Projekte Universität und Soziologie in Jena fortzusetzen und möglicherweise sogar zu beenden. Er war außerdem sehr freier Journalist bei Radio Z in Nürnberg und phasenweise Teil des Hardcore-Kultes oder davon zumindest angetan.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Ein fub-Doppelspezial. Do/Fr 29./30. Januar 2015. DZUDZEK/EICHHORN. Gouvernementalitäten der Kreativen und Grünen

Donnerstag, 29.01.2015
IRIS DZUDZEK:
Kreativpolitik zwischen Unternehmen und Unvernehmen
In den vergangenen Jahren ist Kreativität zum Leitbild vieler Städte und Teil der Reartikulation von städtischer Regierung geworden. Der Vortrag fragt nach den Machteffekten dieses Prozesses. Führt eine Regierung durch Kreativität zur endgültigen Hegemonialisierung unternehmerischer Stadtpolitik? Bedeutet sie den Ausverkauf von Sozialpolitik zugunsten von Kulturpolitik? Welche Formen des Unvernehmens lassen sich erkennen?
Iris Dzudzek ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Humangeographie in Frankfurt am Main. Sie hat zum Thema »Kreativpolitik« promoviert und interessiert sich für das Verhältnis von Kultur, Politik und Ökonomie aus der Perspektive der Gouvernementalitätsstudien, der Diskurs- und Hegemonietheorie und der politischen Philosophie.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Freitag, 30.01.2015
PHILIPP EICHHORN:
»Green New Deal«
Die Grüne Gouvernementalität des Kapitalismus
Als die Grünen vor einiger Zeit das Konzept eines »Green New Deal« für die neue Einheit von Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik vorstellten, war ihnen Spott nicht nur aus der marxistischen Ecke gewiss. Wer allerdings die letzten 40 Jahre Revue passieren lässt, kommt nicht umhin, ihnen eine avantgardistische Rolle zuzuschreiben. Auch jenseits von Energiewende, Corporate Social Responsibility und Kriegsführung-wegen-Auschwitz haben sie Trends losgetreten, die die kapitalistischen Eliten gerne aufgegriffen haben. Selbst im Umfeld der radikalen Linken erfreut sich diese Trends kritikloser Sympathie, obwohl sie ja eigentlich nur den verzweifelten Versuch darstellen, die Profitakkumulation aufrecht zu halten. Und oft liegt alldem ein ausgeprägter Sozialchauvinismus zugrunde. Mit welchem Überbau sich der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts präsentiert, was Dein Auslandsjahr in Südamerika, Diversity Management und A+++ Kühlschränke damit zu tun haben, und wo dabei überhaupt das Problem liegt, möchte der Vortrag erklären.
Philipp Eichhorn plädiert immer noch für den Hauptwiderspruch, würde auch gerne Weltreisen machen können und braucht dringend eine neue Spülmaschine. Er würde aus den letzten beiden kein politisches Programm machen. Aus dem ersten hingegen schon. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die Soziale Marktwirtschaft gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: KATRIN RACKERSEDER Zur Exklusion von Geflüchteten als Nicht-bürger_innen und ihre Konsequenzen für die Soziale Arbeit
Der soziale Ausschluss von Geflüchteten bedeutet ihren »bürgerlichen Tod«, soziale Isolation sowie eine Situation der Rechts- und Rollenlosigkeit. Der Vortrag wird zunächst auf den Begriff der Exklusion eingehen, wie er in der aktivierenden Sozialpolitik verwendet wird, die ihre Hauptaufgabe in der Aufrechterhaltung individueller Beschäftigungsfähigkeit sieht. Ihm soll ein kritischer Exklusionsbegriff entgegengesetzt werden. Um die Rolle der Staatsbürgerschaft für den gesellschaftlichen Ausschluss von Geflüchteten erläutern zu können, muss jedoch auch über den theoretischen Ursprung von Staatsbürgerrechten sowie die konkrete Staatsbürgerschaftspraxis in Deutschland gesprochen werden. Die diskriminierende Behandlung von Asylsuchenden, die sich bei den Protesten der letzten Jahre selbst als »Non-Citizens« bezeichnet haben, kann mit Goffmans Konzept der »totalen Institution« kritisiert werden, das eine umfassende staatliche Kontrolle charakterisiert. Welche Rolle spielt die Soziale Arbeit bei alldem? Kann sie sich von dem Widerspruch befreien, der sich aus ihren staatlich vorgegebenen Zielen und ihrer „Menschenrechtsprofession“ ergibt?
Katrin Rackerseder hat gerade ihr Diplomstudium in Pädagogik abgeschlossen, um jetzt mit halbem Vollgas in die sozialpädagogische Praxis zu starten. Die verbleibende Energie will sie in Klettern und die Textarbeit mit anderen stecken.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do&Fr 18./19. Dezember 2014. Ein fub-doppelspezial: Chris Wilpert²/Frankt Apunkt Schneider. Wundkanal&Bug Report
Donnerstag, 18.12.2014
CHRIS W. WILPERT:
»Wundkanal« und »Notre Nazi«: Die Nachgeschichte der Shoah in der Bundesrepublik in den Filmen Thomas Harlans
In Thomas Harlans Film »Wundkanal« spielt der verurteilte Massenmörder Alfred Filbert sich selbst: einen Massenmörder, der von unbenannten und unsichtbar bleibenden Terrorist_innen (offensichtlich Erb_innen von Baader und Meinhof) entführt wird. Die Kamera kreist um den Protagonisten, der schließlich sich selbst verhört. Nicht umsonst geriet »Wundkanal« – gemeinsam mit dem »Gegenfilm« »Notre Nazi«, der die Dreharbeiten zu »Wundkanal« dokumentiert – sowohl bei der Aufführung auf den Filmfestspielen von Venedig 1984 als auch auf der Berlinale 1985 zum Eklat. Jenseits der problematischen Parallelisierung von Auschwitz und Stammheim zeigen beide Filme Wunden der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur und -politik auf: die Kontinuität der Herrschaft von NS-Täter_innen in der BRD und ihre weitgehende Straffreiheit. Zudem lassen sie sich heute nicht nur als historische Dokumente bzw. bloße Artefakte betrachten, weil sie auf Lücken in der Vergangenheitsaufarbeitung hinweisen und mittels der Kunst einen anderen Umgang mit Geschichte anbieten.
Chris W. Wilpert lebt, wohnt, arbeitet, studiert, liest, schlürft gerne Latte Macchiato mit Sojamilch, promoviert über das »Erzählen von Geschichte in Thomas Harlans Prosa« und ist Mitherausgeber*in der testcard. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die Rezeption von Walter Benjamin gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Freitag, 19.12.2014
CHRIS W. WILPERT/
FRANK APUNKT SCHNEIDER:
Bug Report. Digital war besser!
Vorstellung der testcard #24
Nach dem hundertsten Leitartikel über das Verschwinden des Privaten und dem x-ten Profilbild, das durch das Gesicht von Edward Snowden ersetzt wurde, macht nun auch noch die testcard eine Ausgabe über Digitalisierung, Computer, Netze und das alles?! Wo uns die FAZ doch beinahe täglich Artikel bringt, die früher nur per Mailingliste in einem handverlesenen Kreis netzaffiner Theorieproduzent_innen zirkuliert wären. Wozu also gerade jetzt eine testcard zum Thema, auf Papier und gemacht von alten Männern, die sich noch immer jener Pop-Industrie verbunden fühlen, der die Digitalisierung doch endlich den verdienten Garaus gemacht hat? Aber was ist im Netz eigentlich Basis, was der Überbau, und wie verhalten sie sich zueinander? Sinnvoll über Digitalisierung zu sprechen, fällt nicht zuletzt deshalb so schwer, weil Technologie nie ohne jene polit-ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen zu verstehen ist, die sie reproduziert. Ob und unter welchen Bedingungen ein anderes Onlinesein möglich wäre, wissen die testcard-Redakteur_innen Chris W. Wilpert und Frank Apunkt Schneider auch nicht so recht, was sie aber nicht davon abhält, in entspannter vorweihnachtlicher Atmosphäre durch die aktuelle Ausgabe zu führen und dazu Plätzchen, Ton- und Bildbeispiele sowie handverlesene Nebenwidersprüche zu reichen.
testcard ist vielleicht nicht die beste, dafür aber die einzige deutsche Anthologie zu Popgeschichte und Poptheorie und erscheint seit 1995 im Ventil Verlag.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do. 11. Dezember 2014. Lara Schultz. Vom Maidan zum Donbass
Was haben der Westen, Aliens, die EU, Putin, die USA, Dinosaurier und Faschist_innen gemeinsam? Unterschiedlichen Theorien zufolge sind sie alle gerade eifrig dabei, einen Keil in die ukrainische Gesellschaft zu treiben. Dabei wird gerne übersehen, dass die Bevölkerung sich längst an der Frage gespalten hat, ob die Ukraine jetzt eigentlich Opfer des Stalinismus oder Sieger über den deutschen Faschismus ist bzw. ob der »Unabhängigkeitskämpfer« Stepan Bandera als Volksheld oder als Nazikollaborateur zu gelten hat. Der eklatante Mangel an Informationen darüber, wer seit Januar 2014 für verschiedene Kampfhandlungen nebst Todesschüssen verantwortlich ist, führt zu verschwurbelten Verschwörungstheorien, bringt aber auch Menschen mit ansonsten seriösen Forschungsansätzen zu kruden Ansichten und absurden Aussagen. Die Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine werden von einem Kampf um Meinungs- und Deutungshoheit flankiert, u. a. darüber, wer der Nazi ist. Der Vortrag wird Schlaglichter auf die ukrainische Geschichte werfen und näher auf die Maidan-Proteste eingehen. Dabei wird sich wenig überraschend zeigen: Nur der Nazi ist der Nazi! Aber wer sich nicht von ihm distanziert, muss dafür kritisiert werden.
Lara Schultz beschäftigt sich als Journalistin mit der extremen Rechten, mit Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus in Mittel- und Osteuropa und schreibt darüber z. B. für blick nach rechts, publikative.org und die Jungle World. Wo es die Recherche erfordert, beschäftigt sie sich mit Dinos und Aliens, schreibt aber lieber nicht darüber.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Ein fub-Doppelspezial. Do & Fr 4.&5. Dezember 2014. Matthias Schneider & Benjamin Bauer. Männlichkeit & Antirassimus
Donnerstag, 04.12.2014
MATTHIAS SCHNEIDER:
Justin Bieber vs. Tyler Durden
Über die gesellschaftliche Konstruktion von Männlichkeit
Tyler Durden (»Fight Club«) und Justin Bieber sind zwei Charaktere, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Während Durden einen längst vergangene Form der Männlichkeit im Film repräsentiert, wird Bieber als femininer Weichling mit Mikro-Penis und Vaterkomplex verspottet. Auf Grundlage dieser Archetypen wird der Versuch unternommen, hegemoniale Männlichkeitsvorstellungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts herauszuarbeiten. Dabei wird aus feministischer Perspektive argumentiert, dass diese stark vom historischen Kontext abhängig und variabel sind. Darauf aufbauend werden die Reaktionen auf Biebers und Durdens Männlichkeitsdarstellungen im Rahmen von gesellschaftlichen Entwicklungen erklärt.
Matthias Schneider ist konformistischer Studierender der Soziologie in Bamberg. Den Leerstellen seines Studiums ausgesetzt radikalisierte er sich in feministischen Keimzellen in Kopenhagen und New York. Wieder zurück versucht er, seinen intellektuellen Terrorismus durch leicht zugängliche Themen zu vertuschen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Freitag, 05.12.2014
BENJAMIN BAUER:
Kulturanthropologie:
Die Geburt des wissenschaftlichen Antirassismus
Im frühen 20. Jahrhundert hat eine Gruppe lose verbundener Wissenschaftler_innen in den USA, an deren Spitze Franz Boas stand, erste Ergebnisse gegen die Dominanz rassistischer Erklärungen menschlicher Diversität geliefert. Anhand von Schädelmessungen konnten sie nachweisen, dass die Umwelt (Milieu, Klima), also die Kultur, den Menschen viel stärker determiniert als seine Biologie. Gleichzeitig engagierten sich viele der Forscher_innen für die Aufhebung diskriminierender Gesetze und die Gleichbehandlung »rassischer« Minderheiten. Sie etablierten die Kulturanthropologie als antirassistische Wissenschaft, deren Erfolge in den 1950er Jahren zur globalen Diskreditierung biologistischer Vorstellungen über menschliche Vielfalt führten und sich heute noch in gängigen antirassistischen Vorstellungen äußeren. Allerdings waren die »Hebammen« dieser Disziplin selbst Rassenwissenschaftler_innen und nahmen Grundlagen der Rassentheorie in ihre antirassistische Disziplin mit auf. Der Vortrag beleuchtet das Wechselspiel zwischen Rassismus und Kulturalismus bei der Herausbildung der Kulturanthropologie, um die Entstehung und die Probleme des gegenwärtigen Antirassismus zu erhellen.
Benjamin Bauer hat Geschichte, Germanistik und Philosophie studiert. Zurzeit arbeitet er. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die historische Eugenik und ihre Kritiker_innen gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do+Fr 27./28. November 2014. Ein fub-Doppelspezial: Reproduktion&Pop / Propaganda&Cartoons
Donnerstag, 27.11.2014
ANNIKA MECKLENBRAUCK/LUKAS BÖCKMANN: The Mamas and the Papas: Reproduktion und Pop. Ein kleiner Zwist.
Wer die Verantwortung für ein unmündiges, sowohl geistig als auch körperlich völlig ausgeliefertes Wesen zu übernehmen bereit ist, wird in den meisten Fällen sein bisheriges Leben erheblich umstellen müssen. Das bringt gemischte Gefühle mit sich, wird man/frau doch von allen Seiten her beständig mit Schaumworten wie »Flexibilität«, »Unabhängigkeit« und der völlig gegenstandslosen »individuellen Freiheit« eingerieben. Sich – gerade während der ersten Jahre – in die selbstgewählte Abhängigkeit vom Kind und möglicherweise weiteren Elternteilen zu begeben, die dem Druck der marktwirtschaftlichen Verwertung mühsam abgerungene Freizeit nicht mehr der Muße, Zerstreuung oder nächtlichen Eskapaden zu widmen, sondern der Reproduktionsarbeit, mag manches Mal erscheinen, als fräße das Kind eine_n auf. Über Fressen und Gefressenwerden streiten Annika Mecklenbrauck und Lukas Böckmann, die Herausgeber_innen des Sammelbandes »The Mamas and the Papas. Reproduktion, Pop und widerspenstige Verhältnisse«.
Annika Mecklenbrauck hat Ethnologie, Indologie und Naturschutz in Göttingen studiert. Zurzeit arbeitet sie beim B.U.N.D. Lukas Böckmann ist gelernter Romanist, ungelernter Redakteur und hin und wieder als freier Journalist für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Mit ihrem gemeinsamen Kind leben sie in Leipzig.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Freitag, 28.11.2014
MARCEL FRANZE:Propaganda in Zeichentrickserien am Beispiel von Popeye und Käpt’n Balu
Der Vortrag basiert auf einer qualitativen Analyse, die ich im Rahmen einer Facharbeit durchgeführt habe. In ihr wird die Darstellung von Propaganda in je zwei Folgen zweier Zeichentrickserien untersucht: »You’re a Sap, Mr. Jap« aus der Reihe Popeye the Sailor (1942) und die Episode »Flying Dupes« aus Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew (im Original: Tale Spin; 1991). Im Zentrum steht die Fragestellung, ob und in welcher Weise Propaganda in den beiden Episoden dargestellt wird und inwieweit der Propagandabegriff, wie er in der einschlägigen Fachliteratur definiert wird, hinreichend für die Untersuchungsobjekte ist. Des Weiteren werden Analogien und Divergenzen der beiden Episoden eruiert und in Bezug zu ihrer Entstehungszeit gesetzt, um damit Entwicklungen der Propaganda im Zeichentrick aufzuzeigen.
Marcel Franze studiert zurzeit in Bamberg Kommunikationswissenschaft, Geschichte und Politikwissenschaft.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Vortrag heute mit Susann Arndt entfällt wegen Krankheit
Der Titel sagt eigentlich alles. Wir wünschen ihr natürlich gute besserung und freuen uns einfach auf nächste Woche in der es gleich zwei Vorträge geben wird.
fub presents: Do 13. November 2014: ANGELIKA LIMMROTH: Jenny Marx: Das andere Kapital
Jenny Marx: eigenwillig, engagiert, klug und gebildet, eine starke, schöne Frau an der Seite eines der bekanntesten Männer der Weltgeschichte. Behütet aufgewachsen entschied sich Jenny von Westphalen dennoch für ein Leben mit dem politisch agierenden, unbequemen und von der Gesellschaft abgelehnten, vier Jahre jüngeren Karl Marx. Gemeinsam bewältigten sie die von Geldsorgen, Ausweisungen und Anfeindungen belastete Existenz im Exil, in Paris, Brüssel und London, persönliche Krisen, die Geburt von sieben Kindern, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichten, und von Marx’ außerehelichem Sohn Frederick Demuth. Jenny Marx beteiligte sich aktiv an der sozialistischen Bewegung, war für die Weggefährt_innen eine zuverlässige Ansprech- und Korrespondenzpartnerin und eine anerkannte Mitarbeiterin ihres Mannes. Karl Marx’ wissenschaftliches Hauptwerk ist »Das Kapital«. Sein menschliches »Kapital« war seine Frau Jenny.
Angelika Limmroth, forscht seit zehn Jahren über Jenny Marx. Zu ihr publizierte sie die biographische Skizze: »Jenny von Westphalen – Die Frau von Karl Marx«, »Jenny Marx. Die Biographie« und hat das Buch »Jenny Marx. Die Briefe« mit herausgegeben.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
fub presents: Do 23.10.2014 ALEXANDER PEHLEMANN: EastBam, WestBam und die »Disko in Moskau« Eine audio-visuelle Exkursion durch die Subkulturen Osteuropas
Ein Ex-DDR-Provinz-Punk begibt sich auf eine radikal subjektive Spurensuche durch die ehemaligen Provinzen des Sowjet-Empires und Ex-Jugoslawien. Er erforscht Subkulturen und popkulturelle Begegnungen zwischen Ost und West, wie jene zwischen WestBam und EastBam, der als erstes auf Lettisch gerappt hat. Sie war der Beginn einer lang anhaltenden Sound-Freundschaft zu Perestroika-Bedingungen und brachte EastBam Auftritte und Plattenveröffentlichungen im Westen ein, um anschließend im Chaos der Zeit zu verschwinden. »Disko in Moskau«? Von ihrer Zersetzungskraft sangen die Toten Hosen 1987 in Pilsen beim Olof-Palme-Friedensfest. Danach brach ein Riot aus, von dem aus sich wiederum ein Bogen zu WestBams angeblichem »Disco Riot«-Konzept schlagen lässt, der selbst wiederum im September 1989 – kurz vor dem Zusammenbruch – in Berlin (Ost) aufgetreten ist: bei einem FDJ-Staats-Rave zur Feier von 40 Jahren DDR …
Alexander Pehlemann tauschte Ende der 1980er seine angehende Karriere als Ringer im griechisch-römischen Stil beim Armeesportklub »Vorwärts« Frankfurt/Oder gegen popkulturelle Verwirrung zu DDR-Konditionen ein und gibt seit 1993 das Zonic heraus, das sich u. a. mit osteuropäischer Subkultur beschäftigt. 2014 erschien sein Buch »Go Ost! Klang – Zeit – Raum. Reisen in die Subkulturzonen Osteuropas« im Ventil Verlag. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über das Thema »Magnetbanduntergrund DDR« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do, 16.10.2014 CLAUDIA BARTH: Esoterik: die Suche nach dem Selbst
Esoterik ist en vogue. Als relativ junge Religion – in Deutschland vor etwa 150 Jahren parallel mit der Reichsgründung entstanden –transportiert sie nationale Mythen, völkisch-rassistisches Gedankengut und bietet sich als adäquate Religionsform der Moderne an. Neben einem Einblick in die Geschichte und die Grundlagen esoterischen Denkens geht es um die Gründe ihrer Attraktivität. Esoterische Ratgeber versprechen individuelle Möglichkeiten, dem Druck der derzeitigen Arbeitswelt – das permanente Selbst-Empowerment zur »Arbeitskraftunternehmer_in« – stand zu halten. Der Vortrag behandelt die Frage, warum sich Menschen der Esoterik verschreiben. Ausgehend von Interviewstudien soll erörtert werden, welche Bedürfnisse und gesellschaftlichen Probleme mit ihrer Hilfe gelöst bzw. kompensiert werden sollen.
Claudia Barth ist Sozialpädagogin und Sozialpsychologin. Sie arbeitet zur Kritik der Esoterik als Publizistin und freie Referentin sowie im Bereich Kinder- und Jugendhilfe mit Sinti und Roma. Veröffentlichungen u. a.: »Esoterik – Die Suche nach dem Selbst. Sozialpsychologische Studien zu einer Form moderner Religiosität« und »Über alles in der Welt – Esoterik und Leitkultur. Eine Einführung in die Kritik irrationaler Welterklärungen«.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do, 9.11.2014: HENDRIKE HELLMANN: Prostitution: der »Verkauf« des eigenen Körpers? Nachgefragt bei Hegel
Obwohl Sexarbeit zumindest in Deutschland seit 2002 als legitime Erwerbsarbeit anerkannt ist, ist ihre Legalisierung weiterhin Gegenstand heftiger Diskussionen. In der theoretischen Debatte geht es dabei grundlegend um die Frage, in welcher Beziehung wir zu unserem eigenen Körper stehen. Einige Philosoph_innen vertreten die Auffassung, dass Prostitution mit Sklaverei gleichzusetzen wäre, da ein Mensch, der sich prostituiert, nicht nur seinen Körper, sondern sein eigenes Selbst verkauft. Andere Autor_innen argumentieren in der Tradition liberaler Eigentumstheorien hingegen, dass Prostituierte mit ihrem Körper – wie mit anderem Privateigentum auch – tun und lassen könnten, was sie wollen. Die beiden gegensätzlichen Positionen – Körper als Privateigentum vs. Körper als eigenes Selbst – scheinen jedoch nicht die einzigen möglichen Antworten zu sein. Mit Hegel lässt sich eine dritte Position konstruieren, die einen Mittelweg verspricht. Mit Hilfe seines Begriffs der Arbeitskraft lässt sich zeigen, dass Prostitution nicht mit dem »Verkauf« des Körpers gleichgesetzt werden muss.
Hendrike Hellmann studiert seit 2009 Philosophie in Bamberg. Seit einiger Zeit beschäftigt sie sich vermehrt mit Fragen der politischen Theorie und der angewandten Ethik.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: DO, 17.7.: Nicole Espinoza: Das Mapuche-»Problem« in Chile. Polizei statt Politik

Seit der Rückkehr der Demokratie 1990 eskalieren die Konflikte zwischen dem chilenischen Staat und den Mapuche aufgrund der »Besetzung« der Araucanía. Die Mapuche stellen eine Reihe ethnischer Forderungen, darunter die nach autonomer Rechtsprechung, nach Rückgabe früherer Gebiete, nach wirtschaftlichen Begünstigungen und der Anerkennung ihrer kulturellen Identität.
Aber wer zum Teufel sind diese Mapuche, und wo liegt noch mal die Araucanía?
Die Araucanía ist eine Region etwa 600 Kilometer südlich von Santiago. Dort haben sich die Mapuche im 5. Jahrhundert angesiedelt. Die Mapuche sind eine indigene Ethnie, die in Chile und Teilen Argentiniens lebt. Im Kampf um Land und Bodenschätze standen sie immer wieder am Rande der Auslöschung, die in Argentinien schon fast vollzogen ist. Obwohl ihre Zahl in Chile inzwischen wieder steigt (auch weil sich immer mehr Menschen zu ihrer Mapuche-Herkunft bekennen), besitzen sie keine politische Repräsentation. Innerhalb des Landes wird dieses Thema weitgehend tabuisiert. Das Wort »Mapuche« wird im chilenischen Alltag häufig auf pejorative Konnotationen reduziert und mit Terrorismus in Verbindung gebracht.
Wer den Konflikt in seiner Gesamtheit verstehen will, muss sich mit der Geschichte Chiles und der Mapuche auseinandersetzen. Zum Glück gibt es einen Vortrag darüber, durch den man/frau sich schlau machen kann.
Hallo! Ich bin die Niko und komme aus Santiago de Chile. Ich studiere Romanistik und Germanistik. Ich leite mit meiner Kollegin Constanza das Spanische Theater der Uni Bamberg. Ich mag Vodka mit Vodka, fette Katzen und den Philipp 1313.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents:Do 10.7 und Fr.11.7.: BERND KASPAREK & VINCENT GENGNAGEL/ANDREAS KALLERT: Mord im rassitischem Kontinuum & Kleinste anzunehmende terroristische Vereinigung

Donnerstag, 10.07.2014
BERND KASPAREK:
Mord im rassistischen Kontinuum
Im Bezug auf den NSU-Komplex ist vielfach über institutionellen Rassismus diskutiert worden. Er gilt als viel versprechender Ansatz, die eklatanten Ermittlungsfehler der deutschen Strafverfolgungsbehörden zu deuten. Im Vortrag soll hingegen noch einmal auf den Kontext des gesellschaftlichen Rassismus eingegangen werden, der die 2000er Jahre in Deutschland geprägt hat. Der deutsche Rassismus organisierte sich in den 1990ern vor allem um die Frage des Asyls und die Figur des Asylbewerbers bzw. der Asylbewerberin. Mit dem Antritt der rot-grünen Bundesregierung 1998 und ihrem durchaus engagierten migrationspolitischen Reformprogramm verschob sich die rassistische Mobilisierung hin zu Themen der Staatsbürgerschaft und der Einbürgerung. In den 2000er Jahren wurde ein erbitterter Kampf um die Frage ausgefochten, ob Deutschland eine Einwanderungsgesellschaft sei. Diese Auseinandersetzung spiegelt sich auch in den Morden des NSU wieder. Im Gegensatz zu den 90ern, als sich neonazistische Gewalt gegen gesellschaftlich marginalisierte Menschen wendete (z.B. Asylbewerber_innen und Obdachlose), ermordete der NSU Migrant_innen, die längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen waren. Angesichts dieser Verschiebung stellt sich die Frage, wie viel gesellschaftlicher Rassismus in den Taten des NSU steckt.
Bernd Kasparek ist Diplom-Mathematiker und Kulturanthropologe. Er forscht und publiziert zur europäischen Migrations- und Grenzpolitik und ist Mitglied des Vorstands der Forschungsassoziation bordermonitoring.eu und Mitglied des Netzwerks Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Freitag, 11.07.2014
VINCENT GENGNAGEL/ANDREAS KALLERT:
Kleinste anzunehmende terroristische Vereinigung
Noch immer erscheint es sinnvoll, sich mit der rechtsradikalen Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds zu befassen, während sich die deutsche Presse über staatliche Förderung von Rechtsradikalen empört (wenn auch nur in Russland). Wie erwartet geht die Salamitaktik auf, mit der der NSU behandelt wird: Trotz der noch immer laufenden Verfahren schrumpft die sowieso schon erschreckend kleine kritische Öffentlichkeit weiter – als wäre der Skandal längst vom Tisch. Damit das so bleibt, werden Medienvertreter_innen schon mal im vertraulichen Hintergrundgespräch von der Staatsanwaltschaft auf Linie gebracht: Fragen zum Verhältnis der Polizistin Kiesewetter zu ihren mutmaßlichen Mördern werden als gegenstandlos betrachtet – und der behördenkritischen Nebenklage solle keine weitere mediale Aufmerksamkeit mehr geschenkt werden!
Wir halten es für wichtig, das formale Ziel des NSU-Prozesses im Spannungsverhältnis zwischen Bundesanwaltschaft, Nebenklage, Presse, »Sicherheitsdiensten« und Behörden zu diskutieren: Was kann der Prozess erreichen, was nicht? Warum ist überhaupt nur Zschäpe der Mitgliedschaft im NSU angeklagt?
Wir nehmen das zum Anlass, an eine schon lang eingestellte Ermittlung zu erinnern, deren Wiederaufnahme zuletzt gefordert wurde: Rund um das Oktoberfestattentat von 1980 zeigen sich ähnliche Ungereimtheiten in der Konstruktion der Einzeltäterthese. Und wir fragen uns, wie wohl in 30 Jahren über den NSU geschrieben werden wird.
Vincent Gengnagel und Andreas Kallert haben den NSU schon mehrfach in der freien uni bamberg thematisiert und möchten sich für etwaige Redundanzen schon im Vorfeld entschuldigen. Wie immer freuen sie sich auf die Diskussion.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do, 3. Juli: SEVI MEIER: Fragend gehen wir voran … Die zapatistische Revolution

Vor 20 Jahren begann im mexikanischen Bundesstaat Chiapas ein hauptsächlich von Indigenen getragener Aufstand, um der vorherrschenden Armut und Aussichtlosigkeit durch autonome Selbstverwaltung entgegenzutreten. Die Ablehnung von Regierungsansprüchen seitens des politischen Arms der Revolution (EZLN) und die praktizierten fortschrittlichen Formen von Demokratie führten dazu, dass sich selbst die sonst so streitsüchtige Linke auf diese Bewegung einigen kann.
Der Vortrag möchte sie vorstellen, ihre theoretischen Anknüpfungspunkte aufzeigen sowie Erfolge und Rückschläge der zapatistischen Praxis erörtern.
Sevi Meier studiert in Bamberg Berufliche Bildung/Sozialpädagogik und stammt selbst aus einer von Aussichtlosigkeit geprägten Region (dem ländlichen Niederbayern). Seit zwei Semestern gehört er der
illustren Gruppe freie uni bamberg an.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do, 26.6.: ROSWITHA SCHOLZ: Antiziganismus und Arbeitsgesellschaft

Antiziganismus ist ein weit verbreitetes Phänomen. In nahezu allen Staaten Europas werden Menschen als »Zigeuner« diskriminiert und nicht selten verfolgt. In dem Vortrag werden antiziganistische Tendenzen im Kontext neuzeitlicher Disziplinierungsprozesse und der Herausbildung der Arbeitsgesellschaft analysiert. Dabei werden auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum
Antisemitismus aufgezeigt.
Roswitha Scholz ist freie Publizistin und Redakteurin der linken Theoriezeitschrift Exit!, diverse Zeitschriftenpublikationen und Buchveröffentlichungen, darunter »Differenzen der Krise – Krise der Differenzen« (2005) und »Das Geschlecht des Kapitalismus« (2011).
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do, 18.06.: FRITHJOF GRELL: Erziehung zur Freiheit? Die Pädagogik »vom Gesichtspunkt« Rudolf Steiners

Die Pädagogik des Waldorfkindergartens stellt die Erziehungswissenschaft vor große Herausforderungen: Kann es eine »gute« pädagogische Praxis geben, auch wenn die Theorie auf höchst fragwürdigen Annahmen beruht und kaum weniger fragwürdige Ziele verfolgt? Der Vortrag geht dieser Frage nach und kommt zu einem eindeutigen Urteil: Nein! Die Qualität pädagogischer Praxis ist nie nur nach ihren Wirkungen, sondern immer auch vor dem Hintergrund der Motive zu beurteilen, die mit pädagogischem Handeln bezweckt werden. So beurteilen wir die Handlungen von Menschen. Warum also sollte es im Hinblick auf pädagogische Handlungskonzepte und ihre Praxis anders sein?
Prof. Dr. phil. Frithjof Grell ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Elementar- und Familienpädagogik an der Universität Bamberg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Theorie und Geschichte der frühkindlichen Bildung und Erziehung sowie Professionalisierung und Akademisierung der Erzieherinnenausbildung.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Doppel-Spezial: 5.6. und 6.6.: Philipp Eichhorn und Lucas Zeise: „Soziale Marktwirtschaft als vermeintliches Geheimnis der Erfolgsgeschichte »BRD«“ und „Geld und Finanzkapital“

Donnerstag, 05.06.2014
PHILIPP EICHHORN:
»Mir scheint es wirklich nur eine Frage der Begriffe zu sein, ob man eine freie Marktwirtschaft sozialistisch nennt oder nicht«.
Soziale Marktwirtschaft als vermeintliches Geheimnis der Erfolgsgeschichte »BRD«
Quo vadis, Soziale Marktwirtschaft (SM)? Ihr Wortschöpfer Alfred Müller-Armack schien, zumindest in der Konzeptionsphase, ein eher entspanntes Verhältnis zu diesem inzwischen äußerst populären Begriff zu haben. Spätestens mit der Agenda 2010 entbrannte ein neuer Diskurs um sie, der bis heute geführt wird: Das Ordnungsmodell, welches die BRD wieder in den Olymp der Wirtschaftsmächte führte, das Kapital mit dem Sozialstaat versöhnte und den Menschen auf beiden Seiten der Mauer den Zusammenhang von (sozialer) Marktwirtschaft, Demokratie und Freiheit vor Augen führte, scheint in Gefahr. Besonders allerlei linke Kräfte werfen der Politik vor, die »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« pervertiere den Begriff, negiere das Soziale und ersetze die SM durch »Neoliberalismus«. Sahra Wagenknecht wünscht sich gar den »Vater« des Ganzen, Ludwig Erhard, zurück. Um was es den Schöpfer_innen der SM eigentlich ging, wie erfolgreich sie wirklich war und welcher unterschlagene Faktor heute immer mehr zu Tragen kommt, will der Vortrag erläutern.
Philipp Eichhorn hat über das Thema gerade seine DA geschrieben und ist froh, in Zukunft mal wieder theoretische Texte diesseits eines tautologischen Erkenntnisinteresses lesen zu dürfen. Zuletzt hat er in der freien uni über Antikommunismus in der BRD gesprochen.
Freitag, 06.06.2014
LUCAS ZEISE:
Geld und Finanzkapital
Ziel des Vortrages ist es, Stellung und Funktion des Finanzsektors im heutigen Kapitalismus zu bestimmen. Dazu ist eine Charakterisierung des Geldes notwendig, das grundlegend nicht nur allgemeines Äquivalent, sondern auch Kredit ist. Die Geldware ist das, was Marx im Anschluss an andere Autoren »fiktives Kapital« genannt hat. Besser wäre es vielleicht – den Usancen der Terminhändler_innen folgend – von »Kontrakten« zu sprechen, also Verträgen oder Ansprüchen, die nicht auf die Person fixiert, sondern eben geldüblich handelbar sind. Die außerordentliche Macht des Finanzsektors entstammt auch aus seiner – staatlich verliehenen – Fähigkeit, Geld zu schöpfen und Vermögenspreisinflation zu erzeugen. Die fortdauernde Krise der Weltwirtschaft erklärt sich zu einem Großteil aus dem Anspruch auf Zahlung, der vom Überhang der Finanzvermögen ausgeht.
Lucas Zeise ist Finanzjournalist. Er hat Philosophie und Volkswirtschaft studiert und u. a. für das japanische Wirtschaftsministerium, die deutsche Aluminiumindustrie, die Frankfurter Börsen-Zeitung und die Financial Times Deutschland gearbeitet. Seit deren Ableben schreibt er in verschiedenen, vorwiegend linken Publikationen, bevorzugt für die junge welt und die Marxistischen Blätter.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do. 22.und Fr. 23. Mai: Frank Apunkt Schneider & Gerhard Stamer: „My future in the SS“ & „Marx und Hegel“

Donnerstag, 22.05.2014
FRANK APUNKT SCHNEIDER:
»My future in the SS«
NS-Provokation im deutschen (Post-)Punk
Als im New Yorker Frühpunk erstmals unkommentiert Hakenkreuze und NS-Zeichen auftauchten, war dies vor allem eine innerjüdische Angelegenheit: Jüdische Punks wie die Dictators benutzten sie, um sich mit der eigenen sekundären Traumatisierung als Nachgeborene der Überlebenden auseinanderzusetzen. Als Punk dann wenig später nach Deutschland kam, wurde das provokante Spiel mit dem NS dankbar aufgegriffen. Plötzlich redeten die Kinder und Enkel der Täter_innen in einer verstörend neuen Weise über die Shoa, die Daniel Jonah Goldhagens »Hitlers Willing Executioners« vorwegnahm: Songs wie »Party in der Gaskammer« (Middle Class Fantasies) oder »Die lustigen Stiefel (marschieren über Polen)« (Deutsch Amerikanische Freundschaft) und Gruppen wie Vadder Goebbels und die Nazi-Schlümpfe erzählten von der Shoa erstmals in der Wir-Perspektive und dekonstruierten damit die deutsche Vergangenheitsbewältigung. Dieses scheinaffirmative Spiel war wiederrum eine innerdeutsche Angelgenheit: eine Abrechnung mit den eigenen (Groß-)Eltern, deren Lebenslügen genüsslich demoliert wurden. Und doch standen die deutschen Punks damit noch immer in deren Tradition, weil ihre aggressive Wiederaneignung der deutschen Schuld die Auslöschung der europäischen Jüdinnen und Juden auf einer symbolischen Ebene wiederholte. Wie sich Textzeilen wie »Im KZ war’s doch so nett, nett, nett« (Attraktiv + Preiswert) wohl in den Ohren der Überlebenden anhören mochten, darauf scheinen sie jedenfalls keinen Gedanken verschwendet zu haben.
Frank Apunkt Schneider ist unfreier Künstler, Autor und selbsternannter Poptheoretiker, Mitherausgeber der testcard und Redakteur bei skug, außerdem der deutsche Außenposten der Kulturbewegung monochrom. 2007 hat er im Ventil Verlag das Buch »Als die Welt noch unterging. Von Punk zu NDW« veröffentlicht.
Zuletzt hat er in der freien uni über Karen Carpenter gesprochen.
Freitag, 23.05.2014
GERHARD STAMER
Marx und Hegel
Alles falsch gestellte Fragen: Ob Marx Hegel auf die Füße gestellt hat oder ob Hegel wirklich auf dem Kopf stand. Wenn schon – um beim Metaphorischen zu bleiben – hat Marx Hegel nicht auf die Füße gestellt, sondern flachgelegt. Weder ist der Mensch bei Marx so richtig auf die Beine der Lebenswelt gekommen, noch hat er den Kopf oben behalten, wie es für den aufrechten Gang erforderlich wäre. Wir wollen uns – zumindest in diesem Vortrag – weder auf die Seite von Marx noch auf die von Hegel schlagen, sondern über beide hinausgehen, um nicht hinter sie zurückzufallen.
Dr. Gerhard Stamer studierte in den 1960ern Philosophie, Psychologie und Soziologie, unter anderem bei Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas. Nachdem er in den 1970ern zunächst als Schiffbauer bei Blohm & Voß in Hamburg gearbeitet hatte, promovierte er 1984 bei Oskar Negt zum Thema Erkenntniskritik und Arbeiter_innenbewegung. 1994 gründete er das außeruniversitäre Institut für Praktische Philosophie »REFLEX« in Hannover, das er seither leitet. Seit 2011 gibt er am Lehrstuhl für Philosophie in Bamberg Seminare u. a. zu Kant, Hegel, Marx und Husserl.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do, 15.05.2014: KARINA KORECKY: Der poststrukturalistische Feminismus und die uneigentliche Erfahrung. Versuch einer feministischen Kritik an Judith Butler

Judith Butlers »Gender Trouble« (dt.: »Das Unbehagen der Geschlechter«) ist das am häufigsten rezipierte feministische Werk der Gegenwart. Der Vortrag wirft einen kritischen Blick auf Butlers poststrukturalistischen Feminismus. Obwohl Butler seit geraumer Zeit hauptsächlich als Antizionistin wahrgenommen wird (wozu sie selbst nicht wenig beiträgt), wird es weniger um ihre weltpolitischen und moralisch-ethischen Statements gehen, als um ihre theoretischen Grundannahmen sowie die gesellschaftlich-historischen Bedingungen ihrer Bedeutung für die feministische Kritik: Was macht den poststrukturalistischen Feminismus fast konkurrenzlos erfolgreich? Dabei werden nicht bloß Irrtümer, logische Fehlschlüsse und richtige oder falsche theoretische Bezüge identifiziert, sondern es wird auch nach dem »Erfahrungsgehalt dieses Denkens« (Peter Bürger) gefragt – oder anders: danach, welchem gesellschaftlichen Bedürfnis es entspricht. Es wird herausgearbeitet, dass die Attraktivität des poststrukturalistischen Denkens für den Feminismus in dessen Infragestellung von Wahrheit, Subjekt, Tradition, Geschichte und Einheit liegt. In diesem Impuls trifft sich der Poststrukturalismus mit einem zentralen Moment feministischer Gesellschaftskritik: der Kritik daran, dass die patriarchale Souveränität des strahlenden Subjekts voraussetzungsreich auf Kosten der Frauen konstituiert ist. Wie gezeigt werden soll, ist dem Poststrukturalismus aus feministischer Perspektive daher nicht sein Verzicht auf die Konstatierung von Wahrheit, sondern von gesellschaftlicher Unwahrheit vorzuwerfen.
Karina Korecky promoviert an der Universität Hamburg zum Verhältnis von Staat und Natur. Sie publiziert außerdem zu feministischer Kritik und veröffentlicht 2014 »Rousseau, die Liebe und der Staat« im Schweizer Verlag Die Brotsuppe.
Dieser Vortrag findet mit freundlicher Unterstützung des Lehrstuhls Sozialpädagogik statt.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Do 24. April JOHANNA SCHMIDT: Psychoanalyse und Gesellschaftskritik. Eine kritische Einführung in die Psychoanalyse

Die Einwände gegen die Psychoanalyse – die meist schon vorab als widerlegte oder gar lächerliche Theorie abgetan wird – sind vielfältig: Sie steht in der Kritik, deterministisch, individualistisch und anti-feministisch zu sein. Ihr wird vorgeworfen, den Menschen als notwendiges Produkt seiner Kindheitsentwicklung zu verstehen und gesellschaftliche Einflüsse auf das Individuum nicht hinreichend einzubeziehen. Soziale Phänomene ließen sich damit nicht erklären. Außerdem konzentriere sich die psychoanalytische Theorie auf das Männliche und rechtfertige eine Inferiorisierung von Weiblichkeit.
Im Vortrag sollen – nach einer kurzen Erläuterung psychoanalytischer Grundannahmen – solche Meinungen und Einwände auf ihre Richtigkeit überprüft und der Frage nachgegangen werden, inwieweit psychoanalytische Theorie für eine Ideologiekritik der modernen Gesellschaft fruchtbar gemacht werden kann.
Johanna Schmidt lebt und studiert in Erlangen. Theoretisch steht sie der wert-abspaltungs-kritischen Zeitschrift EXIT! nahe. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind feministische Kritik und Psychoanalyse. Seit 2009 organisiert sie im selbstverwalteten Jugend- und Kulturzentrum Erlangen gesellschaftskritische Vorträge und seit 2011 an der Uni Erlangen Autonome Seminare zu feministischer Kritik, Antisemitismus sowie zur Psychoanalyse.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 17.4.: FABIAN HERBOLZHEIMER: Konsequente Demokraten statt schießwütiger Idioten. Das US-Amerikanische Waffenrecht

Selten sind sich in Deutschland bürgerliche Medien und Einzelpersonen, geschweige denn die, die sich links davon definieren, derart einig, wie bei der Kritik des US-amerikanischen Waffenrechts. Dabei verkennen sie, dass ihre Argumente oft in eklatantem Widerspruch zu ihren sonstigen politischen Konzepten stehen. Die einen imaginieren sich ein vor staatlichen Zugriffen geschütztes Individuum, sind aber nicht bereit, diesem zur tatsächlichen Verteidigung seiner Freihe
itsrechte mehr als das schwammige Widerstandsrecht nach Art. 21 Abs. 4 GG zu gewähren. Die anderen träumen von der Revolution und unterstützen, je nach Couleur, diese oder jene Miliz bzw. Guerilla, sehnen sich dann aber doch wieder nach dem sonst so verhassten staatlichen Gewaltmonopol. Der Vortrag versucht, das liberale Recht auf privaten Waffenbesitz in einen historischen und philosophischen Kontext einzubetten und hierbei die angesprochenen Widersprüche zu verdeutlichen. Abschließend sollen kritische Punkte des liberalen Waffenrechts erörtert werden, ohne dabei in die geläufigen Muster herablassender europäischer Betrachtung zu verfallen.
Fabian Herbolzheimer ist in Bamberg geboren und aufgewachsen, erfuhr hier die Anfänge seiner politischen Sozialisation und studiert zurzeit in Leipzig Soziologie und Kulturwissenschaften.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag 10. April . Jens Kussmann: Sequentielle Kunst! Eine theoriebasierte Liebeserklärung an Comics

Nachdem Comics jahrzehntelang als »Schundliteratur« verschrien waren, lässt sich spätestens seit Mitte der 1990er Jahre ein breiteres Interesse an dieser Kunstform auszumachen. Heute finden sich Comic-Rezensionen in der F.A.Z., belesene Rentner_innen im Comicladen und Seminare zu grafischer Literatur in den Vorlesungsverzeichnissen von Universitäten. Womit genau hat zu tun, wer von Comics spricht? Wie »funktioniert« das Medium? Und was sind eigentlich diese Graphic Novels, die plötzlich in jedem Buchladen beworben werden? Fragen über Fragen …
Der reich bebilderte Vortrag wird die Geschichte des Mediums darstellen und in die Grundzüge der Comictheorie einführen.
Jens Kußmann studiert(e) in Bamberg Germanistik, Politikwissenschaften, Geschichte und Musikpädagogik. 2013 schrieb er seine Zulassungsarbeit zum Thema »Blicke wie diese … Eine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Potentialen grafischer Literatur im gymnasialen Unterricht«.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 06.02. FRANK APUNKT SCHNEIDER: Little Drummer Girl …

A Sentimental Journey into the Sadness of Karen Carpenter
Die Geschwister Richard und Karen Carpenter waren als die Carpenters die erfolgreichste Band der 1970er. Lange Zeit galt ihre züchtige und beinahe scheue Geschwistermusik als Aushängeschild des sauberen, weißen Amerika – und als familienfreundlicher Gegenentwurf zum exzessiven Rock. Die zahllosen Widersprüche, aus denen sie konstruiert ist, wurden erstmals im Februar 1983 erahnbar, als Karen Carpenter an den Folgen ihrer Magersucht verstarb. Mit ihrem Tod geriet die Krankheit Magersucht in den Fokus der Öffentlichkeit. Dass Karen Carpenter lange Zeit aber nicht nur Sängerin der Carpenters war, sondern auch deren Schlagzeugerin, ist heute weitgehend vergessen. Dabei wäre sie vermutlich sogar die beste Schlagzeugerin der Welt gewesen, wenn sie (abgesehen von Moe Tucker) nicht sowieso die einzige geblieben wäre.
Dass die wunderschöne und doch immer auch merkwürdig gebrochene Musik der Carpenters schon immer einen komplexen Diskurs über Wahrheit und Unwahrheit des Popversprechens führte, ist erst im Zuge ihrer Neubewertung aufgefallen. In den 1990er wurden die Carpenters von queeren Subkulturen wiederentdeckt und gewürdigt, weil aus ihrer verschlungenen Sounddialektik eine wahre Traurigkeit über die eigene Unwahrheit spricht. Warum sie damit die höchste Vollendungsstufe großer Popkunst darstellt, wird der Vortrag erklären.
Frank Apunkt Schneider ist typischer Poplinker und seit zwei Jahrzehnten manischer Fan der Carpenters. 2013 hat er endlich den Mut gefunden, öffentlich darüber zu reden. Zuletzt hat er in der freien uni über das Thema »Deutschpop halt’s Maul! Für eine Ästhetik der Verkrampfung« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 30. Januar. CHRISTOPH KLEIN: Karl Marx’ Ideologiekonzept – Eine Untersuchung

Die Rede über Ideologie erscheint gegenwärtig paradox: Einerseits wird vehement das Ende aller Ideologie postuliert, gar das nachideologische Zeitalter, von den akademischen und politischen Emporen ausgerufen. Ideologie verweist in diesem Fall auf die Vergangenheit, auf etwas, was nicht mehr in unsere Zeit passt und was auf die Ideenmüllhalde der Geschichte gehört. So vage die Bedeutung des Begriffs dabei auch bleibt, können doch einige immer wiederkehrende Konturen, im Lichte des Verwendungszusammenhangs identifiziert werden: ideologisch sind Sachverhalte, wenn sie irrtumsschwanger die Realität entstellen und die Menschen so zum Übel verführen. Andererseits ist die Anklage ideologisch zu sprechen auch heute weder selten noch wirkungslos. Sie kann als diskursive Praxis das Richtschwert sein über Wahrheit und Täuschung; kann die Grenze setzen zwischen Gemeinwillen und Demagogie und darüber den Gegner ins Abseits stellen. Der häufige Gebrauch des für obsolet erklärten Begriffs wirkt jedoch alles andere als entkräftigend. Blickt man genauer hin, wird deutlich, dass dieser Widerspruch tatsächlich das Funktionsprinzip der Anklage ist. So nährt sich der Verdacht, die sich ideologiefrei wähnende Rede könne selbst jenen vergangen geglaubten Irrtümern, also der Ideologie aufliegen, dass das Zeitalter der Ideologien noch lange nicht vorbei sein. Dies gibt Anlass, zurück zu gehen und den Begriff bei einem der wohl wirkungsmächtigsten Personen zu untersuchen, die ihn mitgeprägt haben: Karl Marx. Der Vortrag bezweckt Marxens Ideologiekonzept zu explizieren, dabei eventuelle Probleme offenzulegen und in den Gesamtzusammenhang seiner Gesellschaftstheorie einzuordnen.
Christoph Klein ›studiert‹ aktuell in Bamberg Soziologie, politische Theorie sowie (leider viel zu wenig) Philosophie. Zuletzt hat er in der freien uni über das Thema »Was ist eigentlich so ›kritisch‹ an der Kritischen Theorie?« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag 23. Januar. FRANK SCHELLENBERG: Universalismus und Partikularismus im (Ge)denken an die Schoa

Eine Frage, an der sich viele Debatten über die Deutung der nationalsozialistischen Massenvernichtung der europäischen Juden entzünden, betrifft die Gewichtung der universalistischen und der partikularistischen Perspektive. Selbige, antagonistisch anmutenden Deutungsmuster schlagen sich bereits in den unterschiedlichen Begriffen nieder und spielen eine entscheidende Rolle für Fragen der Repräsentation und des Gedenkens sowie möglicher Implikationen und ›Lehren‹. Dass sich die beiden Perspektiven jedoch keineswegs ausschließen, dass sie vielmehr zusammengedacht werden müssen, zeigte bereits Adorno und wird auch heute kaum ernsthaft bestritten. Dennoch gibt es in den Diskursen der verschiedenen Gruppen, Länder und Regionen klare Unterschiede in der Gewichtung.
Im Vortrag sollen zunächst die beiden Deutungsmuster und ihre Implikationen einführend dargestellt werden. Anschließend soll kurz auf die Bedeutung der Gedächtnisikone Auschwitz für die Herausbildung einer deutschen und israelischen wie auch einer europäischen oder westlichen Identität eingegangen werden. Am Ende soll die Frage stehen, inwieweit die partikularistische Perspektive und die Elemente kollektiver Gedächtnisse den Anschluss außereuropäischer Gesellschaften an diese Erinnerungskultur behindern und andererseits inwieweit der Universalisierung des Gedenkens bereits die Gefahr seiner Aushöhlung und der Relativierung des Verbrechens immanent ist.
Frank Schellenberg hat in Bamberg studiert und in der freien uni zuletzt über essentialistische Religionskritik und über die arabische Perzeption des Nationalsozialismus gesprochen.
fub presents: Zwei „Raum“ füllende Abende (haha). Mi 15. und Do 16. Januar. Günzel und Dudek

Mittwoch, 15.01.
STEPHAN GÜNZEL:
Heimat? – Raum!
Ausgehend von der Frage nach dem aktuellen Interesse für den Aspekt Raum in den verschiedensten Gebieten der Kultur und Wissensproduktion geht der Vortrag auf die Anfänge des sogenannten Spatial Turn ein und beleuchtet im Näheren kritisch die ortsbezogenen Konzeptionen einer Philosophie der Heimat, die sich zumeist gegen die Kategorie des Raumes aussprechen.
Dr. Stephan Günzel ist Professor für Medientheorie an der Berliner Technischen Kunsthochschule (btk) und Gastdozent für Philosophie an der Universität Klagenfurt; bis 2011 war er Koordinator des Zentrums für Computerspielforschung an der Universität Potsdam. Neueste Erscheinungen sind u. a.: Egoshooter. Das Raumbild des Computerspiels (2012) und Raum/Bild. Zur Logik des Medialen (2012). Zuletzt hat Stephan Günzel in der freien uni über das Thema »Poststrukturalismus und Kritische Theorie« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Donnerstag, 16.01.
SIMON DUDEK:
Everything you always wanted to know about space & place but were afraid to ask … Raumideologien im 20. Jahrhundert
Der Begriff des Raums ist ein wiederkehrendes Motiv in allen denkbaren akademischen Disziplinen. Die entsprechenden Raumkonzepte unterliegen indes einem stetigen Wandel. Vom »Volk ohne Raum« bis zu Samuel Huntingtons »Kulturkreisen« ist es die Wissenschaft, die als Ideologielieferant für die Raumvorstellungen in Gesellschaft und Politik fungiert. Gleichzeitig entwickeln sich auch abseits des wissenschaftlichen Feldes Raumsemantiken, die historisch von »Himmel und Hölle« über die Raumdeckung im modernen Fußball bis zur Rede von den »faulen Südländern« in der aktuellen Währungskrise reichen. Doch welcher Raum ist jeweils gemeint? Welche Attribute werden ihm zugeschrieben? Und wann hört die Diskussion um den Raum auf, unterkomplex zu sein?
Der Vortrag bietet einen Überblick über die großen Paradigmenwechsel der Raumkonzepte und zeigt anhand illustrer Beispiele die Gefahr wissenschaftlicher Begriffsdefinitionen auf.
Simon Dudek hat zum Zeitpunkt des Vortrags (hoffentlich) seinen Universitätsabschluss. In der freien uni hat er zuletzt über politische Philosophie in der Fernsehserie South Park gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 09.01. ELMAR RIEGER: Über China. Anmerkungen der Soziologie
Welche Gesichtspunkte hat die Soziologie, um den Aufstieg Chinas in der Weltwirtschaft, der Weltpolitik und der Weltgesellschaft verständlich zu machen? Welche Leistungsfähigkeit hat die Komparative Makrosoziologie, wenn es um ein tieferes Verständnis der besonderen gesellschaftspolitischen Konstellation des postrevolutionären Chinas geht: die außenwirtschaftliche Öffnung und die Einführung von Marktwirtschaft und Kapitalismus unter den politischen Bedingungen eines Herrschaftsmonopols der Kommunistischen Partei?
Elmar Rieger ist Professor für Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Zuletzt hat Elmar Rieger in der freien uni über das Thema »Bildungsbegriff und Bildungspolitik. Einlassungen zur Hochschulpolitik« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag 19. Dezember 2013. CHRIS WILPERT UND FRANK APUNKT SCHNEIDER: »Transzendenz – Ausweg, Fluchtweg, Holzweg?« Vorstellung der testcard #23

»Die zweite Hälfte des Himmels könnt ihr haben / Doch das Hier und das Jetzt, das behalt’ ich«, sangen die Fehlfarben 1980. Pop gilt als das Innerweltlichste und Immanenteste überhaupt. Trotzdem gab es dort immer schon Jenseits-Bezüge und -Diskurse: Die Selbstwahrnehmung bzw. -vermarktung einzelner Akteur_innen als »Instrument Gottes« oder als »Popgött_innen«; der »Evergreen« und das »Unsterblichwerden« usw. Explizite Transzendenz-Bewegungen im Free Jazz, im Afrofuturismus oder in der »Weltmusik« wurde bisweilen vom bewegungslinken Lager kritisiert. Erfahrungen von Alltags-Transzendenz (»Abfahren«, »Ausklinken«, »Wegdriften«) durch Pop erschienen ihm unvereinbar mit aufklärerischem Säkularismus und in der Wirkung konterrevolutionär. testcard #23 widmet sich dem Problem und der Möglichkeit der Transzendenz durch Pop und untersucht den heiligen Ernst im Pop mit unheiliger Neugier. Die Redakteur_innen Chris Wilpert und Frank Apunkt Schneider werden in entspannter vorweihnachtlicher Atmosphäre (feat. Plätzchen und Hörbeispielen) durch die aktuelle Ausgabe führen …
testcard ist eine Anthologie zu Popgeschichte und Poptheorie und erscheint seit 1995 im Ventil Verlag.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag 12. Dezember. JUSTIN MONDAY: Wie neoliberal war der Neoliberalismus?

Vor dem Herbst 2008 glaubten weite Teile der Linken, sie hätten es mit einem entstaatlichten, neoliberalen »Turbokapitalismus« zu tun. Für kurze Irritation sorgte dann die Anti-Krisenpolitik. War das noch neoliberal? Dieser Irritation konnte noch einmal mit der Behauptung begegnet werden, der Neoliberalismus sei eben das autoritäre Projekt hegemonialer Staaten. Das käme der historischen Wahrheit näher als die lange Zeit dominante Vorstellung seiner Staatsferne, würde nicht zugleich darauf beharrt, der Begriff ›neoliberal‹ könne die gesellschaftlichen oder auch nur die politökonomischen Verhältnisse seit den 1980er-Jahren in allen wesentlichen Aspekten erfassen. Dagegen soll anhand der Entstehung der neoliberalen Theorie in Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise 1929 und von deren Relation zur Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus deutlich gemacht werden, dass seine wesentlichen Merkmale aus antiliberalen Quellen stammen, die in der aktuellen Krise wieder präsent sind.
JustIn Monday veröffentlicht zum Thema u. a. in konkret, Exit!, Phase2 und Jungle World.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag, 05. Dezember. Benjamin Bauer: Die Erzählung vom »entarteten Volk«. Die historische Eugenik und ihre Kritiker_innen

»Die größte Gefahr für ein Volk ist die Entartung, d. h. die Verarmung an wertvollen Erbanlagen. Entartung tritt ein, wenn die tüchtigen Volksgenossen weniger Kinder haben als die minder tüchtigen«. (Leitsätze der Gesellschaft für Rassenhygiene, 1931/32)
Zwar wurden die rassistischen und antisemitischen Denkmuster in Thilo Sarrazins Deutschland schafft sich ab (2010) öffentlich skandalisiert. Im Bezug auf Sarrazins eugenische Wert- und Politikvorstellungen wurde jedoch kaum Kritik geäußert, obwohl es seit dem »Humangenomprojekt« und der Aufschlüsselung des »menschlichen Baukastens« durchaus eine wissenschaftlich-philosophische Auseinandersetzung mit Eugenik gibt.
Der Mangel an Kritiker_innen ist nichts Neues. Selbst während der Phase der historischen Eugenikbewegung (ca. 1900-1933) waren sie seltene Ausnahmen und auch in der Forschung werden sie nur am Rande behandelt. Eugenische Politik fand in der Weimarer Republik vor allem während der Weltwirtschaftskrise Unterstützung, obwohl die Eugenik international in den späten zwanziger Jahren in eine Krise geriet. Der Vortrag widmet sich den Argumenten sowie der sozialen Stellung einiger Kritiker_innen und geht der Frage nach, weshalb die Kritik der Eugenik in Deutschland so lange marginalisiert war.
Benjamin Bauer studierte Geschichte, Germanistik und Philosophie in Bamberg und arbeitet in der Offenen Behindertenarbeit.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag 28. November 2013. ROBERT ZWARG: »Dem Markt entgeht keine Theorie mehr« – Kritische Theorie zwischen Wissenschaftskritik und Akademisierung

Die Kritische Theorie ist ohne Zweifel im Wissenschafts- und Kulturbetrieb angekommen. Vielfach übersetzt und in zahllosen Varianten wiederveröffentlicht, finanzieren die Schriften Theodor W. Adornos und Walter Benjamins aus der Backlist des Suhrkamp Verlages eine Giorgio-Agamben-Ausgabe nach der anderen. Ganze Bibliotheken ließen sich mit der Sekundärliteratur zur Kritischen Theorie füllen. Einführungen, Exegesen, Kritiken, Vergleiche und Handbücher tummeln sich im Büchermeer; in Amerika sind unter dem Stichwort »Critical Theory« – erweitert um die kontinentale Geistesgeschichte von Kant bis Derrida – sogar Abschlüsse zu erwerben. Mochte es noch historischer Zufall gewesen sein, dass Adorno ein »Staatsfeind auf dem Lehrstuhl« (Wolfgang Pohrt) sein konnte, heute sind die Kritische Theorie, ebenso wie der Marxismus, legitime Tickets in den akademischen Betrieb. Die Akademisierung einer nicht nur radikal kritischen – das heißt an die Wurzeln der gesellschaftlichen Verhältnisse gehenden –, sondern dezidiert anti-akademischen und wissenschaftskritischen Denktradition ist erklärungsbedürftig. Um das Verhältnis der Tradition Adornos, Horkheimers et al. zum Wissenschaftsbetrieb zu erhellen, folgt der Vortrag der These, dass die Kritische Theorie von einer gesellschaftlichen Entwicklung eingeholt wurde, die sie selbst vorausgesehen hat und an der sie gleichwohl teilhatte.
Robert Zwarg lebt in Leipzig und promoviert zur Rezeption der Kritischen Theorie in Amerika. Er ist Mitglied der Redaktion der Phase 2.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag 21. November. Sonja M. Schultz. Der Nationalsozialismus im Film. Von Triumph des Willens bis Inglourious Basterds. Buchvorstellung mit Bildern und Filmausschnitten

Das Kino war ein entscheidender Ort nationalsozialistischer Selbstdarstellung, und der Film hat sich seit den faschistischen Propaganda-Bildern unablässig mit dem Nationalsozialismus befasst: mit den Nazis und Hitler, mit dem Holocaust, dem Vernichtungskrieg, mit Widerstand und Befreiung. Wieder und wieder wird die Vergangenheit, die sich nicht bewältigen lässt, inszeniert: in Spielfilmen, Satiren, Dokumentarfilmen, als Holocaust-Drama, Science Fiction oder Trashfilm, im Kino, im Fernsehen und im Internet.
Sonja M. Schultz zeigt Ausschnitte aus über 70 Jahren NS im Film: herausragende Werke, hartnäckige Klischees, ärgerlicher Revisionismus.
Sonja M. Schultz ist Filmjournalistin und Filmwissenschaftlerin aus Berlin. Ihre Interessensschwerpunkte sind Geschichtsbilder, Dokumentarfilme und NS-Propagandafilme. Der Nationalsozialismus im Film (2012) ist ihre überarbeitete Dissertationsschrift.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
fub presents: Donnerstag und Freitag den 14./15. November. Antifa und Western.

Donnerstag, 14.11.
MIRJA KELLER UND JAN SCHLEMERMEYER:
Antifa – Geschichte und Organisierung
In dem Buch Antifa – Geschichte und Organisierung (Reihe www.theorie.org / Schmetterling Verlag), das dieses Jahr bereits in zweiter überarbeiteter Auflage erschienen ist, geben die Autor_innen einen Überblick über die Vorläufer sowie Theorien und Praktiken der Antifa-Bewegung heute und der vergangenen Jahrzehnte. Das Buch bietet die Möglichkeit, Erkenntnisse über erarbeitete und verworfene Theorien sowie Erfolge und Niederlagen der Praxis zu sammeln, was gerade für die moderne, sich im stetigen Wandel befindliche Antifa-Bewegung von großer Bedeutung ist. Das Buch hilft so, Wissen um die eigene Geschichte zu erlangen, damit das Rad nicht immer neu erfunden werden muss. In dem Vortrag werden die Autor_innen Kernthesen des Buches vor- und zur Diskussion stellen.
Mirja Keller und Jan Schlemermeyer sind seit Jahren in der antifaschistischen Linken in Frankfurt a. M. aktiv. Mirja Keller promoviert zur religiös-zionistischen Kibbutzbewegung in Europa und arbeitet in der politischen Bildungsarbeit. Jan Schlemermeyer promoviert zur Transformation der Politik im Neoliberalismus. Außerdem arbeitet er mit im Institut für kategoriale Analyse (Inkatan).
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei
Freitag, 15.11.
NILS EBERT:
»Wagons West!« Zur Mythologie des US-amerikanischen Westernfilms
Der Western war bis in die 1970er Jahre hinein ein vitales Genre, seine Anfänge gehen mit der Entwicklung des Mediums Film einher. Viele Westernfilme lassen sich als Kommentare auf gesellschaftspolitische Fragen ihrer Entstehungszeit lesen, gelten in ihrer Argumentation aber als extrem rechtskonservativ, antifeministisch, bisweilen gar rassistisch. Der Vortrag wird verschiedene, größtenteils zwischen den 1930 und 1970er Jahren entstandene US-amerikanische Westernfilme anhand von Filmausschnitten vorstellen, ihre narrativen Strukturen untersuchen, auf die von ihnen vermittelten Wert- und Rollenangebote eingehen und nach ihren ideologischen Inhalten fragen. Die ihnen zugrundeliegende Mythologie soll dabei skizziert werden. Zudem wird ein Seitenblick auf einige Country-Music-Stücke geworfen. Deren Aussagen über amerikanische Identität werden herausgearbeitet und in Bezug zum Phänomen des Westernfilms gesetzt.
Nils Ebert studiert Germanistik und Soziologie in Bamberg und hat über die Country-Music zum Westernfilm gefunden. Gelegentlich wünscht er sich, es wäre so einfach, wie es Johnny Guitar, Protagonist in Nicholas Rays gleichnamigen Westernklassiker (1954), sagt: »When you boil it all down what does a man really need? Just a smoke and a cup of coffee.« Zuletzt hat Nils Ebert in der freien uni über das Thema »Propaganda 2020 – Zur Entfaltung deeskalativer Potentiale« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei





















