Die Kritische Theorie ist ohne Zweifel im Wissenschafts- und Kulturbetrieb angekommen. Vielfach übersetzt und in zahllosen Varianten wiederveröffentlicht, finanzieren die Schriften Theodor W. Adornos und Walter Benjamins aus der Backlist des Suhrkamp Verlages eine Giorgio-Agamben-Ausgabe nach der anderen. Ganze Bibliotheken ließen sich mit der Sekundärliteratur zur Kritischen Theorie füllen. Einführungen, Exegesen, Kritiken, Vergleiche und Handbücher tummeln sich im Büchermeer; in Amerika sind unter dem Stichwort »Critical Theory« – erweitert um die kontinentale Geistesgeschichte von Kant bis Derrida – sogar Abschlüsse zu erwerben. Mochte es noch historischer Zufall gewesen sein, dass Adorno ein »Staatsfeind auf dem Lehrstuhl« (Wolfgang Pohrt) sein konnte, heute sind die Kritische Theorie, ebenso wie der Marxismus, legitime Tickets in den akademischen Betrieb. Die Akademisierung einer nicht nur radikal kritischen – das heißt an die Wurzeln der gesellschaftlichen Verhältnisse gehenden –, sondern dezidiert anti-akademischen und wissenschaftskritischen Denktradition ist erklärungsbedürftig. Um das Verhältnis der Tradition Adornos, Horkheimers et al. zum Wissenschaftsbetrieb zu erhellen, folgt der Vortrag der These, dass die Kritische Theorie von einer gesellschaftlichen Entwicklung eingeholt wurde, die sie selbst vorausgesehen hat und an der sie gleichwohl teilhatte.
Robert Zwarg lebt in Leipzig und promoviert zur Rezeption der Kritischen Theorie in Amerika. Er ist Mitglied der Redaktion der Phase 2.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei