fub presents: Zwei Vorträge am 11. und 12. Juli 2013. Benedikt Frank und Christine Zunke

Donnerstag, 11.07.
BENEDIKT FRANK: Radical Gaming
Gesellschaftskritik in Spielen

Die Computerspiel-Industrie hat das Kino nach rein kommerziellen Maßstäben längst eingeholt. Das kann heute in jedem beliebigen Zeitungsartikel nachgelesen werden. Die Frage, ob ein Spiel ähnlich wie ein Film soziale Zustände reflektieren und vielleicht sogar kritisieren kann, wird dagegen kaum gestellt. Im öffentlichen Bild wird die Gaming-Kultur – zu Recht – als eine Veranstaltung von Kerlen mit ausgeprägten Gewaltfantasien und Militärfimmel dargestellt. An den Rändern der Gaming-Kulturindustrie gibt es jedoch auch hin und wieder Lichtblicke: Dank einfacher Werkzeuge können mittlerweile auch Künstler_innen und Aktivist_innen Spiele ohne Expert_innenwissen programmieren. Und die greifen gerne zu. So veröffentlichte die Schweizer Gruppe and-or.ch das Spiel »Discrimination Pong«, das die Spielregeln des Klassikers »Pong« so modifiziert, dass in ihm Alltagsdiskriminierung erfahrbar werden. Anna Anthropy setzt die Geschichte ihrer Geschlechtsumwandlung als Flashgame um und fordert in ihrem Buch »Rise of the Videogame Zinesters« eine DIY-Bewegung, die sich das Computerspiel zurückerobert. Zu größerer Bekanntheit gelangte die italienische Games-Schmiede Molleindustria, unter anderem durch das Spiel »Phone Story«, das die Produktionsbedingungen von Smartphones thematisiert und dafür prompt aus dem iTunes-Store verbannt wurde.
Der Vortrag stellt diese und andere Versuche vor, gesellschaftliche Verhältnisse in Spielen zu thematisieren und diskutiert die Möglichkeiten und Grenzen des Mediums als Mittel für emanzipatorische Kritik.

Benedikt Frank ist studierter Medienjunkie und hat in der fub zuletzt über das Thema »Level Up! Gamification und Ausbeutung« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 12.07.
CHRISTINE ZUNKE:
Gesellschaftskritik ist moralisch
Das Vortragsthema ergab sich aus einer Diskussion darüber, wie und warum der Kapitalismus eigentlich zu kritisieren sei. Wenn die Produzent_innen der Gebrauchsgüter vom Zugriff auf ihre Produkte abgeschnitten sind, weil diese den Produktionsmittelbesitzer_innen gehören, ist dann vor allem ihre individuelle Bedürfnisbefriedigung geschädigt? Oder wird ihnen zugleich ihre Freiheit auf einer Ebene verweigert, die sich gar nicht vollständig in einem materiellen Äquivalent ausdrücken lässt, weil die Menschen strukturell zu bloßen Mitteln der Verwertung des Wertes werden – und zwar unabhängig von der Höhe ihres Lohns? Dies führt zur Frage, warum der Kapitalismus eigentlich abgeschafft werden soll. Um in einer von der Verwertungslogik befreiten Gesellschaft verbesserte Möglichkeiten vorzufinden, die eigenen Interessen zu verfolgen? Oder ist bereits der Begriff des »Interesses« ideologisch? Muss ihm die Realisierung gesellschaftlicher Freiheit entgegengesetzt werden? Letzteres soll hier mit Verweis auf die Moral begründet werden. Freiheit wäre dabei nicht als bürgerliche Freiheit zu verstehen, und Moral nicht als Herrschaftsinstrument, das Verhaltenscodizes vorschreibt. Auf dieser Basis kann anschließend über den ideologischen Gehalt und das wahre Moment von »Interesse« und »Freiheit« diskutiert werden.

Christine Zunke ist Philosophin an der Uni Oldenburg und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Schnittstelle von Naturwissenschaft und Gesellschaft, u. a. in ihren Publikationen »Das Subjekt der Würde. Kritik der deutschen Stammzellendebatte« und »Kritik der Hirnforschung. Neurophysiologie und Willensfreiheit«. Sie hat zuletzt beim festival contre le racisme 2011 über das Thema »Soziobiologie. Die Wissenschaft der Naturalisierung« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

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