Die Rede über Ideologie erscheint gegenwärtig paradox: Einerseits wird vehement das Ende aller Ideologie postuliert, gar das nachideologische Zeitalter, von den akademischen und politischen Emporen ausgerufen. Ideologie verweist in diesem Fall auf die Vergangenheit, auf etwas, was nicht mehr in unsere Zeit passt und was auf die Ideenmüllhalde der Geschichte gehört. So vage die Bedeutung des Begriffs dabei auch bleibt, können doch einige immer wiederkehrende Konturen, im Lichte des Verwendungszusammenhangs identifiziert werden: ideologisch sind Sachverhalte, wenn sie irrtumsschwanger die Realität entstellen und die Menschen so zum Übel verführen. Andererseits ist die Anklage ideologisch zu sprechen auch heute weder selten noch wirkungslos. Sie kann als diskursive Praxis das Richtschwert sein über Wahrheit und Täuschung; kann die Grenze setzen zwischen Gemeinwillen und Demagogie und darüber den Gegner ins Abseits stellen. Der häufige Gebrauch des für obsolet erklärten Begriffs wirkt jedoch alles andere als entkräftigend. Blickt man genauer hin, wird deutlich, dass dieser Widerspruch tatsächlich das Funktionsprinzip der Anklage ist. So nährt sich der Verdacht, die sich ideologiefrei wähnende Rede könne selbst jenen vergangen geglaubten Irrtümern, also der Ideologie aufliegen, dass das Zeitalter der Ideologien noch lange nicht vorbei sein. Dies gibt Anlass, zurück zu gehen und den Begriff bei einem der wohl wirkungsmächtigsten Personen zu untersuchen, die ihn mitgeprägt haben: Karl Marx. Der Vortrag bezweckt Marxens Ideologiekonzept zu explizieren, dabei eventuelle Probleme offenzulegen und in den Gesamtzusammenhang seiner Gesellschaftstheorie einzuordnen.
Christoph Klein ›studiert‹ aktuell in Bamberg Soziologie, politische Theorie sowie (leider viel zu wenig) Philosophie. Zuletzt hat er in der freien uni über das Thema »Was ist eigentlich so ›kritisch‹ an der Kritischen Theorie?« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei