Archiv der Kategorie: Allgemein

fub presents: Ein fub-Doppelspezial. Do/Fr 29./30. Januar 2015. DZUDZEK/EICHHORN. Gouvernementalitäten der Kreativen und Grünen

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Donnerstag, 29.01.2015
IRIS DZUDZEK:
Kreativpolitik zwischen Unternehmen und Unvernehmen
In den vergangenen Jahren ist Kreativität zum Leitbild vieler Städte und Teil der Reartikulation von städtischer Regierung geworden. Der Vortrag fragt nach den Machteffekten dieses Prozesses. Führt eine Regierung durch Kreativität zur endgültigen Hegemonialisierung unternehmerischer Stadtpolitik? Bedeutet sie den Ausverkauf von Sozialpolitik zugunsten von Kulturpolitik? Welche Formen des Unvernehmens lassen sich erkennen?

Iris Dzudzek ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Humangeographie in Frankfurt am Main. Sie hat zum Thema »Kreativpolitik« promoviert und interessiert sich für das Verhältnis von Kultur, Politik und Ökonomie aus der Perspektive der Gouvernementalitätsstudien, der Diskurs- und Hegemonietheorie und der politischen Philosophie.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 30.01.2015
PHILIPP EICHHORN:
»Green New Deal«
Die Grüne Gouvernementalität des Kapitalismus
Als die Grünen vor einiger Zeit das Konzept eines »Green New Deal« für die neue Einheit von Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik vorstellten, war ihnen Spott nicht nur aus der marxistischen Ecke gewiss. Wer allerdings die letzten 40 Jahre Revue passieren lässt, kommt nicht umhin, ihnen eine avantgardistische Rolle zuzuschreiben. Auch jenseits von Energiewende, Corporate Social Responsibility und Kriegsführung-wegen-Auschwitz haben sie Trends losgetreten, die die kapitalistischen Eliten gerne aufgegriffen haben. Selbst im Umfeld der radikalen Linken erfreut sich diese Trends kritikloser Sympathie, obwohl sie ja eigentlich nur den verzweifelten Versuch darstellen, die Profitakkumulation aufrecht zu halten. Und oft liegt alldem ein ausgeprägter Sozialchauvinismus zugrunde. Mit welchem Überbau sich der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts präsentiert, was Dein Auslandsjahr in Südamerika, Diversity Management und A+++ Kühlschränke damit zu tun haben, und wo dabei überhaupt das Problem liegt, möchte der Vortrag erklären.

Philipp Eichhorn plädiert immer noch für den Hauptwiderspruch, würde auch gerne Weltreisen machen können und braucht dringend eine neue Spülmaschine. Er würde aus den letzten beiden kein politisches Programm machen. Aus dem ersten hingegen schon. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die Soziale Marktwirtschaft gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: KATRIN RACKERSEDER Zur Exklusion von Geflüchteten als Nicht-bürger_innen und ihre Konsequenzen für die Soziale Arbeit

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Der soziale Ausschluss von Geflüchteten bedeutet ihren »bürgerlichen Tod«, soziale Isolation sowie eine Situation der Rechts- und Rollenlosigkeit. Der Vortrag wird zunächst auf den Begriff der Exklusion eingehen, wie er in der aktivierenden Sozialpolitik verwendet wird, die ihre Hauptaufgabe in der Aufrechterhaltung individueller Beschäftigungsfähigkeit sieht. Ihm soll ein kritischer Exklusionsbegriff entgegengesetzt werden. Um die Rolle der Staatsbürgerschaft für den gesellschaftlichen Ausschluss von Geflüchteten erläutern zu können, muss jedoch auch über den theoretischen Ursprung von Staatsbürgerrechten sowie die konkrete Staatsbürgerschaftspraxis in Deutschland gesprochen werden. Die diskriminierende Behandlung von Asylsuchenden, die sich bei den Protesten der letzten Jahre selbst als »Non-Citizens« bezeichnet haben, kann mit Goffmans Konzept der »totalen Institution« kritisiert werden, das eine umfassende staatliche Kontrolle charakterisiert. Welche Rolle spielt die Soziale Arbeit bei alldem? Kann sie sich von dem Widerspruch befreien, der sich aus ihren staatlich vorgegebenen Zielen und ihrer „Menschenrechtsprofession“ ergibt?

Katrin Rackerseder hat gerade ihr Diplomstudium in Pädagogik abgeschlossen, um jetzt mit halbem Vollgas in die sozialpädagogische Praxis zu starten. Die verbleibende Energie will sie in Klettern und die Textarbeit mit anderen stecken.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do&Fr 18./19. Dezember 2014. Ein fub-doppelspezial: Chris Wilpert²/Frankt Apunkt Schneider. Wundkanal&Bug Report

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Donnerstag, 18.12.2014

CHRIS W. WILPERT:

»Wundkanal« und »Notre Nazi«: Die Nachgeschichte der Shoah in der Bundesrepublik in den Filmen Thomas Harlans

In Thomas Harlans Film »Wundkanal« spielt der verurteilte Massenmörder Alfred Filbert sich selbst: einen Massenmörder, der von unbenannten und unsichtbar bleibenden Terrorist_innen (offensichtlich Erb_innen von Baader und Meinhof) entführt wird. Die Kamera kreist um den Protagonisten, der schließlich sich selbst verhört. Nicht umsonst geriet »Wundkanal« – gemeinsam mit dem »Gegenfilm« »Notre Nazi«, der die Dreharbeiten zu »Wundkanal« dokumentiert – sowohl bei der Aufführung auf den Filmfestspielen von Venedig 1984 als auch auf der Berlinale 1985 zum Eklat. Jenseits der problematischen Parallelisierung von Auschwitz und Stammheim zeigen beide Filme Wunden der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur und -politik auf: die Kontinuität der Herrschaft von NS-Täter_innen in der BRD und ihre weitgehende Straffreiheit. Zudem lassen sie sich heute nicht nur als historische Dokumente bzw. bloße Artefakte betrachten, weil sie auf Lücken in der Vergangenheitsaufarbeitung hinweisen und mittels der Kunst einen anderen Umgang mit Geschichte anbieten.

 

Chris W. Wilpert lebt, wohnt, arbeitet, studiert, liest, schlürft gerne Latte Macchiato mit Sojamilch, promoviert über das »Erzählen von Geschichte in Thomas Harlans Prosa« und ist Mitherausgeber*in der testcard. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die Rezeption von Walter Benjamin gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei

 

Freitag, 19.12.2014

CHRIS W. WILPERT/

FRANK APUNKT SCHNEIDER:

Bug Report. Digital war besser!

Vorstellung der testcard #24

Nach dem hundertsten Leitartikel über das Verschwinden des Privaten und dem x-ten Profilbild, das durch das Gesicht von Edward Snowden ersetzt wurde, macht nun auch noch die testcard eine Ausgabe über Digitalisierung, Computer, Netze und das alles?! Wo uns die FAZ doch beinahe täglich Artikel bringt, die früher nur per Mailingliste in einem handverlesenen Kreis netzaffiner Theorieproduzent_innen zirkuliert wären. Wozu also gerade jetzt eine testcard zum Thema, auf Papier und gemacht von alten Männern, die sich noch immer jener Pop-Industrie verbunden fühlen, der die Digitalisierung doch endlich den verdienten Garaus gemacht hat? Aber was ist im Netz eigentlich Basis, was der Überbau, und wie verhalten sie sich zueinander? Sinnvoll über Digitalisierung zu sprechen, fällt nicht zuletzt deshalb so schwer, weil Technologie nie ohne jene polit-ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen zu verstehen ist, die sie reproduziert. Ob und unter welchen Bedingungen ein anderes Onlinesein möglich wäre, wissen die testcard-Redakteur_innen Chris W. Wilpert und Frank Apunkt Schneider auch nicht so recht, was sie aber nicht davon abhält, in entspannter vorweihnachtlicher Atmosphäre durch die aktuelle Ausgabe zu führen und dazu Plätzchen, Ton- und Bildbeispiele sowie handverlesene Nebenwidersprüche zu reichen.

 

testcard ist vielleicht nicht die beste, dafür aber die einzige deutsche Anthologie zu Popgeschichte und Poptheorie und erscheint seit 1995 im Ventil Verlag.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei

fub presents: Ein fub-Doppelspezial. Do & Fr 4.&5. Dezember 2014. Matthias Schneider & Benjamin Bauer. Männlichkeit & Antirassimus

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Donnerstag, 04.12.2014

MATTHIAS SCHNEIDER:

Justin Bieber vs. Tyler Durden

Über die gesellschaftliche Konstruktion von Männlichkeit

Tyler Durden (»Fight Club«) und Justin Bieber sind zwei Charaktere, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Während Durden einen längst vergangene Form der Männlichkeit im Film repräsentiert, wird Bieber als femininer Weichling mit Mikro-Penis und Vaterkomplex verspottet. Auf Grundlage dieser Archetypen wird der Versuch unternommen, hegemoniale Männlichkeitsvorstellungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts herauszuarbeiten. Dabei wird aus feministischer Perspektive argumentiert, dass diese stark vom historischen Kontext abhängig und variabel sind. Darauf aufbauend werden die Reaktionen auf Biebers und Durdens Männlichkeitsdarstellungen im Rahmen von gesellschaftlichen Entwicklungen erklärt.

Matthias Schneider ist konformistischer Studierender der Soziologie in Bamberg. Den Leerstellen seines Studiums ausgesetzt radikalisierte er sich in feministischen Keimzellen in Kopenhagen und New York. Wieder zurück versucht er, seinen intellektuellen Terrorismus durch leicht zugängliche Themen zu vertuschen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei

Freitag, 05.12.2014

BENJAMIN BAUER:

Kulturanthropologie:

Die Geburt des wissenschaftlichen Antirassismus

Im frühen 20. Jahrhundert hat eine Gruppe lose verbundener Wissenschaftler_innen in den USA, an deren Spitze Franz Boas stand, erste Ergebnisse gegen die Dominanz rassistischer Erklärungen menschlicher Diversität geliefert. Anhand von Schädelmessungen konnten sie nachweisen, dass die Umwelt (Milieu, Klima), also die Kultur, den Menschen viel stärker determiniert als seine Biologie. Gleichzeitig engagierten sich viele der Forscher_innen für die Aufhebung diskriminierender Gesetze und die Gleichbehandlung »rassischer« Minderheiten. Sie etablierten die Kulturanthropologie als antirassistische Wissenschaft, deren Erfolge in den 1950er Jahren zur globalen Diskreditierung biologistischer Vorstellungen über menschliche Vielfalt führten und sich heute noch in gängigen antirassistischen Vorstellungen äußeren. Allerdings waren die »Hebammen« dieser Disziplin selbst Rassenwissenschaftler_innen und nahmen Grundlagen der Rassentheorie in ihre antirassistische Disziplin mit auf. Der Vortrag beleuchtet das Wechselspiel zwischen Rassismus und Kulturalismus bei der Herausbildung der Kulturanthropologie, um die Entstehung und die Probleme des gegenwärtigen Antirassismus zu erhellen.

Benjamin Bauer hat Geschichte, Germanistik und Philosophie studiert. Zurzeit arbeitet er. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über die historische Eugenik und ihre Kritiker_innen gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei

fub presents: Do+Fr 27./28. November 2014. Ein fub-Doppelspezial: Reproduktion&Pop / Propaganda&Cartoons

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Donnerstag, 27.11.2014

ANNIKA MECKLENBRAUCK/LUKAS BÖCKMANN: The Mamas and the Papas:  Reproduktion und Pop. Ein kleiner Zwist.

Wer die Verantwortung für ein unmündiges, sowohl geistig als auch körperlich völlig ausgeliefertes Wesen zu übernehmen bereit ist, wird in den meisten Fällen sein bisheriges Leben erheblich umstellen müssen. Das bringt gemischte Gefühle mit sich, wird man/frau doch von allen Seiten her beständig mit Schaumworten wie »Flexibilität«, »Unabhängigkeit« und der völlig gegenstandslosen »individuellen Freiheit« eingerieben. Sich – gerade während der ersten Jahre – in die selbstgewählte Abhängigkeit vom Kind und möglicherweise weiteren Elternteilen zu begeben, die dem Druck der marktwirtschaftlichen Verwertung mühsam abgerungene Freizeit nicht mehr der Muße, Zerstreuung oder nächtlichen Eskapaden zu widmen, sondern der Reproduktionsarbeit, mag manches Mal erscheinen, als fräße das Kind eine_n auf. Über Fressen und Gefressenwerden streiten Annika Mecklenbrauck und Lukas Böckmann, die Herausgeber_innen des Sammelbandes »The Mamas and the Papas. Reproduktion, Pop und widerspenstige Verhältnisse«.

Annika Mecklenbrauck hat Ethnologie, Indologie und Naturschutz in Göttingen studiert. Zurzeit arbeitet sie beim B.U.N.D. Lukas Böckmann ist gelernter Romanist, ungelernter Redakteur und hin und wieder als freier Journalist für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Mit ihrem gemeinsamen Kind leben sie in Leipzig.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 28.11.2014

MARCEL FRANZE:Propaganda in Zeichentrickserien am Beispiel von Popeye und Käpt’n Balu

Der Vortrag basiert auf einer qualitativen Analyse, die ich im Rahmen einer Facharbeit durchgeführt habe. In ihr wird die Darstellung von Propaganda in je zwei Folgen zweier Zeichentrickserien untersucht: »You’re a Sap, Mr. Jap« aus der Reihe Popeye the Sailor (1942) und die Episode »Flying Dupes« aus Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew (im Original: Tale Spin; 1991). Im Zentrum steht die Fragestellung, ob und in welcher Weise Propaganda in den beiden Episoden dargestellt wird und inwieweit der Propagandabegriff, wie er in der einschlägigen Fachliteratur definiert wird, hinreichend für die Untersuchungsobjekte ist. Des Weiteren werden Analogien und Divergenzen der beiden Episoden eruiert und in Bezug zu ihrer Entstehungszeit gesetzt, um damit Entwicklungen der Propaganda im Zeichentrick aufzuzeigen.

Marcel Franze studiert zurzeit in Bamberg Kommunikationswissenschaft, Geschichte und Politikwissenschaft.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do 13. November 2014: ANGELIKA LIMMROTH: Jenny Marx: Das andere Kapital

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Jenny Marx: eigenwillig, engagiert, klug und gebildet, eine starke, schöne Frau an der Seite eines der bekanntesten Männer der Weltgeschichte. Behütet aufgewachsen entschied sich Jenny von Westphalen dennoch für ein Leben mit dem politisch agierenden, unbequemen und von der Gesellschaft abgelehnten, vier Jahre jüngeren Karl Marx. Gemeinsam bewältigten sie die von Geldsorgen, Ausweisungen und Anfeindungen belastete Existenz im Exil, in Paris, Brüssel und London, persönliche Krisen, die Geburt von sieben Kindern, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichten, und von Marx’ außerehelichem Sohn Frederick Demuth. Jenny Marx beteiligte sich aktiv an der sozialistischen Bewegung, war für die Weggefährt_innen eine zuverlässige Ansprech- und Korrespondenzpartnerin und eine anerkannte Mitarbeiterin ihres Mannes. Karl Marx’ wissenschaftliches Hauptwerk ist »Das Kapital«. Sein menschliches »Kapital« war seine Frau Jenny.

Angelika Limmroth, forscht seit zehn Jahren über Jenny Marx. Zu ihr publizierte sie die biographische Skizze: »Jenny von Westphalen – Die Frau von Karl Marx«, »Jenny Marx. Die Biographie« und hat das Buch »Jenny Marx. Die Briefe« mit herausgegeben.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

fub presents: Do 23.10.2014 ALEXANDER PEHLEMANN: EastBam, WestBam und die »Disko in Moskau« Eine audio-visuelle Exkursion durch die Subkulturen Osteuropas

Pehlemann0001Ein Ex-DDR-Provinz-Punk begibt sich auf eine radikal subjektive Spurensuche durch die ehemaligen Provinzen des Sowjet-Empires und Ex-Jugoslawien. Er erforscht Subkulturen und popkulturelle Begegnungen zwischen Ost und West, wie jene zwischen WestBam und EastBam, der als erstes auf Lettisch gerappt hat. Sie war der Beginn einer lang anhaltenden Sound-Freundschaft zu Perestroika-Bedingungen und brachte EastBam Auftritte und Plattenveröffentlichungen im Westen ein, um anschließend im Chaos der Zeit zu verschwinden. »Disko in Moskau«? Von ihrer Zersetzungskraft sangen die Toten Hosen 1987 in Pilsen beim Olof-Palme-Friedensfest. Danach brach ein Riot aus, von dem aus sich wiederum ein Bogen zu WestBams angeblichem »Disco Riot«-Konzept schlagen lässt, der selbst wiederum im September 1989 – kurz vor dem Zusammenbruch – in Berlin (Ost) aufgetreten ist: bei einem FDJ-Staats-Rave zur Feier von 40 Jahren DDR …

Alexander Pehlemann tauschte Ende der 1980er seine angehende Karriere als Ringer im griechisch-römischen Stil beim Armeesportklub »Vorwärts« Frankfurt/Oder gegen popkulturelle Verwirrung zu DDR-Konditionen ein und gibt seit 1993 das Zonic heraus, das sich u. a. mit osteuropäischer Subkultur beschäftigt. 2014 erschien sein Buch »Go Ost! Klang – Zeit – Raum. Reisen in die Subkulturzonen Osteuropas« im Ventil Verlag. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über das Thema »Magnetbanduntergrund DDR« gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei

fub presents: Do, 16.10.2014 CLAUDIA BARTH: Esoterik: die Suche nach dem Selbst

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Esoterik ist en vogue. Als relativ junge Religion – in Deutschland vor etwa 150 Jahren parallel mit der Reichsgründung entstanden –transportiert sie nationale Mythen, völkisch-rassistisches Gedankengut und bietet sich als adäquate Religionsform der Moderne an. Neben einem Einblick in die Geschichte und die Grundlagen esoterischen Denkens geht es um die Gründe ihrer Attraktivität. Esoterische Ratgeber versprechen individuelle Möglichkeiten, dem Druck der derzeitigen Arbeitswelt – das permanente Selbst-Empowerment zur »Arbeitskraftunternehmer_in« – stand zu halten. Der Vortrag behandelt die Frage, warum sich Menschen der Esoterik verschreiben. Ausgehend von Interviewstudien soll erörtert werden, welche Bedürfnisse und gesellschaftlichen Probleme mit ihrer Hilfe gelöst bzw. kompensiert werden sollen.

Claudia Barth ist Sozialpädagogin und Sozialpsychologin. Sie arbeitet zur Kritik der Esoterik als Publizistin und freie Referentin sowie im Bereich Kinder- und Jugendhilfe mit Sinti und Roma. Veröffentlichungen u. a.: »Esoterik – Die Suche nach dem Selbst. Sozialpsychologische Studien zu einer Form moderner Religiosität« und »Über alles in der Welt – Esoterik und Leitkultur. Eine Einführung in die Kritik irrationaler Welterklärungen«.
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do, 9.11.2014: HENDRIKE HELLMANN: Prostitution: der »Verkauf« des eigenen Körpers? Nachgefragt bei Hegel

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Obwohl Sexarbeit zumindest in Deutschland seit 2002 als legitime Erwerbsarbeit anerkannt ist, ist ihre Legalisierung weiterhin Gegenstand heftiger Diskussionen. In der theoretischen Debatte geht es dabei grundlegend um die Frage, in welcher Beziehung wir zu unserem eigenen Körper stehen. Einige Philosoph_innen vertreten die Auffassung, dass Prostitution mit Sklaverei gleichzusetzen wäre, da ein Mensch, der sich prostituiert, nicht nur seinen Körper, sondern sein eigenes Selbst verkauft. Andere Autor_innen argumentieren in der Tradition liberaler Eigentumstheorien hingegen, dass Prostituierte mit ihrem Körper – wie mit anderem Privateigentum auch – tun und lassen könnten, was sie wollen. Die beiden gegensätzlichen Positionen – Körper als Privateigentum vs. Körper als eigenes Selbst – scheinen jedoch nicht die einzigen möglichen Antworten zu sein. Mit Hegel lässt sich eine dritte Position konstruieren, die einen Mittelweg verspricht. Mit Hilfe seines Begriffs der Arbeitskraft lässt sich zeigen, dass Prostitution nicht mit dem »Verkauf« des Körpers gleichgesetzt werden muss.

 

Hendrike Hellmann studiert seit 2009 Philosophie in Bamberg. Seit einiger Zeit beschäftigt sie sich vermehrt mit Fragen der politischen Theorie und der angewandten Ethik.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1

(zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00

Eintritt: frei

fub presents: DO, 17.7.: Nicole Espinoza: Das Mapuche-»Problem« in Chile. Polizei statt Politik


Seit der Rückkehr der Demokratie 1990 eskalieren die Konflikte zwischen dem chilenischen Staat und den Mapuche aufgrund der »Besetzung« der Araucanía. Die Mapuche stellen eine Reihe ethnischer Forderungen, darunter die nach autonomer Rechtsprechung, nach Rückgabe früherer Gebiete, nach wirtschaftlichen Begünstigungen und der Anerkennung ihrer kulturellen Identität.
Aber wer zum Teufel sind diese Mapuche, und wo liegt noch mal die Araucanía?
Die Araucanía ist eine Region etwa 600 Kilometer südlich von Santiago. Dort haben sich die Mapuche im 5. Jahrhundert angesiedelt. Die Mapuche sind eine indigene Ethnie, die in Chile und Teilen Argentiniens lebt. Im Kampf um Land und Bodenschätze standen sie immer wieder am Rande der Auslöschung, die in Argentinien schon fast vollzogen ist. Obwohl ihre Zahl in Chile inzwischen wieder steigt (auch weil sich immer mehr Menschen zu ihrer Mapuche-Herkunft bekennen), besitzen sie keine politische Repräsentation. Innerhalb des Landes wird dieses Thema weitgehend tabuisiert. Das Wort »Mapuche« wird im chilenischen Alltag häufig auf pejorative Konnotationen reduziert und mit Terrorismus in Verbindung gebracht.
Wer den Konflikt in seiner Gesamtheit verstehen will, muss sich mit der Geschichte Chiles und der Mapuche auseinandersetzen. Zum Glück gibt es einen Vortrag darüber, durch den man/frau sich schlau machen kann.

Hallo! Ich bin die Niko und komme aus Santiago de Chile. Ich studiere Romanistik und Germanistik. Ich leite mit meiner Kollegin Constanza das Spanische Theater der Uni Bamberg. Ich mag Vodka mit Vodka, fette Katzen und den Philipp 1313.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents:Do 10.7 und Fr.11.7.: BERND KASPAREK & VINCENT GENGNAGEL/ANDREAS KALLERT: Mord im rassitischem Kontinuum & Kleinste anzunehmende terroristische Vereinigung

Donnerstag, 10.07.2014
BERND KASPAREK:
Mord im rassistischen Kontinuum

Im Bezug auf den NSU-Komplex ist vielfach über institutionellen Rassismus diskutiert worden. Er gilt als viel versprechender Ansatz, die eklatanten Ermittlungsfehler der deutschen Strafverfolgungsbehörden zu deuten. Im Vortrag soll hingegen noch einmal auf den Kontext des gesellschaftlichen Rassismus eingegangen werden, der die 2000er Jahre in Deutschland geprägt hat. Der deutsche Rassismus organisierte sich in den 1990ern vor allem um die Frage des Asyls und die Figur des Asylbewerbers bzw. der Asylbewerberin. Mit dem Antritt der rot-grünen Bundesregierung 1998 und ihrem durchaus engagierten migrationspolitischen Reformprogramm verschob sich die rassistische Mobilisierung hin zu Themen der Staatsbürgerschaft und der Einbürgerung. In den 2000er Jahren wurde ein erbitterter Kampf um die Frage ausgefochten, ob Deutschland eine Einwanderungsgesellschaft sei. Diese Auseinandersetzung spiegelt sich auch in den Morden des NSU wieder. Im Gegensatz zu den 90ern, als sich neonazistische Gewalt gegen gesellschaftlich marginalisierte Menschen wendete (z.B. Asylbewerber_innen und Obdachlose), ermordete der NSU Migrant_innen, die längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen waren. Angesichts dieser Verschiebung stellt sich die Frage, wie viel gesellschaftlicher Rassismus in den Taten des NSU steckt.

Bernd Kasparek ist Diplom-Mathematiker und Kulturanthropologe. Er forscht und publiziert zur europäischen Migrations- und Grenzpolitik und ist Mitglied des Vorstands der Forschungsassoziation bordermonitoring.eu und Mitglied des Netzwerks Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 11.07.2014
VINCENT GENGNAGEL/ANDREAS KALLERT:
Kleinste anzunehmende terroristische Vereinigung

Noch immer erscheint es sinnvoll, sich mit der rechtsradikalen Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds zu befassen, während sich die deutsche Presse über staatliche Förderung von Rechtsradikalen empört (wenn auch nur in Russland). Wie erwartet geht die Salamitaktik auf, mit der der NSU behandelt wird: Trotz der noch immer laufenden Verfahren schrumpft die sowieso schon erschreckend kleine kritische Öffentlichkeit weiter – als wäre der Skandal längst vom Tisch. Damit das so bleibt, werden Medienvertreter_innen schon mal im vertraulichen Hintergrundgespräch von der Staatsanwaltschaft auf Linie gebracht: Fragen zum Verhältnis der Polizistin Kiesewetter zu ihren mutmaßlichen Mördern werden als gegenstandlos betrachtet – und der behördenkritischen Nebenklage solle keine weitere mediale Aufmerksamkeit mehr geschenkt werden!
Wir halten es für wichtig, das formale Ziel des NSU-Prozesses im Spannungsverhältnis zwischen Bundesanwaltschaft, Nebenklage, Presse, »Sicherheitsdiensten« und Behörden zu diskutieren: Was kann der Prozess erreichen, was nicht? Warum ist überhaupt nur Zschäpe der Mitgliedschaft im NSU angeklagt?
Wir nehmen das zum Anlass, an eine schon lang eingestellte Ermittlung zu erinnern, deren Wiederaufnahme zuletzt gefordert wurde: Rund um das Oktoberfestattentat von 1980 zeigen sich ähnliche Ungereimtheiten in der Konstruktion der Einzeltäterthese. Und wir fragen uns, wie wohl in 30 Jahren über den NSU geschrieben werden wird.

Vincent Gengnagel und Andreas Kallert haben den NSU schon mehrfach in der freien uni bamberg thematisiert und möchten sich für etwaige Redundanzen schon im Vorfeld entschuldigen. Wie immer freuen sie sich auf die Diskussion.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do, 3. Juli: SEVI MEIER: Fragend gehen wir voran … Die zapatistische Revolution

Vor 20 Jahren begann im mexikanischen Bundesstaat Chiapas ein hauptsächlich von Indigenen getragener Aufstand, um der vorherrschenden Armut und Aussichtlosigkeit durch autonome Selbstverwaltung entgegenzutreten. Die Ablehnung von Regierungsansprüchen seitens des politischen Arms der Revolution (EZLN) und die praktizierten fortschrittlichen Formen von Demokratie führten dazu, dass sich selbst die sonst so streitsüchtige Linke auf diese Bewegung einigen kann.
Der Vortrag möchte sie vorstellen, ihre theoretischen Anknüpfungspunkte aufzeigen sowie Erfolge und Rückschläge der zapatistischen Praxis erörtern.

Sevi Meier studiert in Bamberg Berufliche Bildung/Sozialpädagogik und stammt selbst aus einer von Aussichtlosigkeit geprägten Region (dem ländlichen Niederbayern). Seit zwei Semestern gehört er der
illustren Gruppe freie uni bamberg an.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do, 26.6.: ROSWITHA SCHOLZ: Antiziganismus und Arbeitsgesellschaft

Antiziganismus ist ein weit verbreitetes Phänomen. In nahezu allen Staaten Europas werden Menschen als »Zigeuner« diskriminiert und nicht selten verfolgt. In dem Vortrag werden antiziganistische Tendenzen im Kontext neuzeitlicher Disziplinierungsprozesse und der Herausbildung der Arbeitsgesellschaft analysiert. Dabei werden auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum
Antisemitismus aufgezeigt.

Roswitha Scholz ist freie Publizistin und Redakteurin der linken Theoriezeitschrift Exit!, diverse Zeitschriftenpublikationen und Buchveröffentlichungen, darunter »Differenzen der Krise – Krise der Differenzen« (2005) und »Das Geschlecht des Kapitalismus« (2011).

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do, 18.06.: FRITHJOF GRELL: Erziehung zur Freiheit? Die Pädagogik »vom Gesichtspunkt« Rudolf Steiners

Die Pädagogik des Waldorfkindergartens stellt die Erziehungswissenschaft vor große Herausforderungen: Kann es eine »gute« pädagogische Praxis geben, auch wenn die Theorie auf höchst fragwürdigen Annahmen beruht und kaum weniger fragwürdige Ziele verfolgt? Der Vortrag geht dieser Frage nach und kommt zu einem eindeutigen Urteil: Nein! Die Qualität pädagogischer Praxis ist nie nur nach ihren Wirkungen, sondern immer auch vor dem Hintergrund der Motive zu beurteilen, die mit pädagogischem Handeln bezweckt werden. So beurteilen wir die Handlungen von Menschen. Warum also sollte es im Hinblick auf pädagogische Handlungskonzepte und ihre Praxis anders sein?

Prof. Dr. phil. Frithjof Grell ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Elementar- und Familienpädagogik an der Universität Bamberg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Theorie und Geschichte der frühkindlichen Bildung und Erziehung sowie Professionalisierung und Akademisierung der Erzieherinnenausbildung.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Doppel-Spezial: 5.6. und 6.6.: Philipp Eichhorn und Lucas Zeise: „Soziale Marktwirtschaft als vermeintliches Geheimnis der Erfolgsgeschichte »BRD«“ und „Geld und Finanzkapital“

Donnerstag, 05.06.2014
PHILIPP EICHHORN:
»Mir scheint es wirklich nur eine Frage der Begriffe zu sein, ob man eine freie Marktwirtschaft sozialistisch nennt oder nicht«.
Soziale Marktwirtschaft als vermeintliches Geheimnis der Erfolgsgeschichte »BRD«
Quo vadis, Soziale Marktwirtschaft (SM)? Ihr Wortschöpfer Alfred Müller-Armack schien, zumindest in der Konzeptionsphase, ein eher entspanntes Verhältnis zu diesem inzwischen äußerst populären Begriff zu haben. Spätestens mit der Agenda 2010 entbrannte ein neuer Diskurs um sie, der bis heute geführt wird: Das Ordnungsmodell, welches die BRD wieder in den Olymp der Wirtschaftsmächte führte, das Kapital mit dem Sozialstaat versöhnte und den Menschen auf beiden Seiten der Mauer den Zusammenhang von (sozialer) Marktwirtschaft, Demokratie und Freiheit vor Augen führte, scheint in Gefahr. Besonders allerlei linke Kräfte werfen der Politik vor, die »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« pervertiere den Begriff, negiere das Soziale und ersetze die SM durch »Neoliberalismus«. Sahra Wagenknecht wünscht sich gar den »Vater« des Ganzen, Ludwig Erhard, zurück. Um was es den Schöpfer_innen der SM eigentlich ging, wie erfolgreich sie wirklich war und welcher unterschlagene Faktor heute immer mehr zu Tragen kommt, will der Vortrag erläutern.

Philipp Eichhorn hat über das Thema gerade seine DA geschrieben und ist froh, in Zukunft mal wieder theoretische Texte diesseits eines tautologischen Erkenntnisinteresses lesen zu dürfen. Zuletzt hat er in der freien uni über Antikommunismus in der BRD gesprochen.

Freitag, 06.06.2014
LUCAS ZEISE:
Geld und Finanzkapital
Ziel des Vortrages ist es, Stellung und Funktion des Finanzsektors im heutigen Kapitalismus zu bestimmen. Dazu ist eine Charakterisierung des Geldes notwendig, das grundlegend nicht nur allgemeines Äquivalent, sondern auch Kredit ist. Die Geldware ist das, was Marx im Anschluss an andere Autoren »fiktives Kapital« genannt hat. Besser wäre es vielleicht – den Usancen der Terminhändler_innen folgend – von »Kontrakten« zu sprechen, also Verträgen oder Ansprüchen, die nicht auf die Person fixiert, sondern eben geldüblich handelbar sind. Die außerordentliche Macht des Finanzsektors entstammt auch aus seiner – staatlich verliehenen – Fähigkeit, Geld zu schöpfen und Vermögenspreisinflation zu erzeugen. Die fortdauernde Krise der Weltwirtschaft erklärt sich zu einem Großteil aus dem Anspruch auf Zahlung, der vom Überhang der Finanzvermögen ausgeht.

Lucas Zeise ist Finanzjournalist. Er hat Philosophie und Volkswirtschaft studiert und u. a. für das japanische Wirtschaftsministerium, die deutsche Aluminiumindustrie, die Frankfurter Börsen-Zeitung und die Financial Times Deutschland gearbeitet. Seit deren Ableben schreibt er in verschiedenen, vorwiegend linken Publikationen, bevorzugt für die junge welt und die Marxistischen Blätter.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do. 22.und Fr. 23. Mai: Frank Apunkt Schneider & Gerhard Stamer: „My future in the SS“ & „Marx und Hegel“

Donnerstag, 22.05.2014
FRANK APUNKT SCHNEIDER:
»My future in the SS«
NS-Provokation im deutschen (Post-)Punk

Als im New Yorker Frühpunk erstmals unkommentiert Hakenkreuze und NS-Zeichen auftauchten, war dies vor allem eine innerjüdische Angelegenheit: Jüdische Punks wie die Dictators benutzten sie, um sich mit der eigenen sekundären Traumatisierung als Nachgeborene der Überlebenden auseinanderzusetzen. Als Punk dann wenig später nach Deutschland kam, wurde das provokante Spiel mit dem NS dankbar aufgegriffen. Plötzlich redeten die Kinder und Enkel der Täter_innen in einer verstörend neuen Weise über die Shoa, die Daniel Jonah Goldhagens »Hitlers Willing Executioners« vorwegnahm: Songs wie »Party in der Gaskammer« (Middle Class Fantasies) oder »Die lustigen Stiefel (marschieren über Polen)« (Deutsch Amerikanische Freundschaft) und Gruppen wie Vadder Goebbels und die Nazi-Schlümpfe erzählten von der Shoa erstmals in der Wir-Perspektive und dekonstruierten damit die deutsche Vergangenheitsbewältigung. Dieses scheinaffirmative Spiel war wiederrum eine innerdeutsche Angelgenheit: eine Abrechnung mit den eigenen (Groß-)Eltern, deren Lebenslügen genüsslich demoliert wurden. Und doch standen die deutschen Punks damit noch immer in deren Tradition, weil ihre aggressive Wiederaneignung der deutschen Schuld die Auslöschung der europäischen Jüdinnen und Juden auf einer symbolischen Ebene wiederholte. Wie sich Textzeilen wie »Im KZ war’s doch so nett, nett, nett« (Attraktiv + Preiswert) wohl in den Ohren der Überlebenden anhören mochten, darauf scheinen sie jedenfalls keinen Gedanken verschwendet zu haben.

Frank Apunkt Schneider ist unfreier Künstler, Autor und selbsternannter Poptheoretiker, Mitherausgeber der testcard und Redakteur bei skug, außerdem der deutsche Außenposten der Kulturbewegung monochrom. 2007 hat er im Ventil Verlag das Buch »Als die Welt noch unterging. Von Punk zu NDW« veröffentlicht.
Zuletzt hat er in der freien uni über Karen Carpenter gesprochen.

Freitag, 23.05.2014
GERHARD STAMER
Marx und Hegel
Alles falsch gestellte Fragen: Ob Marx Hegel auf die Füße gestellt hat oder ob Hegel wirklich auf dem Kopf stand. Wenn schon – um beim Metaphorischen zu bleiben – hat Marx Hegel nicht auf die Füße gestellt, sondern flachgelegt. Weder ist der Mensch bei Marx so richtig auf die Beine der Lebenswelt gekommen, noch hat er den Kopf oben behalten, wie es für den aufrechten Gang erforderlich wäre. Wir wollen uns – zumindest in diesem Vortrag – weder auf die Seite von Marx noch auf die von Hegel schlagen, sondern über beide hinausgehen, um nicht hinter sie zurückzufallen.

Dr. Gerhard Stamer studierte in den 1960ern Philosophie, Psychologie und Soziologie, unter anderem bei Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas. Nachdem er in den 1970ern zunächst als Schiffbauer bei Blohm & Voß in Hamburg gearbeitet hatte, promovierte er 1984 bei Oskar Negt zum Thema Erkenntniskritik und Arbeiter_innenbewegung. 1994 gründete er das außeruniversitäre Institut für Praktische Philosophie »REFLEX« in Hannover, das er seither leitet. Seit 2011 gibt er am Lehrstuhl für Philosophie in Bamberg Seminare u. a. zu Kant, Hegel, Marx und Husserl.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do, 15.05.2014: KARINA KORECKY: Der poststrukturalistische Feminismus und die uneigentliche Erfahrung. Versuch einer feministischen Kritik an Judith Butler


Judith Butlers »Gender Trouble« (dt.: »Das Unbehagen der Geschlechter«) ist das am häufigsten rezipierte feministische Werk der Gegenwart. Der Vortrag wirft einen kritischen Blick auf Butlers poststrukturalistischen Feminismus. Obwohl Butler seit geraumer Zeit hauptsächlich als Antizionistin wahrgenommen wird (wozu sie selbst nicht wenig beiträgt), wird es weniger um ihre weltpolitischen und moralisch-ethischen Statements gehen, als um ihre theoretischen Grundannahmen sowie die gesellschaftlich-historischen Bedingungen ihrer Bedeutung für die feministische Kritik: Was macht den poststrukturalistischen Feminismus fast konkurrenzlos erfolgreich? Dabei werden nicht bloß Irrtümer, logische Fehlschlüsse und richtige oder falsche theoretische Bezüge identifiziert, sondern es wird auch nach dem »Erfahrungsgehalt dieses Denkens« (Peter Bürger) gefragt – oder anders: danach, welchem gesellschaftlichen Bedürfnis es entspricht. Es wird herausgearbeitet, dass die Attraktivität des poststrukturalistischen Denkens für den Feminismus in dessen Infragestellung von Wahrheit, Subjekt, Tradition, Geschichte und Einheit liegt. In diesem Impuls trifft sich der Poststrukturalismus mit einem zentralen Moment feministischer Gesellschaftskritik: der Kritik daran, dass die patriarchale Souveränität des strahlenden Subjekts voraussetzungsreich auf Kosten der Frauen konstituiert ist. Wie gezeigt werden soll, ist dem Poststrukturalismus aus feministischer Perspektive daher nicht sein Verzicht auf die Konstatierung von Wahrheit, sondern von gesellschaftlicher Unwahrheit vorzuwerfen.

Karina Korecky promoviert an der Universität Hamburg zum Verhältnis von Staat und Natur. Sie publiziert außerdem zu feministischer Kritik und veröffentlicht 2014 »Rousseau, die Liebe und der Staat« im Schweizer Verlag Die Brotsuppe.

Dieser Vortrag findet mit freundlicher Unterstützung des Lehrstuhls Sozialpädagogik statt.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Do 24. April JO­HAN­NA SCHMIDT: Psy­cho­ana­ly­se und Ge­sell­schafts­kri­tik. Eine kri­ti­sche Ein­füh­rung in die Psy­cho­ana­ly­se

Die Ein­wän­de gegen die Psy­cho­ana­ly­se – die meist schon vorab als wi­der­leg­te oder gar lä­cher­li­che Theo­rie ab­ge­tan wird – sind viel­fäl­tig: Sie steht in der Kri­tik, de­ter­mi­nis­tisch, in­di­vi­dua­lis­tisch und an­ti-​fe­mi­nis­tisch zu sein. Ihr wird vor­ge­wor­fen, den Men­schen als not­wen­di­ges Pro­dukt sei­ner Kind­heits­ent­wick­lung zu ver­ste­hen und ge­sell­schaft­li­che Ein­flüs­se auf das In­di­vi­du­um nicht hin­rei­chend ein­zu­be­zie­hen. So­zia­le Phä­no­me­ne lie­ßen sich damit nicht er­klä­ren. Au­ßer­dem kon­zen­trie­re sich die psy­cho­ana­ly­ti­sche Theo­rie auf das Männ­li­che und recht­fer­ti­ge eine In­fe­rio­ri­sie­rung von Weib­lich­keit.
Im Vor­trag sol­len – nach einer kur­zen Er­läu­te­rung psy­cho­ana­ly­ti­scher Grund­an­nah­men – sol­che Mei­nun­gen und Ein­wän­de auf ihre Rich­tig­keit über­prüft und der Frage nach­ge­gan­gen wer­den, in­wie­weit psy­cho­ana­ly­ti­sche Theo­rie für eine Ideo­lo­gie­kri­tik der mo­der­nen Ge­sell­schaft frucht­bar ge­macht wer­den kann.

Jo­han­na Schmidt lebt und stu­diert in Er­lan­gen. Theo­re­tisch steht sie der wert-​ab­spal­tungs-​kri­ti­schen Zeit­schrift EXIT! nahe. Ihre Ar­beits­schwer­punk­te sind fe­mi­nis­ti­sche Kri­tik und Psy­cho­ana­ly­se. Seit 2009 or­ga­ni­siert sie im selbst­ver­wal­te­ten Ju­gend-​ und Kul­tur­zen­trum Er­lan­gen ge­sell­schafts­kri­ti­sche Vor­trä­ge und seit 2011 an der Uni Er­lan­gen Au­to­no­me Se­mi­na­re zu fe­mi­nis­ti­scher Kri­tik, An­ti­se­mi­tis­mus sowie zur Psy­cho­ana­ly­se.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag, 17.4.: FABIAN HERBOLZHEIMER: Konsequente Demokraten statt schießwütiger Idioten. Das US-Amerikanische Waffenrecht

Selten sind sich in Deutschland bürgerliche Medien und Einzelpersonen, geschweige denn die, die sich links davon definieren, derart einig, wie bei der Kritik des US-amerikanischen Waffenrechts. Dabei verkennen sie, dass ihre Argumente oft in eklatantem Widerspruch zu ihren sonstigen politischen Konzepten stehen. Die einen imaginieren sich ein vor staatlichen Zugriffen geschütztes Individuum, sind aber nicht bereit, diesem zur tatsächlichen Verteidigung seiner Freihe
itsrechte mehr als das schwammige Widerstandsrecht nach Art. 21 Abs. 4 GG zu gewähren. Die anderen träumen von der Revolution und unterstützen, je nach Couleur, diese oder jene Miliz bzw. Guerilla, sehnen sich dann aber doch wieder nach dem sonst so verhassten staatlichen Gewaltmonopol. Der Vortrag versucht, das liberale Recht auf privaten Waffenbesitz in einen historischen und philosophischen Kontext einzubetten und hierbei die angesprochenen Widersprüche zu verdeutlichen. Abschließend sollen kritische Punkte des liberalen Waffenrechts erörtert werden, ohne dabei in die geläufigen Muster herablassender europäischer Betrachtung zu verfallen.

Fabian Herbolzheimer ist in Bamberg geboren und aufgewachsen, erfuhr hier die Anfänge seiner politischen Sozialisation und studiert zurzeit in Leipzig Soziologie und Kulturwissenschaften.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 10. April . Jens Kussmann: Se­quen­ti­el­le Kunst! Eine theo­rie­ba­sier­te Lie­be­s­er­klä­rung an Co­mics

Nach­dem Co­mics jahr­zehn­te­lang als »Schund­li­te­ra­tur« ver­schrien waren, lässt sich spä­tes­tens seit Mitte der 1990er Jahre ein brei­te­res In­ter­es­se an die­ser Kunst­form aus­zu­ma­chen. Heute fin­den sich Co­mic-​Re­zen­sio­nen in der F.A.Z., be­le­se­ne Rent­ner_in­nen im Co­mi­cla­den und Se­mi­na­re zu gra­fi­scher Li­te­ra­tur in den Vor­le­sungs­ver­zeich­nis­sen von Uni­ver­si­tä­ten. Womit genau hat zu tun, wer von Co­mics spricht? Wie »funk­tio­niert« das Me­di­um? Und was sind ei­gent­lich diese Gra­phic No­vels, die plötz­lich in jedem Buch­la­den be­wor­ben wer­den? Fra­gen über Fra­gen …
Der reich be­bil­der­te Vor­trag wird die Ge­schich­te des Me­di­ums dar­stel­len und in die Grund­zü­ge der Co­mic­theo­rie ein­füh­ren.

Jens Kuß­mann stu­diert(e) in Bam­berg Ger­ma­nis­tik, Po­li­tik­wis­sen­schaf­ten, Ge­schich­te und Mu­sik­päd­ago­gik. 2013 schrieb er seine Zu­las­sungs­ar­beit zum Thema »Bli­cke wie diese … Eine li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit den Po­ten­tia­len gra­fi­scher Li­te­ra­tur im gym­na­sia­len Un­ter­richt«.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Don­ners­tag, 06.​02. FRANK APUNKT SCHNEI­DER: Litt­le Drum­mer Girl …

A Sen­ti­men­tal Jour­ney into the Sad­ness of Karen Car­pen­ter
Die Ge­schwis­ter Ri­chard und Karen Car­pen­ter waren als die Car­pen­ters die er­folg­reichs­te Band der 1970er. Lange Zeit galt ihre züch­ti­ge und bei­na­he scheue Ge­schwis­ter­mu­sik als Aus­hän­ge­schild des sau­be­ren, wei­ßen Ame­ri­ka – und als fa­mi­li­en­freund­li­cher Ge­gen­ent­wurf zum ex­zes­si­ven Rock. Die zahl­lo­sen Wi­der­sprü­che, aus denen sie kon­stru­iert ist, wur­den erst­mals im Fe­bru­ar 1983 er­ahn­bar, als Karen Car­pen­ter an den Fol­gen ihrer Ma­ger­sucht ver­starb. Mit ihrem Tod ge­riet die Krank­heit Ma­ger­sucht in den Fokus der Öf­fent­lich­keit. Dass Karen Car­pen­ter lange Zeit aber nicht nur Sän­ge­rin der Car­pen­ters war, son­dern auch deren Schlag­zeu­ge­rin, ist heute weit­ge­hend ver­ges­sen. Dabei wäre sie ver­mut­lich sogar die beste Schlag­zeu­ge­rin der Welt ge­we­sen, wenn sie (ab­ge­se­hen von Moe Tu­cker) nicht so­wie­so die ein­zi­ge ge­blie­ben wäre.
Dass die wun­der­schö­ne und doch immer auch merk­wür­dig ge­bro­che­ne Musik der Car­pen­ters schon immer einen kom­ple­xen Dis­kurs über Wahr­heit und Un­wahr­heit des Pop­ver­spre­chens führ­te, ist erst im Zuge ihrer Neu­be­wer­tung auf­ge­fal­len. In den 1990er wur­den die Car­pen­ters von quee­ren Sub­kul­tu­ren wie­der­ent­deckt und ge­wür­digt, weil aus ihrer ver­schlun­ge­nen So­und­dia­lek­tik eine wahre Trau­rig­keit über die ei­ge­ne Un­wahr­heit spricht. Warum sie damit die höchs­te Voll­endungs­stu­fe gro­ßer Pop­kunst dar­stellt, wird der Vor­trag er­klä­ren.

Frank Apunkt Schnei­der ist ty­pi­scher Pop­lin­ker und seit zwei Jahr­zehn­ten ma­ni­scher Fan der Car­pen­ters. 2013 hat er end­lich den Mut ge­fun­den, öf­fent­lich dar­über zu reden. Zu­letzt hat er in der frei­en uni über das Thema »Deutsch­pop halt’s Maul! Für eine Äs­the­tik der Ver­kramp­fung« ge­spro­chen.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Don­ners­tag, 30.​ Januar. CHRIS­TOPH KLEIN: Karl Marx’ Ideo­lo­gie­kon­zept – Eine Un­ter­su­chung

Die Rede über Ideo­lo­gie er­scheint ge­gen­wär­tig pa­ra­dox: Ei­ner­seits wird ve­he­ment das Ende aller Ideo­lo­gie pos­tu­liert, gar das nach­i­deo­lo­gi­sche Zeit­al­ter, von den aka­de­mi­schen und po­li­ti­schen Em­po­ren aus­ge­ru­fen. Ideo­lo­gie ver­weist in die­sem Fall auf die Ver­gan­gen­heit, auf etwas, was nicht mehr in un­se­re Zeit passt und was auf die Ide­en­müll­hal­de der Ge­schich­te ge­hört. So vage die Be­deu­tung des Be­griffs dabei auch bleibt, kön­nen doch ei­ni­ge immer wie­der­keh­ren­de Kon­tu­ren, im Lich­te des Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hangs iden­ti­fi­ziert wer­den: ideo­lo­gisch sind Sach­ver­hal­te, wenn sie irr­tums­schwan­ger die Rea­li­tät ent­stel­len und die Men­schen so zum Übel ver­füh­ren. An­de­rer­seits ist die An­kla­ge ideo­lo­gisch zu spre­chen auch heute weder sel­ten noch wir­kungs­los. Sie kann als dis­kur­si­ve Pra­xis das Richt­schwert sein über Wahr­heit und Täu­schung; kann die Gren­ze set­zen zwi­schen Ge­mein­wil­len und Dem­ago­gie und dar­über den Geg­ner ins Ab­seits stel­len. Der häu­fi­ge Ge­brauch des für ob­so­let er­klär­ten Be­griffs wirkt je­doch alles an­de­re als ent­kräf­ti­gend. Blickt man ge­nau­er hin, wird deut­lich, dass die­ser Wi­der­spruch tat­säch­lich das Funk­ti­ons­prin­zip der An­kla­ge ist. So nährt sich der Ver­dacht, die sich ideo­lo­gie­frei wäh­nen­de Rede könne selbst jenen ver­gan­gen ge­glaub­ten Irr­tü­mern, also der Ideo­lo­gie auf­lie­gen, dass das Zeit­al­ter der Ideo­lo­gi­en noch lange nicht vor­bei sein. Dies gibt An­lass, zu­rück zu gehen und den Be­griff bei einem der wohl wir­kungs­mäch­tigs­ten Per­so­nen zu un­ter­su­chen, die ihn mit­ge­prägt haben: Karl Marx. Der Vor­trag be­zweckt Mar­xens Ideo­lo­gie­kon­zept zu ex­pli­zie­ren, dabei even­tu­el­le Pro­ble­me of­fen­zu­le­gen und in den Ge­samt­zu­sam­men­hang sei­ner Ge­sell­schafts­theo­rie ein­zu­ord­nen.

Chris­toph Klein ›stu­diert‹ ak­tu­ell in Bam­berg So­zio­lo­gie, po­li­ti­sche Theo­rie sowie (lei­der viel zu wenig) Phi­lo­so­phie. Zu­letzt hat er in der frei­en uni über das Thema »Was ist ei­gent­lich so ›kri­tisch‹ an der Kri­ti­schen Theo­rie?« ge­spro­chen.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag 23. Januar. FRANK SCHELLENBERG: Universalismus und Partikularismus im (Ge)denken an die Schoa

Eine Frage, an der sich viele Debatten über die Deutung der nationalsozialistischen Massenvernichtung der europäischen Juden entzünden, betrifft die Gewichtung der universalistischen und der partikularistischen Perspektive. Selbige, antagonistisch anmutenden Deutungsmuster schlagen sich bereits in den unterschiedlichen Begriffen nieder und spielen eine entscheidende Rolle für Fragen der Repräsentation und des Gedenkens sowie möglicher Implikationen und ›Lehren‹. Dass sich die beiden Perspektiven jedoch keineswegs ausschließen, dass sie vielmehr zusammengedacht werden müssen, zeigte bereits Adorno und wird auch heute kaum ernsthaft bestritten. Dennoch gibt es in den Diskursen der verschiedenen Gruppen, Länder und Regionen klare Unterschiede in der Gewichtung.
Im Vortrag sollen zunächst die beiden Deutungsmuster und ihre Implikationen einführend dargestellt werden. Anschließend soll kurz auf die Bedeutung der Gedächtnisikone Auschwitz für die Herausbildung einer deutschen und israelischen wie auch einer europäischen oder westlichen Identität eingegangen werden. Am Ende soll die Frage stehen, inwieweit die partikularistische Perspektive und die Elemente kollektiver Gedächtnisse den Anschluss außereuropäischer Gesellschaften an diese Erinnerungskultur behindern und andererseits inwieweit der Universalisierung des Gedenkens bereits die Gefahr seiner Aushöhlung und der Relativierung des Verbrechens immanent ist.

Frank Schellenberg hat in Bamberg studiert und in der freien uni zuletzt über essentialistische Religionskritik und über die arabische Perzeption des Nationalsozialismus gesprochen.

fub presents: Zwei „Raum“ füllende Abende (haha). Mi 15. und Do 16. Januar. Günzel und Dudek

Mitt­woch, 15.​01.
STE­PHAN GÜN­ZEL:
Hei­mat? – Raum!

Aus­ge­hend von der Frage nach dem ak­tu­el­len In­ter­es­se für den As­pekt Raum in den ver­schie­dens­ten Ge­bie­ten der Kul­tur und Wis­sens­pro­duk­ti­on geht der Vor­trag auf die An­fän­ge des so­ge­nann­ten Spa­ti­al Turn ein und be­leuch­tet im Nä­he­ren kri­tisch die orts­be­zo­ge­nen Kon­zep­tio­nen einer Phi­lo­so­phie der Hei­mat, die sich zu­meist gegen die Ka­te­go­rie des Rau­mes aus­spre­chen.

Dr. Ste­phan Gün­zel ist Pro­fes­sor für Me­dien­theo­rie an der Ber­li­ner Tech­ni­schen Kunst­hoch­schu­le (btk) und Gast­do­zent für Phi­lo­so­phie an der Uni­ver­si­tät Kla­gen­furt; bis 2011 war er Ko­or­di­na­tor des Zen­trums für Com­pu­ter­spiel­for­schung an der Uni­ver­si­tät Pots­dam. Neu­es­te Er­schei­nun­gen sind u. a.: Egoshoo­ter. Das Raum­bild des Com­pu­ter­spiels (2012) und Raum/Bild. Zur Logik des Me­dia­len (2012). Zu­letzt hat Ste­phan Gün­zel in der frei­en uni über das Thema »Post­struk­tu­ra­lis­mus und Kri­ti­sche Theo­rie« ge­spro­chen.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

Don­ners­tag, 16.​01.
SIMON DUDEK:
Ever­y­thing you al­ways wan­ted to know about space & place but were af­raid to ask … Raumideo­lo­gi­en im 20. Jahr­hun­dert
Der Be­griff des Raums ist ein wie­der­keh­ren­des Motiv in allen denk­ba­ren aka­de­mi­schen Dis­zi­pli­nen. Die ent­spre­chen­den Raum­kon­zep­te un­ter­lie­gen indes einem ste­ti­gen Wan­del. Vom »Volk ohne Raum« bis zu Sa­mu­el Hun­ting­tons »Kul­tur­krei­sen« ist es die Wis­sen­schaft, die als Ideo­lo­gie­lie­fe­rant für die Raum­vor­stel­lun­gen in Ge­sell­schaft und Po­li­tik fun­giert. Gleich­zei­tig ent­wi­ckeln sich auch ab­seits des wis­sen­schaft­li­chen Fel­des Raum­se­man­ti­ken, die his­to­risch von »Him­mel und Hölle« über die Raum­de­ckung im mo­der­nen Fuß­ball bis zur Rede von den »fau­len Süd­län­dern« in der ak­tu­el­len Wäh­rungs­kri­se rei­chen. Doch wel­cher Raum ist je­weils ge­meint? Wel­che At­tri­bu­te wer­den ihm zu­ge­schrie­ben? Und wann hört die Dis­kus­si­on um den Raum auf, un­ter­kom­plex zu sein?
Der Vor­trag bie­tet einen Über­blick über die gro­ßen Pa­ra­dig­men­wech­sel der Raum­kon­zep­te und zeigt an­hand il­lus­trer Bei­spie­le die Ge­fahr wis­sen­schaft­li­cher Be­griffs­de­fi­ni­tio­nen auf.

Simon Dudek hat zum Zeit­punkt des Vor­trags (hof­fent­lich) sei­nen Uni­ver­si­täts­ab­schluss. In der frei­en uni hat er zu­letzt über po­li­ti­sche Phi­lo­so­phie in der Fern­seh­se­rie South Park ge­spro­chen.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Don­ners­tag, 09.​01. ELMAR RIE­GER: Über China. An­mer­kun­gen der So­zio­lo­gie

Wel­che Ge­sichts­punk­te hat die So­zio­lo­gie, um den Auf­stieg Chi­nas in der Welt­wirt­schaft, der Welt­po­li­tik und der Welt­ge­sell­schaft ver­ständ­lich zu ma­chen? Wel­che Leis­tungs­fä­hig­keit hat die Kom­pa­ra­ti­ve Ma­kro­so­zio­lo­gie, wenn es um ein tie­fe­res Ver­ständ­nis der be­son­de­ren ge­sell­schafts­po­li­ti­schen Kon­stel­la­ti­on des post­re­vo­lu­tio­nä­ren Chi­nas geht: die au­ßen­wirt­schaft­li­che Öff­nung und die Ein­füh­rung von Markt­wirt­schaft und Ka­pi­ta­lis­mus unter den po­li­ti­schen Be­din­gun­gen eines Herr­schafts­mo­no­pols der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei?

Elmar Rie­ger ist Pro­fes­sor für So­zio­lo­gie an der Ot­to-​Fried­rich-​Uni­ver­si­tät Bam­berg. Zu­letzt hat Elmar Rie­ger in der frei­en uni über das Thema »Bil­dungs­be­griff und Bil­dungs­po­li­tik. Ein­las­sun­gen zur Hoch­schul­po­li­tik« ge­spro­chen.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag 19. Dezember 2013. CHRIS WIL­PERT UND FRANK APUNKT SCHNEI­DER: »Tran­szen­denz – Aus­weg, Flucht­weg, Holz­weg?« Vor­stel­lung der test­card #23

»Die zwei­te Hälf­te des Him­mels könnt ihr haben / Doch das Hier und das Jetzt, das be­halt’ ich«, san­gen die Fehl­far­ben 1980. Pop gilt als das In­ner­welt­lichs­te und Im­ma­nen­tes­te über­haupt. Trotz­dem gab es dort immer schon Jen­seits-​Be­zü­ge und -​Dis­kur­se: Die Selbst­wahr­neh­mung bzw. -​ver­mark­tung ein­zel­ner Ak­teur_in­nen als »In­stru­ment Got­tes« oder als »Pop­göt­t_in­nen«; der »Ever­green« und das »Un­sterb­lich­wer­den« usw. Ex­pli­zi­te Tran­szen­denz-​Be­we­gun­gen im Free Jazz, im Afro­fu­tu­ris­mus oder in der »Welt­mu­sik« wurde bis­wei­len vom be­we­gungs­lin­ken Lager kri­ti­siert. Er­fah­run­gen von All­tags-​Tran­szen­denz (»Ab­fah­ren«, »Aus­klin­ken«, »Weg­drif­ten«) durch Pop er­schie­nen ihm un­ver­ein­bar mit auf­klä­re­ri­schem Sä­ku­la­ris­mus und in der Wir­kung kon­ter­re­vo­lu­tio­när. test­card #23 wid­met sich dem Pro­blem und der Mög­lich­keit der Tran­szen­denz durch Pop und un­ter­sucht den hei­li­gen Ernst im Pop mit un­hei­li­ger Neu­gier. Die Re­dak­teur_in­nen Chris Wil­pert und Frank Apunkt Schnei­der wer­den in ent­spann­ter vor­weih­nacht­li­cher At­mo­sphä­re (feat. Plätz­chen und Hör­bei­spie­len) durch die ak­tu­el­le Aus­ga­be füh­ren …

test­card ist eine An­tho­lo­gie zu Pop­ge­schich­te und Po­p­theo­rie und er­scheint seit 1995 im Ven­til Ver­lag.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag 12. Dezember. JUS­TIN MON­DAY: Wie neo­li­be­ral war der Neo­li­be­ra­lis­mus?


Vor dem Herbst 2008 glaub­ten weite Teile der Lin­ken, sie hät­ten es mit einem ent­staat­lich­ten, neo­li­be­ra­len »Tur­bo­ka­pi­ta­lis­mus« zu tun. Für kurze Ir­ri­ta­ti­on sorg­te dann die An­ti-​Kri­sen­po­li­tik. War das noch neo­li­be­ral? Die­ser Ir­ri­ta­ti­on konn­te noch ein­mal mit der Be­haup­tung be­geg­net wer­den, der Neo­li­be­ra­lis­mus sei eben das au­to­ri­tä­re Pro­jekt he­ge­mo­nia­ler Staa­ten. Das käme der his­to­ri­schen Wahr­heit näher als die lange Zeit do­mi­nan­te Vor­stel­lung sei­ner Staats­fer­ne, würde nicht zu­gleich dar­auf be­harrt, der Be­griff ›neo­li­be­ral‹ könne die ge­sell­schaft­li­chen oder auch nur die po­lit­öko­no­mi­schen Ver­hält­nis­se seit den 1980er-​Jah­ren in allen we­sent­li­chen As­pek­ten er­fas­sen. Da­ge­gen soll an­hand der Ent­ste­hung der neo­li­be­ra­len Theo­rie in Re­ak­ti­on auf die Welt­wirt­schafts­kri­se 1929 und von deren Re­la­ti­on zur Wirt­schafts­po­li­tik des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus deut­lich ge­macht wer­den, dass seine we­sent­li­chen Merk­ma­le aus an­ti­li­be­ra­len Quel­len stam­men, die in der ak­tu­el­len Krise wie­der prä­sent sind.

Jus­tIn Mon­day ver­öf­fent­licht zum Thema u. a. in kon­kret, Exit!, Pha­se2 und Jung­le World.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Don­ners­tag, 05. Dezember. Benjamin Bauer: Die Er­zäh­lung vom »ent­ar­te­ten Volk«. Die his­to­ri­sche Eu­ge­nik und ihre Kri­ti­ker_in­nen

»Die größ­te Ge­fahr für ein Volk ist die Ent­ar­tung, d. h. die Ver­ar­mung an wert­vol­len Erb­an­la­gen. Ent­ar­tung tritt ein, wenn die tüch­ti­gen Volks­ge­nos­sen we­ni­ger Kin­der haben als die min­der tüch­ti­gen«. (Leit­sät­ze der Ge­sell­schaft für Ras­sen­hy­gie­ne, 1931/32)
Zwar wur­den die ras­sis­ti­schen und an­ti­se­mi­ti­schen Denk­mus­ter in Thilo Sar­ra­zins Deutsch­land schafft sich ab (2010) öf­fent­lich skan­da­li­siert. Im Bezug auf Sar­ra­zins eu­ge­ni­sche Wert- und Po­li­tik­vor­stel­lun­gen wurde je­doch kaum Kri­tik ge­äu­ßert, ob­wohl es seit dem »Hu­man­ge­nom­pro­jekt« und der Auf­schlüs­se­lung des »mensch­li­chen Bau­kas­tens« durch­aus eine wis­sen­schaft­lich-​phi­lo­so­phi­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit Eu­ge­nik gibt.
Der Man­gel an Kri­ti­ker_in­nen ist nichts Neues. Selbst wäh­rend der Phase der his­to­ri­schen Eu­ge­nik­be­we­gung (ca. 1900-​1933) waren sie sel­te­ne Aus­nah­men und auch in der For­schung wer­den sie nur am Rande be­han­delt. Eu­ge­ni­sche Po­li­tik fand in der Wei­ma­rer Re­pu­blik vor allem wäh­rend der Welt­wirt­schafts­kri­se Un­ter­stüt­zung, ob­wohl die Eu­ge­nik in­ter­na­tio­nal in den spä­ten zwan­zi­ger Jah­ren in eine Krise ge­riet. Der Vor­trag wid­met sich den Ar­gu­men­ten sowie der so­zia­len Stel­lung ei­ni­ger Kri­ti­ker_in­nen und geht der Frage nach, wes­halb die Kri­tik der Eu­ge­nik in Deutsch­land so lange mar­gi­na­li­siert war.

Ben­ja­min Bauer stu­dier­te Ge­schich­te, Ger­ma­nis­tik und Phi­lo­so­phie in Bam­berg und ar­bei­tet in der Of­fe­nen Be­hin­der­ten­ar­beit.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag 28. November 2013. RO­BERT ZWARG: »Dem Markt ent­geht keine Theo­rie mehr« – Kri­ti­sche Theo­rie zwi­schen Wis­sen­schafts­kri­tik und Aka­de­mi­sie­rung


Die Kri­ti­sche Theo­rie ist ohne Zwei­fel im Wis­sen­schafts-​ und Kul­tur­be­trieb an­ge­kom­men. Viel­fach über­setzt und in zahl­lo­sen Va­ri­an­ten wie­der­ver­öf­fent­licht, fi­nan­zie­ren die Schrif­ten Theo­dor W. Ador­nos und Wal­ter Ben­ja­mins aus der Back­list des Suhr­kamp Ver­la­ges eine Gior­gio-​Agam­ben-​Aus­ga­be nach der an­de­ren. Ganze Bi­blio­the­ken lie­ßen sich mit der Se­kun­där­li­te­ra­tur zur Kri­ti­schen Theo­rie fül­len. Ein­füh­run­gen, Ex­ege­sen, Kri­ti­ken, Ver­glei­che und Hand­bü­cher tum­meln sich im Bü­cher­meer; in Ame­ri­ka sind unter dem Stich­wort »Cri­ti­cal Theo­ry« – er­wei­tert um die kon­ti­nen­ta­le Geis­tes­ge­schich­te von Kant bis Der­ri­da – sogar Ab­schlüs­se zu er­wer­ben. Moch­te es noch his­to­ri­scher Zu­fall ge­we­sen sein, dass Ador­no ein »Staats­feind auf dem Lehr­stuhl« (Wolf­gang Pohrt) sein konn­te, heute sind die Kri­ti­sche Theo­rie, eben­so wie der Mar­xis­mus, le­gi­ti­me Ti­ckets in den aka­de­mi­schen Be­trieb. Die Aka­de­mi­sie­rung einer nicht nur ra­di­kal kri­ti­schen – das heißt an die Wur­zeln der ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se ge­hen­den –, son­dern de­zi­diert an­ti-​aka­de­mi­schen und wis­sen­schafts­kri­ti­schen Denk­tra­di­ti­on ist er­klä­rungs­be­dürf­tig. Um das Ver­hält­nis der Tra­di­ti­on Ador­nos, Hork­hei­mers et al. zum Wis­sen­schafts­be­trieb zu er­hel­len, folgt der Vor­trag der These, dass die Kri­ti­sche Theo­rie von einer ge­sell­schaft­li­chen Ent­wick­lung ein­ge­holt wurde, die sie selbst vor­aus­ge­se­hen hat und an der sie gleich­wohl teil­hat­te.

Ro­bert Zwarg lebt in Leip­zig und pro­mo­viert zur Re­zep­ti­on der Kri­ti­schen Theo­rie in Ame­ri­ka. Er ist Mit­glied der Re­dak­ti­on der Phase 2.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag 21. November. Sonja M. Schultz. Der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Film. Von Tri­umph des Wil­lens bis In­g­lou­rious Bas­terds. Buch­vor­stel­lung mit Bil­dern und Film­aus­schnit­ten

Das Kino war ein ent­schei­den­der Ort na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Selbst­dar­stel­lung, und der Film hat sich seit den fa­schis­ti­schen Pro­pa­gan­da-​Bil­dern un­ab­läs­sig mit dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus be­fasst: mit den Nazis und Hit­ler, mit dem Ho­lo­caust, dem Ver­nich­tungs­krieg, mit Wi­der­stand und Be­frei­ung. Wie­der und wie­der wird die Ver­gan­gen­heit, die sich nicht be­wäl­ti­gen lässt, in­sze­niert: in Spiel­fil­men, Sa­ti­ren, Do­ku­men­tar­fil­men, als Ho­lo­caust-​Dra­ma, Sci­ence Fic­tion oder Trash­film, im Kino, im Fern­se­hen und im In­ter­net.
Sonja M. Schultz zeigt Aus­schnit­te aus über 70 Jah­ren NS im Film: her­aus­ra­gen­de Werke, hart­nä­cki­ge Kli­schees, är­ger­li­cher Re­vi­sio­nis­mus.

Sonja M. Schultz ist Film­jour­na­lis­tin und Film­wis­sen­schaft­le­rin aus Ber­lin. Ihre In­ter­es­sens­schwer­punk­te sind Ge­schichts­bil­der, Do­ku­men­tar­fil­me und NS-​Pro­pa­gan­da­fil­me. Der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus im Film (2012) ist ihre über­ar­bei­te­te Dis­ser­ta­ti­ons­schrift.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag und Freitag den 14./15. November. Antifa und Western.

Don­ners­tag, 14.​11.
MIRJA KEL­LER UND JAN SCHLE­MER­MEY­ER:
An­ti­fa – Ge­schich­te und Or­ga­ni­sie­rung

In dem Buch An­ti­fa – Ge­schich­te und Or­ga­ni­sie­rung (Reihe www.​theorie.​org / Schmet­ter­ling Ver­lag), das die­ses Jahr be­reits in zwei­ter über­ar­bei­te­ter Auf­la­ge er­schie­nen ist, geben die Au­to­r_in­nen einen Über­blick über die Vor­läu­fer sowie Theo­ri­en und Prak­ti­ken der An­ti­fa-​Be­we­gung heute und der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te. Das Buch bie­tet die Mög­lich­keit, Er­kennt­nis­se über er­ar­bei­te­te und ver­wor­fe­ne Theo­ri­en sowie Er­fol­ge und Nie­der­la­gen der Pra­xis zu sam­meln, was ge­ra­de für die mo­der­ne, sich im ste­ti­gen Wan­del be­find­li­che An­ti­fa-​Be­we­gung von gro­ßer Be­deu­tung ist. Das Buch hilft so, Wis­sen um die ei­ge­ne Ge­schich­te zu er­lan­gen, damit das Rad nicht immer neu er­fun­den wer­den muss. In dem Vor­trag wer­den die Au­to­r_in­nen Kern­the­sen des Bu­ches vor- und zur Dis­kus­si­on stel­len.

Mirja Kel­ler und Jan Schle­mer­mey­er sind seit Jah­ren in der an­ti­fa­schis­ti­schen Lin­ken in Frank­furt a. M. aktiv. Mirja Kel­ler pro­mo­viert zur re­li­gi­ös-​zio­nis­ti­schen Kib­butz­be­we­gung in Eu­ro­pa und ar­bei­tet in der po­li­ti­schen Bil­dungs­ar­beit. Jan Schle­mer­mey­er pro­mo­viert zur Trans­for­ma­ti­on der Po­li­tik im Neo­li­be­ra­lis­mus. Au­ßer­dem ar­bei­tet er mit im In­sti­tut für ka­te­go­ria­le Ana­ly­se (In­ka­tan).

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

Frei­tag, 15.​11.
NILS EBERT:
»Wa­gons West!« Zur My­tho­lo­gie des US-​ame­ri­ka­ni­schen Wes­tern­films

Der Wes­tern war bis in die 1970er Jahre hin­ein ein vi­ta­les Genre, seine An­fän­ge gehen mit der Ent­wick­lung des Me­di­ums Film ein­her. Viele Wes­tern­fil­me las­sen sich als Kom­men­ta­re auf ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Fra­gen ihrer Ent­ste­hungs­zeit lesen, gel­ten in ihrer Ar­gu­men­ta­ti­on aber als ex­trem rechts­kon­ser­va­tiv, an­ti­fe­mi­nis­tisch, bis­wei­len gar ras­sis­tisch. Der Vor­trag wird ver­schie­de­ne, größ­ten­teils zwi­schen den 1930 und 1970er Jah­ren ent­stan­de­ne US-​ame­ri­ka­ni­sche Wes­tern­fil­me an­hand von Film­aus­schnit­ten vor­stel­len, ihre nar­ra­ti­ven Struk­tu­ren un­ter­su­chen, auf die von ihnen ver­mit­tel­ten Wert- und Rol­len­an­ge­bo­te ein­ge­hen und nach ihren ideo­lo­gi­schen In­hal­ten fra­gen. Die ihnen zu­grun­de­lie­gen­de My­tho­lo­gie soll dabei skiz­ziert wer­den. Zudem wird ein Sei­ten­blick auf ei­ni­ge Coun­try-​Mu­sic-​Stü­cke ge­wor­fen. Deren Aus­sa­gen über ame­ri­ka­ni­sche Iden­ti­tät wer­den her­aus­ge­ar­bei­tet und in Bezug zum Phä­no­men des Wes­tern­films ge­setzt.

Nils Ebert stu­diert Ger­ma­nis­tik und So­zio­lo­gie in Bam­berg und hat über die Coun­try-​Mu­sic zum Wes­tern­film ge­fun­den. Ge­le­gent­lich wünscht er sich, es wäre so ein­fach, wie es John­ny Gui­tar, Prot­ago­nist in Ni­cho­las Rays gleich­na­mi­gen Wes­tern­klas­si­ker (1954), sagt: »When you boil it all down what does a man re­al­ly need? Just a smoke and a cup of cof­fee.« Zu­letzt hat Nils Ebert in der frei­en uni über das Thema »Pro­pa­gan­da 2020 – Zur Ent­fal­tung dee­s­ka­la­ti­ver Po­ten­tia­le« ge­spro­chen.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Donnerstag und Freitag. 7./8.11. 2x fub. 2x Türkei. 2x Fatma Umul.

Don­ners­tag, 07.​11.
FATMA UMUL:
#diren­ge­zi! (Leis­te Wi­der­stand, Gezi!)
Der Auf­stand gegen Erdoğan: Oc­cu­py-​Be­we­gung oder ›tür­ki­scher Früh­ling‹?

»Wir sind die Mehr­heit, wir wur­den ge­wählt, wir sind de­mo­kra­tisch le­gi­ti­miert!« – Mit Pro­pa­gan­da­aus­sa­gen wie die­sen ver­such­te der tür­ki­sche Pre­mier Erdoğan, die Wi­der­stän­de gegen die Zer­stö­rung des Ge­zi-​Parks als un­recht­mä­ßig zu dis­kre­di­tie­ren. Seine neo-​os­ma­ni­sche Ein-​Mann-​Au­to­ri­tät ver­half ihm, Sol­da­t_in­nen in Po­li­zei­uni­for­men klei­den zu las­sen, Po­li­zeit­er­ror zu le­gi­ti­mie­ren und die Me­di­en zu zen­sie­ren. Das Er­geb­nis: fünf Tote und tau­sen­de Ver­letz­te! Der bru­ta­le Um­gang mit den auf­ge­brach­ten Bür­ger_in­nen zeig­te die engen Gren­zen des De­mo­kra­tie­ver­ständ­nis­ses Erdoğans auf. Die For­de­rung nach dem Er­halt der Bäume im Ge­zi-​Park trans­for­mier­te sich in­ner­halb we­ni­ger Stun­den zu einer Re­vol­te gegen die Herr­schen­den. Kurz nach der Be­set­zung hieß es in einer Rede: »Wir wer­den nicht er­lau­ben, dass die mensch­li­che Ar­beits­kraft, die Städ­te, die Wäl­der, das Was­ser, die Bil­dung […] zu­guns­ten von Pro­fit kei­nen Wert mehr haben«. Neben der Dar­stel­lung der Er­eig­nis­se und einem his­to­ri­schen Ab­riss dar­über, wie die Ge­zi-​Auf­stän­de in der Ge­schich­te der Tür­kei ein­zu­ord­nen sind, soll dar­über dis­ku­tiert wer­den, wel­che glo­ba­len Dis­kur­se mit der 15-​tä­gi­gen Be­set­zung des Ge­zi-​Parks an­ge­sto­ßen wur­den, die auch nach der Räu­mung des Parks in zahl­rei­chen Park-​Fo­ren Thema sind.

Fatma Umul hat 2013 ein Prak­ti­kum bei der un­ab­hän­gi­gen Frau­en­or­ga­ni­sa­ti­on Mor Çatı in İstan­bul ge­macht. Als die Auf­stän­de los­gin­gen, dach­te sie kurz, die Re­vo­lu­ti­on sei aus­ge­bro­chen. Zu­tiefst ent­täuscht über die Räu­mung der Ge­zi-​Kom­mu­ne will sie jetzt dar­über dis­ku­tie­ren.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

Frei­tag, 08.​11.
FATMA UMUL:
»AKP, nimm deine Hände von mei­nem Kör­per!«
Erdoğans Frau­en­po­li­tik

»Wenn wir eine star­ke Na­ti­on sein wol­len, dann brau­chen wir star­ke Fa­mi­li­en. Star­ke Fa­mi­li­en mit min­des­tens drei Kin­dern«. Mit Aus­sa­gen wie die­sen ver­sucht der tür­ki­sche Pre­mier Erdoğan seit den jüngs­ten Wah­len im Jahre 2011, ›die Frau‹ als Ob­jekt für seine neo­li­be­ra­le Wirt­schafts­po­li­tik zu in­stru­men­ta­li­sie­ren. Seine kon­ser­va­ti­ve Fa­mi­li­en­ideo­lo­gie gibt vor, Ge­walt in der Fa­mi­lie zu be­kämp­fen, ta­bui­siert diese aber, wenn sie sich gegen Frau­en rich­tet. Die im­pli­zi­ten Ein­schrän­kun­gen des Ab­trei­bungs­ge­set­zes waren der Trop­fen, der das Fass zum Über­lau­fen brach­te. Es wur­den ›Über­zeu­gungs­zim­mer‹ eta­bliert, in denen Frau­en von ei­gen­stän­di­gen Ent­schei­dung ab­ge­bracht wer­den sol­len. Bei Schwan­ger­schaft auf­grund einer Ver­ge­wal­ti­gung lau­tet die Lö­sung der Re­gie­rung: »Ihr könnt ge­bä­ren und wir er­zie­hen das Kind«. Die neuen Ge­set­ze las­sen ›die Frau‹ in der Ge­sell­schaft un­sicht­bar wer­den. Kri­tik und Ge­gen­wind er­fährt Erdoğan durch zahl­rei­che fe­mi­nis­ti­sche Or­ga­ni­sa­tio­nen wie Mor Çatı.
Der Vor­trag gibt einen Ein­blick in den his­to­ri­schen Ver­lauf der zwei­ten Welle der tür­ki­schen Frau­en­be­we­gung, die sich in den 1980ern voll­zog. Am Bei­spiel der Ar­beit von Mor Çatı wer­den un­ter­schied­li­che fe­mi­nis­ti­sche Dis­kur­se im Bezug auf ak­tu­el­le Er­eig­nis­sen dar­ge­stellt. Der Vor­trag soll die Grund­la­ge für eine ge­mein­sa­me Dis­kus­si­on bil­den. An­ge­schnit­ten wird dabei auch die De­bat­te zwi­schen fe­mi­nis­ti­schen Or­ga­ni­sa­tio­nen in der Tür­kei, die Frau­en vor­be­hal­ten sind, und der LGBT (Les­bi­an/Gay/Bi­se­xu­al/Trans) Be­we­gung.

Fatma Umul wurde in ihrem Prak­ti­kum bei Mor Çatı mit dem Fe­mi­nis­mus der 1970er Jahre in Deutsch­land kon­fron­tiert und fragt sich nun, ob es nicht bes­ser wäre, wenn der Fe­mi­nis­mus davon ab­sä­he, sein Sub­jekt ›Frau‹ voll­kom­men zu de­kon­stru­ie­ren.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Don­ners­tag, 31.​10. JACOB EM­MA­NU­EL MABE: Anton Wil­helm Amo und die phi­lo­so­phi­schen Hin­ter­grün­de sei­nes Le­bens

Anton Wil­helm Amo (ca. 1700 bis ca. 1759) stamm­te aus Afri­ka und kam in jun­gen Jah­ren als ›Ge­schenk‹ an den Hof des Her­zogs von Braun­schweig und Lü­ne­burg. Ge­prägt von den Ideen der Auf­klä­rung, er­mög­lich­te ihm die­ser ein Stu­di­um und damit sei­nen Wer­de­gang als Phi­lo­soph, der sich an den ma­te­ria­lis­ti­schen und ra­tio­na­lis­ti­schen De­bat­ten im Eu­ro­pa des 18. Jahr­hun­derts aktiv be­tei­lig­te. Der Vor­trag nimmt das ge­gen­wär­tig zu­neh­men­de In­ter­es­se an sei­ner Per­son zum An­lass, um die in­ter­es­sier­ten Zu­hö­rer_in­nen mit den phi­lo­so­phi­schen Hin­ter­grün­den sei­nes Den­kens ver­traut zu ma­chen. Im Mit­tel­punkt ste­hen fol­gen­de Fra­gen: (1) Was waren die phi­lo­so­phi­schen Grund­la­gen der Auf­klä­rung, und in wel­chem Ver­hält­nis stand Amo zu deren Geist? – (2) Was ver­stand Amo unter dem »Ding an sich?« – (3) Wel­che Be­deu­tung maß er der Her­me­neu­tik bei der Über­win­dung von Vor­ur­tei­len bei? – (4) Und warum wurde sein Den­ken in Deutsch­land bis­lang kaum re­zi­piert?

Jacob Em­ma­nu­el Mabe, ge­bo­ren 1959 in Ka­me­run; Stu­di­um in Mün­chen; Dr. Dr. Dr. Phil. habil.; ist Pro­fes­sor für in­ter­kul­tu­rel­le Phi­lo­so­phie und Gast­wis­sen­schaft­ler am Frank­reich-​Zen­trum der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin. Bis 2011 war er Prä­si­dent der deut­schen Ge­sell­schaft für fran­zö­sisch­spra­chi­ge Phi­lo­so­phie e. V. Er ist Grün­dungs­vor­sit­zen­der der An­ton-​Wil­helm-​Amo-​Ge­sell­schaft e. V. und u. a. Her­aus­ge­ber des ers­ten Afri­ka-​Le­xi­kons in deut­scher Spra­che.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Don­ners­tag, 24.​10. [pæris]. Etwas bes­se­res als der Markt

Kon­kur­renz und Be­frie­di­gung der Be­dürf­nis­se aller ist zu­sam­men nicht zu haben. Ko­ope­ra­ti­on be­deu­tet in einer ar­beits­tei­li­gen Öko­no­mie aber ge­mein­sa­me Pla­nung der Pro­duk­ti­on, also Plan­wirt­schaft. Das wie­der­um klingt selbst für Kom­mu­nis­t_in­nen oft nach au­to­ri­tä­rem Staat und Ein­heits­pro­duk­ten. Also set­zen viele Linke auf Markt­me­cha­nis­men in der Hoff­nung, in­di­vi­du­el­le Frei­heit zu si­chern, und damit auf Kon­kur­renz, die im Kon­flikt mit dem Ziel eines guten Le­bens für alle nach Maß­ga­be des ge­sell­schaft­lich Mach­ba­ren steht. Wie kann aber eine par­ti­zi­pa­ti­ve an­stel­le einer staat­li­chen Pla­nung der Pro­duk­ti­on aus­se­hen? Das ist nicht ein­fach eine Frage von zen­tra­ler oder de­zen­tra­ler Pla­nung, denn Kran­ken­haus­tech­no­lo­gie-​ oder iPod-​Pro­duk­ti­on ist ver­mut­lich nicht in jeder Stadt sinn­voll. Wäh­rend in Zei­ten von Face­book & Co das Er­fas­sen der Vor­lie­ben und Wün­sche aller ein Leich­tes ist, braucht es den­noch po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen über die Pro­duk­ti­on, die nicht an Com­pu­teral­go­rith­men de­le­gier­bar sind. Wel­che Fra­gen stel­len sich somit für eine eman­zi­pa­to­ri­sche Ge­stal­tung der Öko­no­mie?

[pæris] ist eine ka­pi­tal­kri­ti­sche Grup­pe aus Ber­lin, die sich seit ei­ni­gen Jah­ren mit herr­schafts­frei­er Plan­wirt­schaft be­schäf­tigt. Wir glau­ben, dass über eine nicht­ka­pi­ta­lis­ti­sche Or­ga­ni­sa­ti­on der Öko­no­mie viel mehr dis­ku­tiert wer­den soll­te.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)

fub presents: Fr 18.10. Ronny Blaschke. An­griff von Rechts­au­ßen – Wie Neo­na­zis den Fuß­ball miss­brau­chen

Rechts­ex­tre­me nut­zen die Volks­be­we­gung Fuß­ball, um ihre men­schen­ver­ach­ten­den An­sich­ten zu ver­brei­ten. Die NPD wirbt in der Fan­sze­ne Mit­glie­der und schöpft Wäh­ler_in­nen­stim­men. Auf Ama­teu­re­be­ne ge­win­nen ihre Par­tei­funk­tio­när_in­nen als Klub­ver­tre­ter_in­nen oder Schieds­rich­ter_in­nen ge­sell­schaft­li­che Ak­zep­tanz. Neo­na­zis grün­den Sport­ver­ei­ne, um Ju­gend­li­che an ihre Ka­me­rad­schaf­ten her­an­zu­füh­ren. Sie nut­zen Tur­nie­re zur Ver­net­zung und zur Stär­kung ihrer Grup­pen­iden­ti­tät. Der Jour­na­list Ronny Blasch­ke lässt Neo­na­zis und Ge­gen-​Ak­ti­vis­t_in­nen in sei­nem Buch »An­griff von Rechts­au­ßen« zu Wort kom­men. Er be­schreibt, wie Rechts­ex­tre­me das Ver­ständ­nis von De­mo­kra­tie und To­le­ranz im Fuß­ball nach­hal­tig schä­di­gen.

Ronny Blasch­ke ar­bei­tet als frei­er Autor für Die Zeit, die Süd­deut­sche Zei­tung und das Deutsch­land­ra­dio. Er be­rich­tet über die ge­sell­schafts­po­li­ti­schen Hin­ter­grün­de des Sports. Sein Buch Im Schat­ten des Spiels (2007) wurde von der Deut­schen Aka­de­mie für Fuß­ball Kul­tur als Fuß­ball­buch des Jah­res aus­ge­zeich­net. Sein zwei­tes Werk Ver­steck­spie­ler – Die Ge­schich­te des schwu­len Fuß­bal­lers Mar­cus Urban (2009) löste eine in­ten­si­ve De­bat­te über Ho­mo­pho­bie im Sport aus.

Ort: Bal­tha­sar, Bal­tha­s­ar­gäss­chen 1 (zwi­schen Schran­ne und Kaul­berg)
Be­ginn: 20:00
Ein­tritt: frei

fub presents: Zwei Vorträge am 18. und 19. Juli. Vincent Gengnagel/Andreas Kallert und Chris Wilpert

Donnerstag, 18.07.
VINCENT GENGNAGEL/ANDREAS KALLERT:
Wie Behörden ‘versagen’ und verschweigen
Der »National-Sozialistische Untergrund« in den Medien
Während laxe Verbraucherschutzkontrollen (»Pferdefleischskandal«) die so genannte »Kritische Öffentlichkeit« beschäftigen, läuft seit April der Prozess gegen den NSU. Nach dem Auffliegen der rechtsradikalen Terrorgruppe Ende 2011 haben sich im Bundestag und in mehreren Landtagen parlamentarische Untersuchungsausschüsse konstituiert. In ihnen werden vornehmlich die unzähligen Pannen der verschiedenen deutschen Sicherheitsdienste (LfV, BfV, BND, BKA, LKA, MAD) bei der Aufklärung der jahrelangen Terrorserie des NSU (»Dönermorde«) verhandelt. Diese Sternstunden des Parlamentarismus werden von den deutschen Medien mit nachlassendem Interesse beobachtet, wobei besonders krasse Behördenpannen gelegentlich aufgegriffen werden. Wie um dem generellen Desinteresse der deutschen Öffentlichkeit Ausdruck zu verleihen, müssen jedoch weder Landes- noch Bundesregierungen zurücktreten. Die Parlamente verzichten auf die konsequente Aufklärung jener Unterstützung durch die Exekutive oder andere politische Organe, ohne die die rassistischen Morde gar nicht möglich gewesen wären. Und auch die sonst so menschenrechtsaffinen Grünen sehen in der Thematisierung der Behördennähe des NSU keinen Wahlkampfvorteil. Wir halten es für wichtig, die öffentliche Thematisierung und Entproblematisierung des Prozesses und der Untersuchungsausschüsse kritisch nachzuvollziehen.

Vincent Gengnagel und Andreas Kallert haben zuletzt im Juli 2012 in der fub über den NSU gesprochen, aber seither ist schon wieder so viel an Aufarbeitung nicht passiert, dass sie darüber nicht nicht reden können.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 19. Juli 2013
CHRIS WILPERT: »Der aufsteigende Pfad der Revolte«
Geschichtsbewusstsein und Klassenverrat.
Zur Rezeption von Walter Benjamin
Die Fronten, die sich seit dem Erscheinen der »Schriften« Benjamins während ihrer kurzen, fast eruptiven Wirkungsgeschichte abzeichnen, waren bereits in seiner Biografie vorgezeichnet: […] nur als surrealistische Szene vollziehbar wäre etwa die Vorstellung, Scholem, Adorno und Brecht zum friedlichen Symposium am runden Tisch, unter dem Breton und Aragon hocken, während Wyneken an der Tür steht, versammelt zu sehen, sagen wir zu einem Disput über »Geist der Utopie« […] (Habermas) Der revolutionäre Intellektuelle erscheint zunächst und vor allem als Verräter an seiner Ursprungsklasse. (Aragon) Die materialistische Geschichtsdarstellung führt die Vergangenheit dazu, die Gegenwart in eine kritische Lage zu bringen. (Benjamin) [E]r war ein Dichter. (Adrienne Monnier) Was an Benjamin so schwer zu verstehen war, ist, daß er, ohne ein Dichter zu sein, dichterisch dachte […] (Arendt) Benjamin war ein Philosoph. (Scholem) Benjamin hat offenkundig […] sein Denken und Schreiben bewußt als Schauplatz von Widersprüchen angeordnet. (Lindner) Nicht aus Koketterie, sondern mit ganzem Ernst sagte er einmal, er brauche eine gehörige Portion Dummheit, um einen anständigen Gedanken denken zu können. (Adorno) Erst haben die Frankfurter Benjamin zu fälschen gesucht, indem sie systematisch seinen Marxismus herunterspielten. Jetzt versuchen sie es wieder, indem sie ihn zum Klassiker stilisieren und ihn in einer historisch-kritischen Ausgabe begraben, die keine ist, aber für eine solche gilt. (Salzinger) Das Hauptproblem, das sei in Klammern gesagt, der meisten Benjamin-Forscher ist, daß sie versucht haben, den zweideutigen und »esoterischen« Stil nachzuahmen, ohne jene Radikalität zu erreichen, die seiner einzigartigen expositio eine besondere Ausdruckskraft […] verleiht. (Ponzi)

Chris Wilpert wurde in einer ehemaligen Räterepublik geboren und lebt, wohnt und arbeitet je unter prekären Verhältnissen in Offenbach und Bamberg als Literaturwissenschaftler_in (meist), Übersetzer_in (manchmal) und Musiker_in (selten). Er promoviert gegenwärtig über Thomas Harlan. Er sprach zuletzt in der fub über das Thema »Hipsters Selbsthass«.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Zwei Vorträge am 11. und 12. Juli 2013. Benedikt Frank und Christine Zunke

Donnerstag, 11.07.
BENEDIKT FRANK: Radical Gaming
Gesellschaftskritik in Spielen

Die Computerspiel-Industrie hat das Kino nach rein kommerziellen Maßstäben längst eingeholt. Das kann heute in jedem beliebigen Zeitungsartikel nachgelesen werden. Die Frage, ob ein Spiel ähnlich wie ein Film soziale Zustände reflektieren und vielleicht sogar kritisieren kann, wird dagegen kaum gestellt. Im öffentlichen Bild wird die Gaming-Kultur – zu Recht – als eine Veranstaltung von Kerlen mit ausgeprägten Gewaltfantasien und Militärfimmel dargestellt. An den Rändern der Gaming-Kulturindustrie gibt es jedoch auch hin und wieder Lichtblicke: Dank einfacher Werkzeuge können mittlerweile auch Künstler_innen und Aktivist_innen Spiele ohne Expert_innenwissen programmieren. Und die greifen gerne zu. So veröffentlichte die Schweizer Gruppe and-or.ch das Spiel »Discrimination Pong«, das die Spielregeln des Klassikers »Pong« so modifiziert, dass in ihm Alltagsdiskriminierung erfahrbar werden. Anna Anthropy setzt die Geschichte ihrer Geschlechtsumwandlung als Flashgame um und fordert in ihrem Buch »Rise of the Videogame Zinesters« eine DIY-Bewegung, die sich das Computerspiel zurückerobert. Zu größerer Bekanntheit gelangte die italienische Games-Schmiede Molleindustria, unter anderem durch das Spiel »Phone Story«, das die Produktionsbedingungen von Smartphones thematisiert und dafür prompt aus dem iTunes-Store verbannt wurde.
Der Vortrag stellt diese und andere Versuche vor, gesellschaftliche Verhältnisse in Spielen zu thematisieren und diskutiert die Möglichkeiten und Grenzen des Mediums als Mittel für emanzipatorische Kritik.

Benedikt Frank ist studierter Medienjunkie und hat in der fub zuletzt über das Thema »Level Up! Gamification und Ausbeutung« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 12.07.
CHRISTINE ZUNKE:
Gesellschaftskritik ist moralisch
Das Vortragsthema ergab sich aus einer Diskussion darüber, wie und warum der Kapitalismus eigentlich zu kritisieren sei. Wenn die Produzent_innen der Gebrauchsgüter vom Zugriff auf ihre Produkte abgeschnitten sind, weil diese den Produktionsmittelbesitzer_innen gehören, ist dann vor allem ihre individuelle Bedürfnisbefriedigung geschädigt? Oder wird ihnen zugleich ihre Freiheit auf einer Ebene verweigert, die sich gar nicht vollständig in einem materiellen Äquivalent ausdrücken lässt, weil die Menschen strukturell zu bloßen Mitteln der Verwertung des Wertes werden – und zwar unabhängig von der Höhe ihres Lohns? Dies führt zur Frage, warum der Kapitalismus eigentlich abgeschafft werden soll. Um in einer von der Verwertungslogik befreiten Gesellschaft verbesserte Möglichkeiten vorzufinden, die eigenen Interessen zu verfolgen? Oder ist bereits der Begriff des »Interesses« ideologisch? Muss ihm die Realisierung gesellschaftlicher Freiheit entgegengesetzt werden? Letzteres soll hier mit Verweis auf die Moral begründet werden. Freiheit wäre dabei nicht als bürgerliche Freiheit zu verstehen, und Moral nicht als Herrschaftsinstrument, das Verhaltenscodizes vorschreibt. Auf dieser Basis kann anschließend über den ideologischen Gehalt und das wahre Moment von »Interesse« und »Freiheit« diskutiert werden.

Christine Zunke ist Philosophin an der Uni Oldenburg und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Schnittstelle von Naturwissenschaft und Gesellschaft, u. a. in ihren Publikationen »Das Subjekt der Würde. Kritik der deutschen Stammzellendebatte« und »Kritik der Hirnforschung. Neurophysiologie und Willensfreiheit«. Sie hat zuletzt beim festival contre le racisme 2011 über das Thema »Soziobiologie. Die Wissenschaft der Naturalisierung« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 4. Juli 2013. Barbara Umrath. »Keine Emanzipation ohne die der Gesellschaft« Eine geschlechtertheoretische Re-Lektüre der Kritischen Theorie


Wenn man/frau von der Kritischen Theorie spricht, kommen vor allem der »autoritäre Charakter«, die »Dialektik der Aufklärung« und die »Kulturindustrie« in den Sinn. Dass sich ihre Gesellschaftskritik auch auf das Geschlechterverhältnis erstreckt, wird dabei meist übersehen. Im Vortrag soll hingegen eine geschlechtertheoretische Re-Lektüre der Kritischen Theorie unternommen werden. Der Schwerpunkt wird auf den Überlegungen zum bürgerlichen Subjekt liegen, das von der Kritischen Theorie aber nicht als »geschlechtliches Neutrum« verstanden wird. Unterschiede in der Konstitution »männlicher« und »weiblicher« Subjekte werden dabei durchaus reflektiert. Gleichzeitig beobachtet die Kritische Theorie, wie der Vortrag zeigen will, Veränderungen in der Subjektkonstitution im Zuge des »Spätkapitalismus«, die für eine kritische Einschätzung gegenwärtiger Entwicklungen im Geschlechterverhältnis fruchtbar gemacht werden können.

Barbara Umrath hat Erziehungswissenschaften, Psychologie und Soziologie studiert. Sie ist Kollegiatin im Graduiertenkolleg »Geschlechterverhältnisse – Normalisierung und Transformation« der Universität Basel und arbeitet derzeit an einer Promotion zu Geschlecht und Kritischer Theorie.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 27. Juni. Christoph Klein. Was ist eigentlich so „kritisch“ an der Kritischen Theorie?

Viele stolpern während ihres Studiums wenigstens einmal über den Begriff der »Kritischen Theorie«; stolpern, eben weil »Kritische Theorie« flüchtiger Neugierde kaum verständlich erscheint. Immerhin nimmt sie sich die Unverschämtheit heraus, mit erschreckender Radikalität und noch erschreckenderer Terminologie zu überfordern. Zu ihrem Verständnis müssten eigentlich erst noch Kant, Hegel und Marx studiert werden. Angesichts dieser Hürde verkehrt sich Neugierde leicht in Resignation. Der Vortrag möchte diesem bedauerlichen Umstand Rechnung tragen und einen Einstieg ermöglichen. Dabei wird der Fokus auf das gerichtet, was »Kritische« von anderer Theorie, etwa dem Positivismus oder der Metaphysik, unterscheidet. Dazu muss zunächst der Begriff der »Kritik« geklärt und bestimmt werden, was Kritische Theorie in Abgrenzung zu »traditioneller« Theoriearbeit kritisch macht. Daran soll schließlich die Relevanz radikaler Gesellschaftskritik aufgezeigt werden, wie sie u. a. von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer in der »kritischen Theorie der Gesellschaft« bezweckt wurde.

Christoph Klein studiert aktuell in Bamberg Soziologie, politische Theorie sowie (und leider immer zu wenig) Philosophie und hat seit kurzer Zeit ein wachsendes Interesse an Kritischer Theorie.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub und der Lehrstuhl für Internationale Beziehungen präsentieren: Donnerstag 13. Juni 2013. Jörg Kronauer. Die Think-Tanks der Berliner Außen- und Weltpolitik

Zwei große Think-Tanks begleiten die Aktionen der Berliner Außen- und Weltpolitik: die »Stiftung Wissenschaft und Politik« (SWP) und die »Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik« (DGAP). Ihre Analysen und Strategiepapiere bündeln Wissen und stellen es für die operative Außenpolitik bereit. Ihre Kontakte zur deutschen Industrie ermöglichen es zudem, deren Interessen in die Strategiegestaltung einfließen zu lassen. Ihre formale Regierungsferne wiederum erlaubt es ihnen, außenpolitische Sondierungen vorzunehmen und Absprachen anzubahnen, die für die staatlichen Apparate zu heikel wären und informell vorbereitet werden müssen. Dabei werden auch unterschiedliche strategische Grundentscheidungen diskutiert, die früher oder später ihren Niederschlag in der Regierungspraxis finden: Wie stark soll das transatlantische Bündnis ausgebaut werden? Soll durch die Kooperation mit Russland oder China ein Gegengewicht geschaffen werden? Die SWP hat mit dem Versuch, die syrische Opposition zu organisieren, sogar den Einstieg in das operative Geschäft gewagt. Der Vortrag informiert über die Geschichte von SWP und DGAP, über ihre aktuellen Aktivitäten und über ausgewählte von ihnen geführte Debatten.

Jörg Kronauer ist Sozialwissenschaftler und freier Journalist. Er hat über Rechtsextremismus und Themen der deutschen Außenpolitik publiziert. Zuletzt hat er in der fub über »Wirksamste Instrumente der deutschen Außenpolitik. Die weltweite Einflussarbeit der parteinahen Stiftungen« gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 30. Mai 2013. ATTILA CANGI: »Space, the final frontier …« Der moderne Raumbegriff in der Physik

Was versteht man unter dem Begriff des Raums in der Physik? Wie hat sich das Verständnis dieses Begriffs im Laufe der Zeit gewandelt? Und welche Relevanz besitzt er in Hinsicht auf die Beschreibung von physikalischen Prozessen?
Als Beispiel wird insbesondere der Gravitationslinseneffekt herangezogen, um den modernen Raumbegriff zu veranschaulichen und seine Anwendungen zur Beantwortung von kosmologischen Fragestellungen zu erläutern.

Attila Cangi hat Physik mit dem Schwerpunkt Kosmologie studiert und über theoretische Chemie promoviert. Derzeit forscht er am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik auf dem Gebiet der theoretischen Festkörper- und Molekülphysik.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub präsentiert: Tobias von Borcke und Wenzel Storch

Donnerstag, 16.05.
TOBIAS VON BORCKE: »Sie gehören nirgendwo dazu und sind doch überall zu Hause«.
Die Gegenwart der »Zigeuner«-Wissenschaften
Das »Forum Tsiganologische Forschung« ist am Institut für Ethnologie der Universität Leipzig angesiedelt und bezeichnet sich selbst als »einzige deutsche Institution, die sich aus ethnologischer Perspektive mit den transnationalen, nationalen und lokalen Gruppen der Roma/Zigeuner beschäftigt«. Es möchte nicht an die lange Tradition der wissenschaftlichen (Re-)Produktion antiziganistischer Stereotype anknüpfen, sondern eine differenzierte Darstellung ziganer Kulturen in ihrer Heterogenität leisten. Einer Tsiganologie auf der Höhe der Zeit dürfe es nicht um die Bestimmung eines wie auch immer gearteten Wesens der ›Zigeuner_innen« gehen, sondern darum, Minderheitengruppen in ihrem Wechselverhältnis mit der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft zu verstehen. Die Ansätze der aktuellen »Zigeuner_innen«-Wissenschaft sind allerdings durchaus heterogen: Einige Veröffentlichungen fallen durch die Kolportage von Gerüchten auf dem Niveau der Klatschpresse auf, während andere Arbeiten anti-essentialistische Ansprüche verfolgen. Aber auch ihnen gelingt es oft nicht, sich von Stereotypen zu lösen. Dies wirft die Frage auf, ob Tsiganologie jenseits antiziganistischer Klischees überhaupt möglich ist.

Tobias von Borcke studiert in Berlin Geschichte und ist in der historisch-politischen Bildungsarbeit tätig. Er ist Mitherausgeber des Sammelbandes »Antiziganistische Zustände 2. Kritische Positionen gegen gewaltvolle Verhältnisse«.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Freitag, 17.05.
WENZEL STORCH:
Das kunterbunte Universum des Wenzel Storch
Wenzel Storch liest aus seinen beiden neuen Büchern und wirft dazu Schmuddelbildchen an die Wand.
»Das ist die Liebe der Prälaten« entführt die Leser_innen in die wunderbare Welt der katholischen Aufklärungs- und Anstandsliteratur. Erfahren Sie alles über Fibeln wie »Peter legt die Latte höher« und Heftchen wie »Unser Guckloch«, und erfreuen Sie sich an seltenen Messdiener-Pin-ups!
»Arno & Alice« ist ein nicht ganz jugendfreies Fake-Kinderbuch über das Arbeits- und Eheleben des Heidedichters Arno Schmidt.
Außerdem soll es um Häuser aus Wurst gehen, um Petzi, Gerhard Richter und Karl May.

Wenzel Storch ist in der Filmbranche tätig. Spielfilme: »Der Glanz dieser Tage«, »Sommer der Liebe« und »Die Reise ins Glück«. Hat zuletzt das Musikvideo »Altes Arschloch Liebe« für Bela B gedreht. Seit 2007 zahlreiche Beiträge für konkret, vorwiegend über kuriose Catholika. Wenzel Storch ist in das Goldene Buch des Bonifatiuswerkes eingetragen und immerwährendes Mitglied im Pallottiner Messbund. Zuletzt haben wir in der fub »Sommer der Liebe« gezeigt.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 9. Mai. FRITZ REHEIS: Entschleunigung. Die Befreiung vom Hamsterrad

Wir leiden an der Beschleunigungskrankheit. Ihre Symptome zeigen sich als Beschleunigungsfallen mit wachsendem Zerstörungspotenzial. Immer mehr Menschen spüren, wie ihr Körper und ihre Psyche, wie Partnerschaften, Familien und soziale Netze im Hamsterrad Schaden erleiden. Auch die Katastrophen von New York, Erfurt und Dresden sind Alarmsignale eines falschen Umgangs mit Zeit – mit unserer eigenen Zeit, der Zeit unserer Mitmenschen und der Zeit der außermenschlichen Natur. Auf der Suche nach neuen Maßen für den Umgang mit Zeit kann die Ökologie der Zeit weiterhelfen. Sie gibt Auskunft über körperliche und psychische, kulturelle und soziale sowie naturale Eigenzeiten und Rhythmen, ohne die nachhaltiges Leben nicht möglich ist. Die Therapie der Beschleunigungskrankheit kann sich nicht auf individuelle Entschleunigungsmaßnahmen beschränken. Diese müssen vielmehr vernetzt und politisch gestaltet werden – sowie letztlich in eine andere, zeitbewusstere Form des Wirtschaftens münden. Dafür gibt es bereits vielfältige Initiativen, die nun verknüpft werden können. Entschleunigung ist nicht mit Verzicht verbunden. Es gilt vielmehr, sich von dummen Formen des Lustgewinns zu verabschieden und die Kraft und Vielfalt der klugen Lust zu entdecken.

PD Dr. Fritz Reheis ist als selbstständiger Fachvertreter für »Didaktik der Sozialkunde« am Lehrstuhl für Politikwissenschaft I in Bamberg tätig.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00

fub presents: Donnerstag 5. Mai. Tilman Kallenbach. Pop-Politisierung.

Aktuell wird wieder vermehrt über das Zusammenspiel von Politik und Popkultur gesprochen. Durch Phänomene wie FREI.WILD scheint die politische Dimension der Plattensammlung noch einmal aufzuflackern. Eine der Protagonist_innen dieser Debatte ist aber ausgerechnet die Band MIA., die selbst in den frühen Nuller Jahren zur Nationalisierung des deutschen Pop beitrug. Dies wirft die Frage auf, wie viel die aktuelle Repolitisierung der Popkultur eigentlich noch mit Emanzipation zu tun hat.
Der Vortrag möchte eine grundlegende Fragestellung zum Verhältnis von Lieblingsplatte und Politik entwickeln. Dazu wird die Theoretisierung des Politischen mit »Post-Politik«, »Pop-Theorie« und aktueller linker popkultureller Praxis konfrontiert. Hieraus ergeben sich viele Fragestellungen. Ist die von Simon Reynolds beschriebene »Retromania« der Soundtrack der »Post-Politik«? Warum ist ausgerechnet Kirmes-Techno die geeignete Untermalung für Antifa-Demos? Und warum ist Unabhängigkeit eigentlich keine Lösung für moderne Babys?

Tilman Kallenbach hat in Bamberg Pädagogik studiert. Mit der fub hat er in der hier verhandelten Sache noch eine Rechnung offen. Er hat dort zuletzt über das Thema »The Moon Asked The Crow. Eine Freakfolk-Hegemonieanalyse« gesprochen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 25. April. Marius Mocker. Von jüdischen Politikern und guten Völkern. Antisemitische und (ethno)nationalistische Tendenzen im deutschen Rap

Mit dem Zusammenbruch mehrerer großer Independent-Labels begann im Jahr 2009 eine grundlegende Veränderung der Vertriebs- und Promotionskonzepte in der deutschsprachigen Rap-Landschaft. Durch die Ausbreitung von kostengünstigen HD-Kameras avancierte die Video-Plattform YouTube zum Medium des Straßen- und Gangsterraps, der bisher weder im Musikfernsehen noch im Radio in nennenswerter Weise vertreten war.
Zwar waren diese Genres schon immer von Sexismus, Homophobie und androzentrischen Vorstellungen durchsetzt, Nationalismus und Antisemitismus fanden sich aber meist in deutlich geringerem Maße als heute. Egal ob Sexismus, Verschwörungsideologien, Glorifizierung von Islamist_innen, (Ethno-)Nationalismus oder Judenhass: auf den YouTube-Kanälen der Szene wird nahezu jedes Ressentiment bedient.
Gekennzeichnet ist diese neue Ideologie durch zahlreichen Ambivalenzen: Religiöse Statements stehen neben Lobliedern auf Drogenkonsum, antisemitische Projektionen der Zirkulation neben einer Fixierung auf weltliche Güter, und der universelle Gedanke des HipHop wird immer mehr durch (Selbst-)Ethnisierung verdrängt.
Der Vortrag versucht, diese Entwicklung in kritischer Absicht anhand einzelner Beispiele nachzuzeichnen, um einen Begriff von dieser neuen Ideologie zu entwickeln, die zwischen Kämpfen um Anerkennung und alten Ressentiments entstanden ist.

Marius Mocker ist Redakteur bei Radio Z und lebt, arbeitet und studiert in Nürnberg. Im Rahmen diverser Beiträge befasst er sich mit aktuellen kulturellen und politischen Debatten und Phänomenen.
Ort: Balthasar, Balthasargässchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

fub presents: Donnerstag 14. Februar. Günther Friesinger. Stadtguerilla.

Taktisches Handeln in der Stadt der Zukunft

Die Stadtguerilla operiert im städtischen Milieu und greift dabei auf Strategien und Methoden der klassischen Guerilla zurück. Waren es zu Beginn der 1970er militante Gruppen der so genannten »Spontiszene«, hat sich der Begriff in den letzten Jahren verändert. Heute steht er für ein Ensemble aus Politikformen, die »Guerilla Gardening«, »Urban Hacking« oder »Culture Jamming« umfassen. Doch wie sieht die Zukunft der Stadtguerilla aus? Häufig wird davon ausgegangen, dass sich die Stadt von morgen zu einer utopischen Stadtwelt für den Meta-Menschen entwickeln wird. Doch ist das wirklich erstrebenswert? Und welche Strategien wird die Stadtguerilla in Zukunft benutzen, um einem derart reglementierten Leben zu entgehen?

Günther Friesinger ist Philosoph, Künstler, Kurator, Produzent und Edu-Hacker. Gründer und Leiter des paraflows-Festivals, Chairman des QDK Wien und Geschäftsführer der Kunstgruppe monochrom.