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Donnerstag, 02.05.2024 THOMAS BOLLWEIN „Rechtsextremismus – Was ist das und was können wir dagegen tun?“

In den vergangenen Monaten ging eine zivilgesellschaftliche Protestwelle durch das Land. In deutschen Innenstädten haben Hunderttausende gemeinsam gegen Rechtsextremismus demonstriert. Aber wie kann diese Mobilisierung genutzt werden? Zunächst muss dazu geklärt werden, was hinter dem Begriff »Rechtsextremismus« steckt und wie rechtsextreme Einstellungen entstehen. Sie sind keine Randphänomene, sondern finden sich in allen gesellschaftlichen Schichten. Eine wichtige Rolle für ihre Entstehung spielen Ängste – die Angst vor ökonomischem Abstieg, vor existenziellen Risiken wie Pandemien, Klimawandel und Kriegen oder die Angst angesichts von zu vielen Geflüchteten. Eine mögliche Strategie gegen Rechtsextremismus könnte darin bestehen, Mitbestimmung und Partizipation zu fördern. Und das nicht nur auf politischer Ebene, sondern ebenso in der Arbeitswelt, die kaum die Möglichkeit von Mitsprache und Mitgestaltung einräumt, obwohl die meisten Menschen einen Großteil ihrer Zeit mit Erwerbsarbeit verbringen. Arbeit tritt ihnen als ein hierarchisches System gegenüber, dem sie sich unterordnen müssen und das dem autoritären Umbau der Gesellschaft Vorschub leistet. Der Vortrag möchte erläutern, inwieweit eine Veränderung der Arbeitswelt die Grundlage für eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas sein könnte.

Thomas Bollwein ist promovierter Soziologe und Aktivist. Zurzeit beschäftigt er sich zurzeit mit ökonomischer Selbstverwaltung, gesellschaftlicher Transformation und Rechtsextremismus.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 25.04.2024 LEO ACKERMANN „Gastronativismus. Essen, Identitätspolitik und warum »Nazis essenauch Döner«-Schilder nicht progressiv sind“

Wenn Kitas Schweinefleisch vom Speiseplan nehmen, bekommen ihre Mitarbeiter:innenMorddrohungen. Wenn ein bekannter Verschwörungsideologe sich darüber echauffiert, dass IKEA aus Klimaschutzgründen keine Pommes anbietet, gibt es bundesweit Schlagzeilen. Wenn die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ankündigt, in Zukunft geringere Mengen an tierischen Produkten zu empfehlen, fürchtet Bild»Nur noch eine Currywurst pro Monat«. Flugblattverteiler Aiwanger setzt noch einen drauf, fordert via Social Media die Bevölkerung zu mehr Fleischkonsum auf und wirft der DGE vor, sie wolle »uns aushungern wie nach dem Krieg«. Der Vortrag möchte zeigen, wie und warum Rechtspopulist:innen Lebensmittel und Essgewohnheiten für ihre politischen Ziele einsetzen. Wir betrachten Gastronationalismus und fragen, wie er sich vom »Gastronativismus« unterscheidet, einBegriff, den Fabio Parasecoli geprägt hat. Außerdem beschäftigen wir uns mit der Frage, wie bestimmte Lebensmittel als Symbole für Identität dienen. Dabei werfen wir einen Blick auf Vorstellungen von Reinheit und Kontamination, und sprechen darüber, wie wir es vermeiden können, diese Vorstellungen unbeabsichtigt zu unterstützen.

Leo Ackermann ist Informatiker*in, Aktivist*in und Poet*in. Fey hat ein Faible für kulinarische Schandtaten der 1970er Jahre. Die Auseinandersetzung mit der Frage, was wir essen und warum, ist für fey eine hilfreiche Linse, um die Auswirkungen sozialer, wirtschaftlicher und politischer Strukturen in unserem Alltag zu verstehen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 08.02.2024 OFFENES PLANUNGSTREFFEN

Nach dem Wintersemester = vor dem Sommersemester

Wir wollen euch natürlich auch im Sommersemester 2024 wieder ein ausgewogen unausgewogenes Programm bieten und treffen uns daher am letzten Donnerstag des Wintersemesters, um [bitte Getränk einfügen] zu trinken und über den Sommer nachzudenken.

Alle, die uns kennenlernen oder in der freien uni bamberg mitmachen wollen, sind dazu herzlich eingeladen!
Wo? Balthasar, Balthasargäßchen 1
Wann? ab 20 Uhr

Donnerstag, 25.01.2024 LEO ROEPERT „Konformistische Revolte. Zur Mythologie des Rechtspopulismus“

Die Frage nach den Ursachen des »Rechtsrucks« ist Gegenstand anhaltender Debatten. Dabei ist zu beobachten, dass gerade gesellschaftskritische Ansätze dazu neigen, den Rechtspopulismus als fehlgeleiteten Protest gegen Neoliberalismus und Postdemokratie zu verharmlosen. Zwar ist es richtig, die Ursachen für den Erfolg des Rechtspopulismus in den Krisentendenzen des Kapitalismus zu suchen. Gleichzeitig sollte aber die Einsicht der Kritischen Theorie berücksichtigt werden, dass autoritäre Bewegungen eine irrationale Eigendynamik aufweisen. Rassismus und Verschwörungsmythen, die den Kern des Rechtspopulismus ausmachen, stellen den Versuch dar, die Krisentendenzen der Gegenwart in einer Weise wahrzunehmen, die eine Einsicht in ihre gesellschaftlichen Ursachen umgeht und es ermöglicht, die Identifikation mit dem Bestehenden aufrechtzuerhalten. So erscheint der gesellschaftliche Prozess der Krise als Verschwörung dunkler Mächte, als Verfall von Identität und Gemeinschaft und als Überwältigung durch Fremde. Damit ist auch eine autoritäre Lösungsperspektive vorgegeben: Beseitigung der Feinde, Sturz der korrupten Verhältnisse und die Wiederherstellung von »ewigen« Werten und Ordnungsprinzipien.

Dr. Leo Roepert ist Soziologe am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Kritische Theorie, Rechtspopulismus/Neue Rechte, Rassismus und Antisemitismus. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über Trash und das Schicksal des Gebrauchswerts in der postmodernen Kultur gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 18.01.2024 LETZTE GENERATION BAMBERG „Wirksamer Klimaschutz durch zivilen Ungehorsam …in welcher Form?“

An diesem Abend wollen wir einen kritischen Blick auf die Proteste und
allgemein die Situation der Letzten Generation werfen.

Nach einem Hungerstreik vor dem Bundeskanzleramt wurde die
Klimaprotestgruppe Ende 2021 gegründet. In Bamberg haben sich 2023 eine Reihe Menschen engagiert, es fanden Proteste und Vernetzungsarbeit statt. Wir werden über unsere persönlichen Erfahrungen im zivilen Widerstand berichten sowie Erfolge und Misserfolge der Letzten Generation beleuchten. Außerdem überlegen wir, wie es 2024 weitergehen könnte und wie erfolgversprechend Kooperationen (wie z.B. mit Scientist Rebellion, die ebenfalls kurz vorgestellt werden) oder breitere Bündnisse sind/wären. Alex, Falk und Rasmus freuen sich auf eine konstruktive und lebhafte Diskussion.

Die Letzte Generation hat sich zum Ziel gesetzt die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels notfalls mit Mittel des zivilen Ungehorsams zu erzwingen. Interessierte können die Bamberger Gruppe unter bamberg@letztegeneration.org kontaktieren.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 11.01.2024 FELIX KLOPOTEK „Marinus van der Lubbe und der Reichstagsbrand“

Bis heute ist der endgültige Beweis nicht erbracht, dass die Nazis für die schwerwiegendste Brandstiftung des 20. Jahrhunderts: den Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933, verantwortlich waren –und nicht der halbblinde Maurergeselle Marinus van der Lubbe aus dem holländischen Leiden. Vielleicht istdas whodunnit aber gar nicht so interessant. Viel interessanter ist, dass van der Lubbe, von allen Seiten –von den Vertreter*innen der Einzeltäter-These wie von denen der Verschwörungsthese –stets niedergemacht wurde: als Fanatiker, politisch unzurechnungsfähig, als SA-Handlanger, Stricher… Wieso eigentlich? Van der Lubbe war Teil der radikalen Linken und seit er politisch denken konnte, nahm er an sozialen Kämpfen teil. Seine Wette war, dass die Schockstarre der Arbeiter*innenbewegung, ausgelöst durch die Machtergreifung Hitlers, nur durch eine exemplarische direkte Aktion gelöst werden könnte. Was mag also hinter der fortdauernden Denunziation van der Lubbes stecken? Der Vortrag –zum 90. Jahr des Justizmordes an van der Lubbe –geht dieser Frage nach.Es soll diskutiert werden, warum es so schwer fällt, die Provokation, die van der Lubbes Handeln darstellt, auszuhalten.

Felix Klopotek lebt und arbeitet in Köln. Jüngste Veröffentlichungen: »Rätekommunismus. Geschichte ─ Theorie« (Schmetterling Verlag 2021), »Heinz Langerhans: Die totalitäre Erfahrung. Werkbiographie und Chronik« (Unrast Verlag2022), »Die Chronik der Ausgebeuteten. Das Problem der Geschichte bei Karl Korsch und Heinz Langerhans« (Helle Panke 2023; erscheint demnächst).

Der Vortrag findet online über Zoom statt:
Link: https://uni-bamberg.zoom-x.de/j/64673678969
Meeting-ID: 646 7367 8969
Kenncode: ?DB0QC

Donnerstag, 21.12.2023 Ricardo Schreck & Thomas Bollwein „Transformation durch Selbstverwaltung? Der Widerstand des Fabrikkollektivs GFF“

Nachdem 500 Arbeiter*innen eines Automobilzulieferers bei Florenz im
Juli 2021 über Nacht ihre Kündigung per E-Mail erhalten hatten, besetzten sie ihre Fabrik, um sie zur demokratischen Bewegungsfabrik machen. Bereits 2017 hatten sich dort Selbstorganisationsstrukturen der Arbeiter*innen gebildet, die eine schnelle Reaktion auf die Entlassungen ermöglichten. Nach zwei Jahren Besetzung versuchen die Arbeiter*innen nun die Fabrik durch eine eigens gegründete Genossenschaft zu übernehmen. Statt PKW-Bauteilen sollen dort Lastenräder und Photovoltaik-Anlagen hergestellt werden. Sie wollen nicht nur ihre Arbeitsplätze erhalten, sondern das große Ganze verändern. Der Vortrag möchte am Beispiel von GFF die Möglichkeit der sozial-ökologischen Transformation erläutern und einen kritischen Blick auf die Selbstorganisation der Arbeiter*innen sowie die Rolle der italienischen Metallgewerkschaft werfen. Anschließend soll diskutiert werden, wie dieser Ansatz auf Deutschland übertragen werden kann.

Riccardo Schreck ist als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung auf das
Fabrikkollektiv gestoßen und kämpft seither begeistert an der Seite der Arbeiter*innen für eine demokratischere Gesellschaft.

Thomas Bollwein ist promovierter Soziologe und Aktivist. Er beschäftigt sich zurzeit mit ökonomischer Selbstverwaltung und Rechtsextremismus.

Donnerstag, 14.12.2023 KATHRIN FISCHER „Lernen als Abenteuer. Pen&Paper-Rollenspiel in Bildung und Therapie“

Analoge Pen&Paper-Rollenspiele wie »Dungeons & Dragons«wurden lange als Nischenhobby belächelt, obwohl sie das kritische Denken, die Kreativität, Kollaboration und Kommunikation fördern. Längst werden sie daher in der schulischen Bildung und von verschiedene Therapierichtungen, vor allem in Psychotherapie, Logopädie und Ergotherapie, eingesetzt, weil sie sich flexibel an die jeweiligen Ziele anpassen lassen, weil sie motivierend wirken, Interaktion (sowohl mit der Spielwelt als auch untereinander) fördern und die Möglichkeit bieten, niedrigschwellig und mit geringem organisatorischen Aufwand Inhalte zu erarbeiten.

Kathrin Fischer ist Lehrerin für Deutsch, Biologie und Physik und Lerntherapeutin. Seit 2020 setzt sie mit ihrem Unternehmen EduTale Pen&Paper-Rollenspiel als Methode zielgerichtet in Bildungsprojekten und in der Ergotherapie ein. Gerade ist ihr neues Spiel »Abenteuer im Märchenwald« erschienen.

Online-Teilnahme über:
Link: https://us06web.zoom.us/j/85949267146?pwd=4DGtzUrwmWxS7HMzIf5ibjSrErrJn1.1
Meeting-ID: 859 4926 7146
Kenncode: 764138

Donnerstag, 07.12.2023 BEO TOMEK / JONATHAN GÖHLER „Plantage Dachau. Der „Kräutergarten“ im Konzentrationslager

Die ehemaligen SS-Versuchsgüter »Kräutergarten« waren ein Arbeitskommando des Konzentrationslagers Dachau, das in Zwangsarbeit Würz- und Heilkräuter anbaute. Gefangene wurden hier zur Landarbeit und zur botanischen Forschung gezwungen und in großer Zahl ermordet. Das Arbeitskommando trug den Namen »Plantage«, der auch von den Häftlingen verwendet wurde. Das künstlerisch-interdisziplinäre Onlineprojekt plantage-dachau.de dokumentiert diesen Aspekt des Lagers. Auf der Webseite werden Rechercheergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Besucher*innen können sich dort selbstständig ein Bild von einem weithin in Vergessenheit geratenen Erinnerungsort machen. Das Projekt muss sich dabei auch mit Fragen auseinandersetzen wie der danach, wie an diesem Ort und mit seinen Archiven historisch gearbeitet werden kann, wie sich Räume in ihren historischen und gegenwärtigen Dimensionen digital darstellen lassen und wie das Leid der Menschen, die hier ausgebeutet und ermordete wurden, ebenso vermittelt werden kann, wie die Ideen, derjenigen, die die Plantage ersonnen, organisiert und aufrecht erhalten haben.

Beo Tomek ist bildender Künstler und forscht seit 2021 zur Plantage Dachau. Jonathan Göhler ist angehender Erzieher, phasenweise Künstler und gehört zu den ersten Mitwirkenden des Projekts.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 30.11.2023 CORNELIA THIELMANN „(Keine) Angst vor Autismus! Mit Neurodiversität gegen Falschinformationen und gesellschaftlichen Ausschluss“

Noch im Februar 2023 berichtete die Tagesschau von »immer mehr Autismus-Diagnosen«. Der Deutsche Presserat entschied nur zwei Monate später, dass es nicht herabwürdigend sei, Autist*innen als »gefühlskalt« zu bezeichnen. Elon Musk, selbst Autist, gab 2019 bekannt, mit ins Gehirn transplantierten Computerchips Autismus heilen zu wollen. Erst 2020 erlangte Chlorbleiche als angebliches Mittel gegen Corona Berühmtheit. Dass Eltern es seit spätestens 2014 ihren autistischen Kindern einflößen, um sie zu heilen, hatte einen weit geringeren Nachrichtenwert. Diese Liste könnte lange fortgeführt werden, haben die Meldungen doch eines gemein: Die Beteiligten verstehen Autismus nicht und schüren absichtlich oder unabsichtlich Angst und verstärken so das Stigma, das auf Autist*innen liegt. Der Vortrag erklärt Autismus aus der Sicht von Autist*innen, ordnet den Diskurs darum historisch und gesellschaftlich ein und zeigt gemeinschaftliche Lösungsvorschläge auf.

Cornelia Thielmann ist Denkmalpflegerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bamberg. Dort befasst sie sich mit Burgen und Identitätspolitik. Außerdem ist sie Autistin.

Für den Vortrag ist das Tragen einer FFP2-Maske verpflichtend.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Der Vortrag wird parallel auch über Zoom übertragen.
Link zum Votrag:
https://uni-bamberg.zoom-x.de/j/62169078233
Meeting-ID: 621 6907 8233

DONNERSTAG, 23.11.2023 MARIA BERNREUTHER (NOTRUF NRW) „Krankenhausstreik in der Praxis“

Durch einen mehr als 77 Tage andauernden Streik haben Klinikangestellte in Nordrheinwestfalen 2022 einen Tarifvertrag erkämpft, der sie entlasten und ihnen bessere Arbeitsbedingungen garantieren soll. Wie die konkreten Forderungen entstanden sind und warum sich die Angestellten in sechs Unikliniken dazu entschlossen haben, in den Streik zu treten, wird im Vortrag ebenso zur Sprache kommen, wie die moralischen Probleme, mit denen sich Angestellte im Gesundheitswesens konfrontiert sehen, wenn sie streiken. Um die während des Streiks gewählten Aktionsformen zu verstehen, wird es außerdem nötig sein, auf Gewerkschaftsstrukturen einzugehen. Darauf aufbauend wird es darum gehen, warum war der Streik so lange andauert hat und warum in den Medien trotzdem so gut wie gar nicht darüber berichtet wurde. Abschließend soll erläutert werden, was die Streikenden eigentlich erreicht haben und welche ihrer Forderungen bereits praktisch umgesetzt wurden.


Maria Bernreuther (28) arbeitet als examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Urologie Station mit Spezialisierung auf Tumorpatienten in der Uniklinik Aachen.

Der Vortrag findet in Kooperation mit der DGB Jugend statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 16.11.2023 CHRISTIAN NÖTH „Harmonie – Größenwahn – Gewalt. Zur Anziehungskraft der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft«“

In der deutschen Bevölkerung ist die Ansicht fest verankert, dass die Mehrheit der Deutschen selbst Opfer des NS-Regimes gewesen sei. Und wo die aktive Beteiligung eigener Familienangehörigen in NSDAP, SS, SA, Hitlerjugend oder Wehrmacht nicht verleugnet werden kann, wird dies oftmals entschuldigt: »Wer nicht mitgemacht hat, wurde ja selbst verfolgt!« Dass es Überwachung und Terror gab, ist dabei aus wissenschaftlicher Sicht nicht falsch, aber als alleinige Erklärung zu einseitig. Verschwiegen wird in deutschen Familiengeschichten oftmals die Begeisterung der eigenen Eltern, Groß- oder Urgroßeltern für den Nationalsozialismus und sein Versprechen, eine zu großartigen Leistungen vorherbestimmte, harmonische »Volksgemeinschaft« zu erschaffen, zu der auch ganz selbstverständlich die Gewalt gegenüber so genannten »Gemeinschaftsfremden« gehörte. Der Vortrag möchte eine Einführung in aktuelle Forschung zur emotionalen Anziehungskraft der »Volksgemeinschaft« geben, um die Begeisterung weiter Teile der deutschen Bevölkerung für den Nationalsozialsozialismus zu thematisieren.

Christian Nöth hat in Bamberg Philosophie mit Schwerpunkt auf die Kritische Theorie der Frankfurter Schule studiert und arbeitet derzeit an seiner Masterarbeit in Gesellschaftstheorie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 09.11. FRANZI SCHMID „30 Jahre Asylkompromiss. Rassistische Kontinuitäten in der Asylpolitik“

Ob Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Mölln: In den frühen 1990er Jahren waren rassistische Anschläge auf Geflüchtete und Migrant*innen alltägliche Realität in Deutschland und kosteten vielen Menschen das Leben. Politisch gipfelten der rassistische Diskurs und die rechten Gewaltausschreitungen 1993 im sogenannten »Asylkompromiss«, der das Asylrecht stark beschnitt, sowie in der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), das weitreichende und zum Teil verfassungswidrige Eingriffe in die Sozialhilfe für Geflüchtete vornahm. 30 Jahre später organisiert sich die europäische Rechte erneut, um das Recht auf Asyl zu bekämpfen und menschenfeindliche Positionen salonfähig zu machen. Mit der »Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems« erfolgt nun auch auf europäischer Ebene ein Angriff auf die Menschenrechte Asylsuchender. Ein Blick auf die asylpolitischen Kontinuitäten seit den 1990er Jahren gibt Aufschluss über die erfolgreiche Einflussnahme rechter Kräfte in Deutschland und Europa sowie über die schrittweise Durchsetzung rassistischer staatlicher Interessen.

Franziska Schmid studiert an der Universität Bamberg und ist Mitarbeiterin beim Bayerischen Flüchtlingsrat.

Der Vortrag findet im Rahmen der Kampagne »AsylbLG abschaffen!« statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

MONTAG (!), 06.11. MARIA KANITZ „Struktureller Sexismus vs. Unschuldsvermutung“

Sexismus, Machtmissbrauch, Misogynie. Das ist für viele Frauen Alltag. Doch was passiert, wenn Frauen sich dazu entschließen, öffentlich gegen Täter und ihre Übergriffe vorzugehen? Wir haben es in den letzten Wochen erlebt: Als erstes wird der Ruf nach der Unschuldsvermutung laut; aber nicht etwa solidarisch gegenüber den Betroffenen von sexualisierter Gewalt, sondern in Bezug auf die Täter. Warum die Unschuldsvermutung als Rechtsinstrument wichtig ist, und es dennoch einen solidarischen Wechsel hin zu einem Diskurs braucht, der erst einmal den Betroffenen glaubt, wird in dem Vortrag u. a. an den jüngsten Ereignissen um die Band Rammstein diskutiert.

Maria Kanitz ist Antisemitismusforscherin. Ihre Themenschwerpunkte liegen u. a. bei der Analyse der Intersektionalität von Antifeminismus und Antisemitismus. Im Jahr 2022 hat sie gemeinsam mit Lukas Geck den Sammelband »Klaviatur des Hasses – Antisemitismus in der Musik« veröffentlicht. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Der Vortrag findet in Kooperation mit Phia e.V. statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 02.11. BENJAMIN REITER »Historische Gerechtigkeit« Zur Kritik der bundesdeutschen Geschichtspolitik

»Historische Gerechtigkeit« wird in fast allen großen geschichtspolitischen Debatten verhandelt. Immer geht es dabei um Verteilungsfragen, nämlich um die Rückgabe bestimmter Güter (z. B. gestohlene Artefakte, Bürgerrechte, Land …) oder die Entschädigung von erfahrenem und in der Gegenwart noch fortwirkendem Unrecht (z. B. durch symbolische Anerkennung oder finanzielle Unterstützung). Insbesondere ehemalige Kolonisierte und deren Nachfahr*innen begründen ihre Ansprüche auf der Basis von »Historischer Gerechtigkeit«.

Der Vortrag geht auf verschiedene geschichtspolitische Debatten der letzten Jahre ein, etwa auf die Rückgabe der »Benin Bronzen«, auf das Versöhnungsabkommen zwischen Deutschland und Namibia (für den Genozid an den Ovaherero und Nama) oder auf die Entschädigungsforderungen des Hauses Hohenzollern (für die Enteignungen der Sowjetarmee nach 1945). Daran soll gezeigt werden, wie ein klares Verständnis von »Historischer Gerechtigkeit« dabei helfen kann, Ansprüche zu begründen bzw. zu verwerfen und eine solidarische Haltung mit den Opfern historischen Unrechts und deren Nachkommen ermöglicht.

Benjamin Reiter hat an der Uni Bamberg in der Geschichtsdidaktik promoviert und einige Jahre in der Lehrkräftebildung geforscht. Jetzt ist er selber Lehrer.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 26.10. PAUL NINUS NAUJOKS „Gibt es eine Zukunft für Männer?“

Studien besagen, dass »toxische Männlichkeit« sowohl Gewalt als auch Krankheit erzeugt und gesellschaftliche Kosten verursacht. Viele Strömungen des Gegenwartsfeminismus fordern daher die Abschaffung des »Alten Weißen Mannes«, um auf diese Weise das Patriarchat zu überwinden, das seit Jahrtausenden das Zusammenleben der Menschen regelt. Einige Männer fühlen sich davon bedroht. Sie äußern Unsicherheiten und Ängste und sehen sich vor Fragen gestellt wie: »Was dürfenMänner heutzutage noch?« und »Gibt es eine Zukunft für Männer?« Das wirft wiederum die Frage auf, wie eine Zukunft für Männer aussehen kann, die keine gesellschaftliche Belastung darstellt? Nach einer kurzen sozialhistorischen Einführung widmet sich der Vortrag dieser Frage. Vorkenntnisse sind nicht notwendig.

Paul Ninus Naujoks (28) lebt in Hamburg, ist Autor, Moderator und Referent für politische Bildung und Chancengleichheit. Sein Buch »Männer & Zerbrechlichkeiten« schaffte es auf die Shortlist des »Young Storyteller Awards 2022« –darüber hinaus wurde es im August 2023 zu einem »Books on Demand«-Bestseller.

Der Vortrag findet in Kooperation mit dem feministischen bündnis 8. märz bamberg(FB8M Bamberg) statt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 13.07. ROBERT ZIEGELMANN „Revolutionäre Lebenshilfe mit Rosa Luxemburg“

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Rosa Luxemburg steht für den Sozialismus, den wir brauchen: rätedemokratisch, ökofeministisch, international. Ihre politische Aktualität hat auch eine ethische Dimension. Nicht nur für ökonomische Analysen und politische Strategien lässt sich viel von ihr lernen, sondern auch dafür, wie es sich leben lässt. Luxemburg kultiviert eine Haltung, die es ihr erlaubt, aus dem Dunkel ihrer Zelle »dem Leben zu lächeln«, »ruhig und heiter« zu bleiben, während die Menschheit im Weltkrieg versinkt. Diese subjektive Seite ist viel wichtiger als manche denken. Linke Positionen können so radikal sein wie sie wollen: Solange sie nicht von einer entsprechenden Haltung getragen werden, haben sie keine Chance gegen die inneren Gegner aller linken Projekte – Karriere und Coolness. Als wirksames Gegenmittel möchte ich im Vortrag vor allem die Briefe Rosa Luxemburgs empfehlen.

Robert Ziegelmann ist Fellow am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover. Er interessiert sich für die hegelianischen Grundlagen kritischer Gesellschaftstheorie und den Begriff der Utopie. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über den Protestantismus und die Dialektik der Verinnerlichung gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 06.07. AG FEMINISTISCHER STREIK KASSEL »Dort kämpfen, wo das Leben ist«. Oder: Wie weiter mit dem feministischen Streik?

Der Feministische Streik als Kampf gegen patriarchale Verhältnisse bringt in vielen Ländern (wie Spanien) tausende von Personen auf die Straße und zum Streiken. Wo steht die feministische Streikbewegung in Deutschland zurzeit und wann kommt hier (endlich) der große feministische Streik? Der Vortrag möchte diese Fragen beantworten und zeigen, wie die kapitalistische Abwertung von Sorgetätigkeit durch politische Streiks ins Wanken gebracht werden und wie eine queerfeministische Klassenpolitik in der Praxis aussehen kann.

Die AG Feministischer Streik Kassel verankert den feministischen Streikgedanken vor Ort in Kassel durch feministische Interventionen in Lohnarbeitskämpfe im Care-Bereich. Als Teil der bundesweiten feministischen Streikbewegung engagiert sich die Gruppe in der feministischen Vernetzung rund um den 8. März und über diesen hinaus. Momentan arbeitet sie an einem Buch zum feministischen Streik.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 22.06.! DOMINIK SAUERER „Falsch verbunden? Rechte Burschen und ihre Netzwerke“

In Bayern existiert ein Sammelsurium an Studentenverbindungen, die sich aus meist männlichen, rechtskonservativen bis rechtsnationalistischen Studierenden zusammensetzen. Mitglieder von Burschenschaften fallen nicht selten negativ durch gewaltbereite, rassistische, antisemitische und ähnliche Aussagen auf. Sie bilden eine Akademikerelite, die sich weitgehend unbeobachtet untereinander und mit extrem rechten Kräften wie der Identitären Bewegung, der AfD und deren Jugendorganisation vernetzt. Anfang des Jahres sorgte ein Duell zwischen einer Burschenschaft und einer Turnerschaft in Erlangen für mediale Aufmerksamkeit. Bei weitem kein Einzelfall, aber zwei Schwerverletzte demonstrierten ein weiteres Mal die männlich-soldatischen Vorstellungen auch der vermeintlich gemäßigten Verbindungen. Der Vortrag beleuchtet Ideologie, Strukturen und Mitglieder dieser Verbindungen.

Dominik Sauerer ist Historiker und war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FAU Erlangen-Nürnberg und der Goethe-Universität Frankfurt. Inzwischen arbeitet er journalistisch sowie in der politischen Bildung zur extremen Rechten.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Der Vortrag findet in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein für politische Bildung in Bayern e.V. statt.

Einlass unter Vorbehalt.

Donnerstag, 15.06.2023 EWGENIY KASAKOW »Musik für einsame Nazifrauen«. Wie die musikalische Querfront den russischen Underground prägte

Angesichts des Krieges in der Ukraine wundern sich viele Beobachter*innen im Westen darüber, wie einträchtig Teile der russischen Linken und Rechten, die den Kriegskurs unterstützen, zusammenarbeiten. Die Geschichte der russischen Gegenkultur der 1990er und 2000er Jahre gibt Aufschlüsse darüber, wie sich jene ungewöhnlichen politischen Allianzen im russischen Untergrund bilden konnten, die sich heute auch im Mainstream etabliert haben.

Ewgeniy Kasakow wurde 1982 in Moskau geboren und hat Kulturgeschichte Osteuropas, Philosophie und Geschichte studiert, 2017 an der Universität Bremen promoviert und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven. Er schreibt u. a. für konkret, Jungle World, Osteuropa, Neues Deutschland, analyse & kritik, testcard, Lichtwolf und die Blätter für deutsche und internationale Politik.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 01.06.
CHRIS W. WILPERT Race, Class und Gender in Detroit Techno, Chicago House und New York Garage

Die Geschichte der elektronischen Tanzmusik ist in erster Linie eine Geschichte der Black Music, die aber nicht ohne Klassenverhältnisse, Gender und Sexualität zu denken ist: In Detroit hatte sich im Zuge des Fordismus eine schwarze Mittelschicht herausgebildet, die Anfang der 1980er-Jahre Techno erfand. Ihre maßgeblichen Einflüsse waren neben Disco und Funk aus einer Art Europhilie heraus Kraftwerk, Giorgio Moroder (»Euro Disco«) oder britische Synth-Musiker wie Gary Numan. Während Detroit Techno zuvorderst ein Phänomen der Mittelklasse war, die sich von den Kids aus dem »Ghetto« abheben wollte, entstand die Chicagoer House-Szene aus einer schwarzen Schwulenszene, die sich vor allem der homophoben »Disco Sucks«-Bewegung widersetzte. Die New Yorker Garage-Szene hatte ihre Ursprünge ebenfalls im schwarzen und hispanischen schwulen Disco Underground der späten 1970er, der sich mit Electro-Funk- und Avantgarde-Musiker*innen wie Arthur Russell oder Laurie Anderson verband. Aber erst im transatlantischen UK Garage und 2Step wurde die männliche Dominanz im Techno schließlich nennenswert gebrochen.

Chris W. Wilpert hat zusammen mit Jan-Niklas Jäger »Futuromania. Elektronische Träume von der Zukunft« (Ventil, Juni 2023) von Simon Reynolds übersetzt. Er ist geschäftsführender Redakteur der PROKLA und schreibt für Neues Deutschland, Jungle World und Phase 2. Zuletzt hat er in der freien uni bamberg über Leo Löwenthal und die Aktualität der Kritischen Theorie gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 25.05. SABINE SCHELER / DENNIS LANGE „Wie schaffe ich Erfahrungsräume? Liverollenspiele in der (politischen) Bildungsarbeit“

Das Bildungsliverollenspiel oder auch »educational Larp« ist eine innovative und interaktive Form des darstellenden Spiels, bei dem es keine externen Zuschauer*innen gibt. Die Teilnehmer*innen werden Teil der Handlung und beeinflussen den Ablauf des Geschehens durch ihre Aktionen und die Darstellung ihrer Rollen. Auf diese Weise kreieren sie ihre eigene Geschichte.

Das Bildungsliverollenspiel zeichnet sich durch das gemeinsame Erschaffen einer ansprechenden Erzählung aus. Auf diese Art werden Erlebniswelten geschaffen, in denen die Teilnehmenden Konfliktsituationen erfahren, sich ausprobieren und mit ihren Rollen experimentieren können, um Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen. Da sie in ihren geistigen, emotionalen und körperlichen Fähigkeiten gefordert werden, tritt eine ganzheitliche Lernerfahrung ein. Diese Erfahrung wird in einer angeschlossenen Reflexion auf die aktuelle Lebenswirklichkeit übertragen und gemeinsam ausgewertet. Der erlebnisorientierte Ansatz des Bildungsliverollenspiels spricht Menschen an, die klassische (politische) Bildungsangebote oft nicht erreichen.

Sabine Scheler und Dennis Lange sind Bildungsreferent*innen beim Verein Waldritter e.V.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag , 04.05.2023 ANDREI S. MARKOVITS Der Pass mein Zuhause. Aufgefangen in Wurzellosigkeit (Buchvorstellung)

In seiner bewegten Autobiografie reflektiert der jüdische Intellektuelle und US-Politologe Andrei S. Markovits die Strapazen der doppelten Emigration: aus Rumänien, wo er geboren wurde, nach Wien, wo er zur Schule ging, und von Wien nach New York, wo er studierte. Auf seiner Suche nach einer Heimat nimmt er uns mit auf eine Reise durch die Höhen und Tiefen Europas und Amerikas nach 1945. Für Markovits ist es gerade die Wurzellosigkeit, die ihm Trost, Beistand und Inspiration für sein Lebenswerk spendet. Ihn prägen aber auch seine Leidenschaft für Klassik und Rock, für Fußball, Baseball und Basketball und nicht zuletzt für Hunde und deren Rettung. Als Sozialwissenschaftler und Professor für Politik greift er immer wieder in Debatten in Deutschland ein, gleichwohl sein Verhältnis zu Deutschland, ausgehend von Fragen jüdischer Identität nach der Shoah, immer eine komplexe emotionale Beziehung geblieben ist.

Andrei S. Markovits veröffentlicht als Politikwissenschaftler und Soziologe zu Themen wie Gewerkschaften, Sozialdemokratie, die Neuen Sozialen Bewegungen, die Grünen, Antisemitismus, Anti-Amerikanismus, deutsch-jüdische Beziehungen und zu Männer- und Frauenfußball.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Der Vortrag findet in Kooperation mit der Petra-Kelly-Stiftung statt.

Donnerstag, 27.04.2023 TINE HAUBNER „Community Kapitalismus und die Kultur der Umsonstarbeit“

Der Kapitalismus steckt in einer ökonomischen, ökologischen, politischen und sozialen Krise, die sich zu einer Krise der sozialen Reproduktion verdichtet hat. Privatisierung und Deregulierung im Sozial- und Gesundheitssektor haben private und öffentliche Sorgekapazitäten erodieren lassen, auf die der Kapitalismus allerdings angewiesen ist. Gegen die Krise der Reproduktion setzt er neuerdings auf »Gemeinschaft« und »Community«. Die Bundesregierung bewirbt Konzepte »sorgender Gemeinschaften« und die »Bürgerkommune« gilt als Zukunftsmodell. Freiwilliges Engagement und Sharing-Economy-Projekte florieren. Daran wird vor allem eines deutlich: Der Kapitalismus kann auf unbezahlte Arbeit nicht verzichten, und je weniger sie selbstverständlich im Privathaushalt und eingebettet in die entsprechende Geschlechterordnung erbracht wird, desto deutlicher wird ihre Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist die Entstehung des Community-Kapitalismus zu beobachten, dessen politische und moralische Ökonomie sich durch eine »Verzivilgesellschaftlichung der sozialen Frage« und die Verknüpfung von nicht regulär entlohnter Arbeit und Gemeinschaftspolitik auszeichnet.

Tine Haubner ist Soziologin am Jenaer Institut für Soziologie und forscht und lehrt zu Arbeit, Sozialstaat und Ungleichheit. Aktuell leitet sie ein Forschungsprojekt, das sich mit Armut in ländlichen Räumen in Ost- und Westdeutschland befasst.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
(zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Donnerstag, 20.04. Semester Warm-Up und Doku „Deutsche Pop Zustände – Eine Geschichte rechter Musik“

Zum warm werden mit dem neuen Semester und – gerne auch zum Kennenlernen der freien uni bamberg – starten wir mit einem popkulturellen Barabend ins neue Semester. Kommt vorbei!

Wir werden gemeinsam die Doku von Dietmar Post und Lucia Palacios „Deutsche Pop Zustände – Eine Geschichte rechter Musik“ (Deutsch, mit engl. Untertitel) ansehen. Der Film behandelt das Zusammenspiel von Popkultur und rechter Ideologie seit den späten 1970er Jahren.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

VERANSTALTUNGSANKÜNDIGUNG – DONNERSTAG, 04.05.2023 ANDREI S. MARKOVITS: DER PASS MEIN ZUHAUSE. AUFGEFANGEN IN WURZELLOSIGKEIT.

In seiner bewegten Autobiografie reflektiert der jüdische Intellektuelle und US-Politologe Andrei S. Markovits die Strapazen der doppelten Emigration: aus Rumänien, wo er geboren wurde, nach Wien, wo er zur Schule ging, und von Wien nach New York, wo er studierte. Auf seiner Suche nach einer Heimat nimmt er uns mit auf eine Reise durch die Höhen und Tiefen Europas und Amerikas nach 1945. Für Markovits ist es gerade die Wurzellosigkeit, die ihm Trost, Beistand und Inspiration für sein Lebenswerk spendet. Ihn prägen aber auch seine Leidenschaft für Klassik und Rock, für Fußball, Baseball und Basketball und nicht zuletzt für Hunde und deren Rettung. Als Sozialwissenschaftler und Professor für Politik greift er immer wieder in Debatten in Deutschland ein, gleichwohl sein Verhältnis zu Deutschland, ausgehend von Fragen jüdischer Identität nach der Shoah, immer eine komplexe emotionale Beziehung geblieben ist.

Andrei S. Markovits veröffentlicht als Politikwissenschaftler und Soziologe zu Themen wie Gewerkschaften, Sozialdemokratie, die Neuen Sozialen Bewegungen, die Grünen, Antisemitismus, Anti-Amerikanismus, deutsch-jüdische Beziehungen und zu Männer- und Frauenfußball.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1 (zwischen Schranne und Kaulberg)

Beginn: 20:00
Eintritt: frei

Der Vortrag findet in Kooperation mit der Petra-Kelly-Stiftung statt.

Donnerstag, 02.02.2023 ANASTASIA TIKHOMIROVA: Russischer Imperialismus

Am 24. Februar 2022 marschierte die russische Armee in die Ukraine ein. Der Krieg, der im Osten der Ukraine schon seit 2014 nicht enden will, hast sich damit zu einem schonungslosen Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine und ihre Bürger*innen ausgeweitet. In Sachen Angriffskrieg besitzt Russland bereits Erfahrung: die Tschetschenienkriege 1994 und 1999, der Georgienkrieg 2008 und der Militäreinsatz in Syrien 2015 dienten als Blaupause für die Invasion in der Ukraine. Doch auch heute noch gelingt es zahlreichen westlichen Politiker*innen nicht, die Beweggründe für diesen Krieg richtig zu erfassen und ihn als das zu begreifen, was er ist: eine besonders aggressive Form des russischen Imperialismus und Neokolonialismus. Stattdessen wird über Putins mentalen Gesundheitszustand und die Osterweiterung der NATO diskutiert, der die vermeintlich antiimperialistische westliche Deutung dieses Krieges eine Mitschuld einräumen will. Dabei wäre für eine konsequent antiimperialistische Haltung gerade jetzt eine Auseinandersetzung mit der russischen Geschichte und ihrer kolonialen Kontinuität vor und nach dem Zerfall der Sowjetunion, unabdingbar (die bis vor deren Gründung zurückreicht), um die Frage nach den ideologischen Hintergründen des Angriffskriegs beantworten zu können.

Anastasia Tikhomirova ist freie Journalistin, taz-Lab-Redakteurin und IJP-Stipendiatin. 2021 hat sie als Gastredakteurin bei der russischen oppositionellen Zeitung Novaya Gazeta gearbeitet

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 26.01.2023 JULIA INGOLD / ZARA ZERBE: Hexen Flexen. Der neue Hype um antikapitalistische Magie

»Dass sich neuerdings immer mehr Leute zum Hexentum bekennen, hat sicher auch damit zu tun, dass die unleugbare Klimakatastrophe das Ansehen und die Autorität der Technikgesellschaft und unsere gewohnten Kategorien, von dem, was vernünftig und was irrational ist, infrage stellt«, schreibt Mona Chollet. Ihr Buch »Hexen – Die unbesiegte Macht der Frauen« ist eines der stärksten feministischen Manifeste der letzten Jahre. Die Medienwissenschaftlerin Véronique Sina bot kürzlich ein Seminar zum queer-feministischen Potenzial der Hexenfigur an. Auf Instagram sammeln sich intersektionale Feminist*innen unter dem Hashtag #hexthepatriarchy, um über die jüngsten verheerenden Einschränkungen der Reproduktionsrechte in den USA zu diskutieren und Widerstand zu organisieren. Charlotte Brandi singt in der Hook von Sookees Track »Who Cares« in der Rolle der Frau, die die Schnauze voll hat von der Hausarbeit: »Und ich steig auf meinen Besen und fliege davon«. Das sind nur wenige Beispiele, die zeigen: Es gibt einen politischen Hype um die Hexe. Uns interessiert sie nicht nur als Symbol der weiblichen Selbstermächtigung und unter dem Hashtag #witchesagainstfascism, sondern als Denkfigur für eine Überwindung von Kapitalismus und Herrschaftssystemen, die, wie Chollet schreibt, »unsere gewohnten Kategorien, von dem, was vernünftig und was irrational ist, infrage stellen.« Wir wollen über alte und erfundene Formen der Hexerei in einem historisch-materialistischen Sinne spekulieren, um herauszufinden, ob dieser Hype über Spiel und Symbol hinausgeht.

Julia Ingold ist Literaturwissenschaftlerin an der Uni Bamberg, hat über Else Lasker-Schüler promoviert und beschäftigt sich mit Comics, Popmusik und Literaturtheorie.

Zara Zerbe ist Schriftstellerin und interessiert sich für Pflanzen, Popkultur, Gegenwart und die Abgründe dahinter.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 19.01.2023 MARION SCHMID: Vom Suchen und Finden. FLINTA+s in der Popkultur?

Popkultur, Popmusik kann so viel sein: frisch, interessant, divers, inklusiv … Die Popkulturbranche gibt sich gerne fortschrittlich, aufgeklärt und progressiv. Aber Vielfalt suchen wir meist vergeblich, wenn wir uns die Musiklandschaft genauer anschauen. In vielen Fällen ist sie weiß, cis-männlich, akademisch, abled. Das erkennen wir, wenn wir die Line-ups von Festivals und das Booking von Konzert-Locations betrachten. Wir müssen uns bewusst(er) machen, dass die Musikindustrie Vorbilder produziert und darüber entscheidet, wer bewundert wird, wer das Mikro in der Hand hat, wer Gehör findet und wer eine Bühne bekommt. Wer sitzt in den Entscheidungspositionen, wer sind die Förder*innen und Programm-Macher*innen – oder doch eher Macher? Wo finden wir überhaupt FLINTA+ Personen in der Musiklandschaft? Wessen Interessen werden dort vertreten oder eben nicht? Und was muss passieren, damit die Popkultur wirklich so divers und inklusiv wird, wie sie es sein könnte und sollte?

Marion Schmid (sie/ihr) arbeitet hauptberuflich zu Popkultureller Bildung und freiberuflich zu Sozialer Nachhaltigkeit. Außerdem ist sie aktiv u.a. als Veranstaltende bei Kollektiven wie Micro Wave Music e.V. und musicBYwomen*, arbeitet als Nachhaltigkeitsberaterin für Kultur und Medien und gibt Workshops zum Thema »Awareness«.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 12.01.2023 SIMONA LEYZEROVICH (@zimoshka) Wir sollten mehr über Künstlerinnen sprechen

Was sind die Herausforderungen des Künstlerinnendaseins und wie werden diese überwunden? Was können wir als Gesellschaft tun, um den Widerstand der Frauen im Kunstbetrieb zu unterstützen? Eine Betrachtung der Geschichte und der Zukunft der Kunst.

Simona Leyzerovich (@zimoshka) ist Künstlerin und Designerin. Sie beschäftigt sich mit Kollektivität, Digitalität, Sound, Gefühlen und Politik. Sie ist 2002 mit ihrer Familie aus Sankt Petersburg (Russland) nach Deutschland migriert. Als queere Migrantin mit jüdischen Wurzeln, die in Armut aufgewachsen ist, hat sie Erfahrungen der Mehrfachdiskriminierung. Sie spricht gerne über Antirassismus, Queer-Feminismus, Antikapitalismus und Kunst.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 15.12.2022 FELIX MÜLLER „Die Partei kämpft wie ein Mann. »Männlichkeit« in der KPD der 1920er Jahre“

Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war in den 1920er Jahren politisch auf die Industriearbeiterschaft fixiert. Mit ihr ging das Idealbild des »kommunistischen Mannes« einher, der gestählt, fleißig, arbeitsam und belastbar ist. Im Konzept »der Politik der Straße« verherrlichte die KPD Disziplin, Entschlossenheit, Militanz und Härte als »männliche« Tugenden. Die Teilnahme von Frauen an den öffentlichen Zurschaustellungen von Kampfbereitschaft war hingegen nicht erwünscht. Und obwohl die KPD von allen Parteien der Weimarer Republik die radikalsten frauenpolitischen Forderungen vertrat, schrieb sie auf diese Weise – und jenseits des eigentlichen Parteiprogramms – die geschlechterhierarchische Kontinuität der bestehenden Gesellschaft fort, anstatt sie zu revolutionieren.

Felix Müller hat Geschichte und Politikwissenschaft in Bamberg und Jena studiert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der europäischen Zwischenkriegszeit, der Weimarer Republik und der Intellektuellengeschichte.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 08.12.2022 Sevi Meier „Thomas Bernhard – Gegen die Tatsachen Existieren“

Als Thomas Bernhard 1931 als ungewolltes Kind das Licht der österreichisch-katholischen Welt erblickte, steuerte diese mit dem herannahenden Nationalsozialismus ihrem vorläufigen geistigen Tiefpunkt zu. Durch sein Schreiben versuchte er sich aus den Erfahrungen seiner Epoche zu lösen und entwickelte dabei einen unverkennbaren literarischen Stil. Bernhard rieb sich an den immer gleichen Widersprüchen einer unerträglichen Realität und wurde so zur Ikone für alle Grantler*innen und zum öffentlichen Störenfried, der zur Hassfigur der Heimattreuen avancierte. Schon deshalb lohnt sich ein Blick auf Bernhard und sein Werk, das in ausgewählten Textpassagen vorgestellt werden soll.

Sevi Meier hat in Bamberg Berufliche Bildung / Sozialpädagogik studiert und freut sich darauf, im Anschluss an den Vortrag ein Rauchbier mit bekannten und (noch) unbekannten Gesichtern zu trinken.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 24.11.2022 JONAS KRUTHOFF „Was ist die islamistische Rechte?“

Sicherheitsbehörden unterteilen ihre Untersuchungsfelder in Linksextremismus, Rechtsextremismus und Islamismus. Diese Kategorien werden weitgehend von Politik und Wissenschaft akzeptiert und meist – unter gewissen inhaltlichen Vorbehalten – auch von den Linken übernommen. Der Vortrag möchte zeigen, dass sich IslamistInnen genauso auf einer politischen Skala verorten lassen wie andere politische Akteur*innen. Nicht nur in ihrer Struktur ähneln viele islamistische Organisationen denen der europäischen Rechten, auch inhaltlich finden sich zahlreiche Überschneidungen: die Ablehnung der Vernunft, die Einrichtung der Welt entlang einer natürlichen bzw. gottgewollten Ordnung sowie Frauen- und LGBTQ-Feindlichkeit. Das alles gehört auch zum Programm der politischen Rechten.

Jonas Kruthoff studiert Sozial- und Politikwissenschaften in Marburg und arbeitet seit mehreren Jahren zum Islamismus in Deutschland.


Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 17.11.2022 BÜNDNIS GEGEN DAS VERGESSEN: Der Mord an Klaus-Peter Beer

Am 07. September 1995 wurde Klaus-Peter Beer in Amberg von zwei Neonazis ermordet. Der Grund für seinen Tod war einzig und alleine, dass er aufgrund seiner Homosexualität nicht in das faschistische Weltbild seiner Mörder passte. Während der Mord an Beer bundesweit Schlagzeilen machte, wurde die Tat in Amberg verschwiegen und verdrängt. Von offizieller Seite wurde das Gedenken an Klaus-Peter Beer durch antifaschistische Initiativen lange ignoriert. Erst in letzter Zeit hat sich dies infolge anhaltender Proteste langsam geändert. 2020 – 25 Jahre nach der Tat – wurde Klaus-Peter Beer endlich als Opfer rechter Gewalt anerkannt und ein Gedenkstein in der Nähe des Tatorts errichtet.

Wir zeigen den Film »Tödliche Begegnungen – Das Leben des Klaus-Peter Beer« von Gabriele Jenk, der die Lebensgeschichte von Klaus-Peter Beer schildert. Im Anschluss präsentiert das Bündnis gegen das Vergessen die Broschüre »In Gedenken an Klaus-Peter Beer – Neonazistische Gewalt und antifaschistisches Erinnern in Amberg«.

Das Bündnis gegen das Vergessen ist ein Zusammenschluss antifaschistischer Initiativen, Gruppen, Vereine, Gewerkschaften und Einzelpersonen und engagiert sich gegen neonazistische Aktivitäten in Amberg sowie für ein würdiges Gedenken an Klaus-Peter Beer.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Uhr Eintritt: frei

Mittwoch, 02.11.2022 MICHAEL MIEßNER: Das Kapital und das Land. Zur ungleichen Entwicklung ländlicher Räume

Ländliche Räume sind wieder »hip«. Nicht selten werden sie als Gegensatz zu den Städten angesehen. Zugleich sind ländliche Räume im Kapitalismus durch zahlreiche Ungleichheiten und eine ungleiche Entwicklung geprägt, die zur Trennung zwischen Stadt und Land führt. Diese allgemeinen Tendenzen und ihre sozialen Konsequenzen beleuchtet der Vortrag am Beispiel der ungleichen Immobilieninvestitionen in Stadt und Land.

Michael Mießner ist Juniorprofessor für Wirtschaftsgeographie an der Universität Trier und forscht zu räumlich ungleicher Entwicklung, Gentrifizierung sowie zu Raumplanung.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Donnerstag, 27.10.2022 LISA PYCHLAU-EZLI: Wer darf in die Villa Kunterbunt? Rassismus in Kinderbüchern

Wer kennt sie nicht, die »zehn kleinen N-lein«? Die Geschichte von zehn kleinen, als Schwarz markierten Figuren, die der Reihe nach zu Tode kommen, sollte der Unterhaltung von (weißen) Kindern dienen. Selbst wenn Text und Melodie des Zählreims heute nicht mehr so stark rezipiert werden, sind sie fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Auch in zahlreichen Comicreihen und vielen Klassikern der deutschen Kinderliteratur werden Schwarze Figuren aus einem weißen Blickwinkel dargestellt und auf viele verschiedene Weisen abgewertet. Wie ein roter Faden zieht sich Rassismus durch das Genre der Kinderliteratur. Selbst in beliebten Kinderbüchern von heute ist er noch zu finden. Doch warum ist das so? Was zählt überhaupt als rassistisch, welche Funktion erfüllt Rassismus in Kinderbüchern und wie ist mit ihm umzugehen? Und: Wenn Verlage die Publikation von Kinderbüchern zurückziehen, ist das dann Antirassismus oder cancel culture?

Dr. Lisa Pychlau-Ezli ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Intersektionalität und Semiologie. Sie hat drei Kinder, in deren Büchern sie erschreckend viele Rassismen erkennt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Uhr Eintritt: frei

Maske tragen ist sehr sinnvoll, aber freiwillig.

Donnerstag, 21.07.2022 Laura Schimmel: Lieferdienste, Plattformökonomie und Co. Neue Arbeitsverhältnisse und Arbeitskämpfe!

Lieferando, Gorillas und Co. – jeder kennt sie und ihre Fahrradkurier:innen. Dieses neue Phänomen der Arbeitswelt basiert auf weitgehend unregulierter und prekärer Arbeit, und es stellt Gewerkschaften vor neue Herausforderungen: Alle Fahrer:innen, die sogenannten »Rider«, haben unbefristet Arbeitsverträge. Wer sich wehrt, wird nicht verlängert – dies trifft auch Betriebsrät:innen. Denn der Kündigungsschutz schützt sie vor Kündigungen, nicht aber davor, dass ihr Arbeitsvertrag ausläuft. Ausbeutung 2.0.: Für Mindestlohn müssen die Rider ihr eigenes Handy, Datenvolumen und Rad einbringen. Sie arbeiten im Straßenverkehr unter gefährlichen Bedingungen. Wer viele Aufträge schafft, bekommt einen Bonus, rote Ampel hin oder her. Gewerkschaftliche Organisation und Betriebsratsgründungen werden massiv bekämpft. Trotz dieser unmöglichen Bedingungen haben sich die Rider von Lieferando erfolgreich in der Gewerkschaft NGG organisiert. Inzwischen gibt dort schon seit vier Jahren Betriebsräte, aller Widrigkeiten zum Trotz. Die Rider haben mit gewerkschaftlichem Rechtsschutz die Entfristung aller Verträge und Diensthandys samt Datenvolumen durchgesetzt. Jetzt steht der nächste große Schritt an: Die Rider von Lieferando möchten einen Tarifvertrag erkämpfen.

Laura Schimmel ist Politologin und Gewerkschaftssekretärin bei der Gewerkschaft NGG und hat 2018 die erste deutsche Betriebsratsgründung bei Foodoro und Deliveroo begleitet. Sie betreut den Betriebsrat von Lieferando Nürnberg-Fürth, der der einzige bayrischen Betriebsrat bei Lieferdiensten darstellt – bis jetzt.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Bitte testet euch vorher. Innen gilt Maskenpflicht.

SAMSTAG, 16.07.2022 Jubiläumsparty! 15 Jahre Freie Uni Bamberg mit Vortrag + Musik + Tombola + Aftershowparty

Die freie uni bamberg organisiert inzwischen seit über 15 Jahren Vorträge zu Themen aus Politik, Gesellschaft, Geschichte und (Pop)Kultur. Das und alle Menschen, die daran mitgewirkt haben, zu den Vorträgen kamen, mitdiskutiert haben, am Tresen hingen, Ideen hatten, Hefte geklebt haben oder über das neueste Plakat-Layout gegrübelt haben, gilt es zu feiern. Um den Kopf freizubekommen für neue Ideen und neue (alte) Themen muss auch mal getanzt werden. Kommt vorbei und lasst uns auf die nächsten 15 Jahre und all die kommenden Gesichter und Geschichten anstoßen, die dieses Projekt weitertragen werden.

PROGRAMMABLAUF

17 Uhr Einlass JuZ Bamberg (Margarethendamm 12a)
18 Uhr VORTRAG
„Ein worst-of aus zehn Jahren NSU-Komplex“
von ANDREAS KALLERT & VINCENT GENGNAGEL

15 Jahre fub = 10 ½ Jahre Diskussionen um den NSU und die Verstrickung diverser Behörden. Zeit für eine kleine Rückschau! Zuletzt zum 10. Jahrestag der Aufdeckung des National-Sozialistischen-Untergrunds (NSU) erfuhr der organisierte rechte Terror erneut etwas mehr Aufmerksamkeit – und auch der NSU 2.0 ist hin und wieder Thema. Aber nicht genug! Über ein Dutzend parlamentarische Untersuchungsausschüsse sowie zahllose Recherchen von Antifa und Journalist:innen haben eine kaum zu bewältigende Menge an Informationen hervorgebracht. Die übliche Rede von endlosen Pannenserien und dem bedauerlichen Versagen der Sicherheitsbehörden, so offenkundig unhaltbar sie in vielen Aspekten ist, hat sich im hegemonialen Diskurs zum gesamten NSU-Komplex durchgesetzt.

Das Potential für eine veritable Staatskrise wäre aufgrund der vielfachen Verstrickungen staatlicher Organe in die rechte Mordserie zwar gegeben, wurde und wird aber durch die Torpedierung öffentlicher Aufklärung mit zunehmender Routine abgewendet und dient inzwischen sogar als Nachweis dafür, dass man aus der Geschichte (mal wieder) gelernt habe. Aber was eigentlich? Um das zu diskutieren, möchten wir in unserem Vortrag schlaglichtartig eine Auswahl der skandalösesten, entlarvendsten und zugleich skurrilsten Geschichten aus dem NSU-Komplex in Erinnerung rufen.

Andreas Kallert und Vincent Gengnagel bringen seit den Anfängen der fub unangenehme Themen in angenehmer Runde, seit 2011 meistens mit NSU-Bezug.

ab 20 Uhr Musik mit
b0rg (chiptune und digital hardcore)
DJ Robert (Post-Punk & Wave)

21.45 Uhr Große Jubiläums Tombola-Verlosung mit Qualitätsgarantie

22 Uhr Das JUZ ist brav und schließt die Tore, daher gehen wir weiter ins Balthasar zur After-Show-Party (Balthasargäßchen 1)! Dort heißt es musikalisch: BRING YOUR OWN RECORD (CD/VINYL/TAPE)


Eintritt gegen Spende, testet euch vorher und tragt Maske so oft es geht

DIESER VORTRAG MUSS LEIDER ENTFALLEN! Donnerstag, 07.07.2022 »Russland wird frei sein!« Demokratiebewegung und Zivilgesellschaft in Russland

VORTRAG MUSS LEIDER WEGEN KRANKHEIT ENTFALLEN

Die Hoffnung Putins Regime stürzen zu können, die am Anfang des russischen Angriffskrieges in der Ukraine in der russischen Opposition und Zivilgesellschaft gehegt wurde, schwindet allmählich. Das autoritär regierte Land, in dem sich die Repressionen von Seiten des Staates zunehmend verschärften, hat sich spätestens seit Kriegsbeginn in eine totalitäre Diktatur verwandelt. Zwar gibt es noch immer mutige Aktivist:innen, die weiterhin auf die Straßen gehen und gegen Russlands Offensive in der Ukraine protestieren, doch ihre Zahl schwindet, weil die Strafen, die sie erwarten, immer drakonischer werden, und viele das Land aus Angst vor politischer Verfolgung verlassen. Wie kann eine Opposition unter einem solchen Regime weiter existieren, was ist noch von ihr übrig, wer ist Teil davon, wie hat sich ihre Zusammensetzung in den vergangenen Jahren verändert und hat sie überhaupt eine Chance, Einfluss auf die russische Politik zu nehmen?

Im Vortrag werden unterschiedliche oppositionelle Strömungen in Russland vorgestellt, ihre Entwicklung historisch nachgezeichnet und in den aktuellen politischen Kontext eingeordnet. Denn –Überraschung: Es gibt weitaus mehr als Aleksej Nawalny.

Anastasia Tikhomirova ist freie Journalistin, taz-Lab-Redakteurin und IJP-Stipendiatin. 2021 hat sie als Gastredakteurin bei der russischen oppositionellen Zeitung Novaya Gazeta gearbeitet.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Bitte testet euch vorher. Innen gilt Maskenpflicht.

Donnerstag, 30.06.2022 Julia Ingold: Warum ich Keine Männer mehr Lese…Die Autopsie einer Ermüdung

Natürlich lese ich noch Bücher von Männern. Eine kommt ja nicht darum herum, besonders ich als Literaturwissenschaftlerin nicht. Ich habe jahre-und jahrzehntelang überwiegend Männergelesen. Das kommt wie von selbst. Die Einsamkeit und Tragik meiner jugendlichen Existenz haben mir Kafka, Hesse und Salinger versüßt. Heute bin ich an dem Punkt, dass ich mich langweile. Die hegemoniale Stimme eines selbstmitleidigen Größenwahns –ich kann sie nicht mehr hören. Ich will jetzt die anderen Geschichten kennenlernen: »Schick mir einen Schreiber, oder besser noch, eine junge Sklavin mit scharfem Gedächtnis und kraftvoller Stimme. Verfüge, daß sie, was sie von mir hört, ihrer Tochter weitersagen darf: Die wieder ihrer Tochter, und so fort. So daß neben dem Strom der Heldenlieder dies winzige Rinnsal, mühsam, jene fernen, vielleicht glücklicheren Menschen, die einst leben werden, auch erreichte«, schreibt Christa Wolf in »Kassandra«. Ich habe mein Leben lang überwiegend Männer gelesen, weil unsere Gesellschaft das so vorsieht. In meinem Vortrag möchte ich von der anderen Seite auf den Lektürekanon blicken. Ich möchte Studien, Theorien und eigene Spekulationen über das »Rinnsal« vorstellen, wie Christa Wolf es nennt. Mein Vortrag ist eine Rechtfertigung: Warum ich keine Männer mehr lese.

Julia Ingold ist Literaturwissenschaftlerin an der Uni Bamberg. Ihre Doktorarbeit hat sie über die deutsch-jüdische Avantgarde-Künstlerin Else Lasker-Schüler geschrieben. Ansonsten beschäftigt sie sich mit Comics, Popmusik und Literaturtheorie. Zuletzt hat sie in der freien uni über das Thema »Weibliche Selbstermächtigung in der deutschsprachigen Lyrik von Else Lasker-Schüler bis Schwesta Ewa« gesprochen.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei
Bitte FFP2-Maske mitbringen!

Donnerstag, 23.06.2022 CONSTANTIN GANß: Antisemitismus und Weltherrschaftsgedanken: Hitlers »Mein Kampf« und Khomeinis »Der islamische Staat«

»Von Hitlers Hasspredigt einen direkten Weg nach Auschwitz zu konstruieren, wäre viel zu einfach. Noch problematischer wäre es, eine solche Verbindung einfach zu ignorieren.« Ausgehend von diesem Satz aus der kritischen Edition von »Mein Kampf« von 2016 beschäftigt sich der Vortrag mit Antisemitismus in Hitlers Buch und in der politischen Grundschrift des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Ruhollah Khomeini: »Der islamische Staat«. Der Iran kann heute als größte Gefahr für eine erneute Judenvernichtung angesehen werden. Die Methode des »historischen Vergleich« ermöglicht es, der Ideologie Khomeinis näher zu kommen und die Bedeutung, Herkunft und Ausprägung des Antisemitismus in der iranischen Staatsideologie historisch einzuordnen.

Constantin Ganß hat im Bachelor Geschichte und Politikwissenschaft an der Uni Bamberg studiert und ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bamberg. Daneben arbeitet er beim Internationalen Institut für Bildung, Sozial-und Antisemitismusforschung e.V. (IIBSA) in Berlin.

Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1
Beginn: 20:00 Eintritt: frei

Bitte testet euch vorher. Innen gilt FFP2-Maskenpflicht.

Donnerstag, 09.06.22 SEBASTIAN LIPP: Waldorfschulen und völkische Bewegung

Waldorfschulen gelten als fortschrittliche Alternative zur staatlichen Beschulung. Dennoch steht die Waldorfpädagogik bis heute in der Tradition ihres Gründers Rudolf Steiner, dessen angeblich durch hellseherische Einsichten erworbene Überzeugungen zutiefst rassistisch, autoritär, wissenschaftsfeindlich und esoterisch sind. Die Mischung aus Image und Tradition macht Waldorfdschulen ebenso für (links-)alternative und ökologische wie für (rechts-)esoterische und völkische Milieus attraktiv. Der Vortrag gibt Einblick in die okkult-rassistischen Hintergründe der Steiner-Pädagogik und legt ihre Verstrickung in eine völkische und rechte Denktradtion offen.

Sebastian Lipp recherchiert und berichtet als Journalist für verschiedene Medienhäuser, darunter Zeit online, öffentlich-rechtliche Sendeanstalten und einige Tageszeitungen. Als Chefredakteur bei www.allgaeu-rechtsaussen.de sieht er bei der dortigen rechtsradikalen Szene besonders genau hin.

Der Vortrag wurde vorab vom Referenten aufgezeichnet und wird als Video im Balthasar sowie online über YouTube übertragen.

Beginn: 20 Uhr
Ort: Balthasar, Balthasargäßchen 1, Eintritt frei
Bitte FFP2-Maske mitbringen

Falls ihr nicht ins Balthasar kommen könnt, findet ihr den Vortrag ab Donnerstag, 20:15 Uhr auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=WVV1EfXcxfU